Pressemitteilung | Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed)

Europäische Woche gegen Schmerzen

(Berlin) - Innovative Behandlungsmethoden der Medizintechnologie-Industrie können helfen, chronische Schmerzen zu lindern und langfristig Kosten im Gesundheitssystem einzusparen. Darauf wies der Geschäftsführer des BVMed, Joachim M. Schmitt, anlässlich der vom 8. bis 13. Oktober stattfindenden "Europäischen Woche gegen den Schmerz" hin.

In Deutschland leiden schätzungsweise acht bis elf Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. Besonders schwer betroffen sind etwa 600.000 Patienten: Ihr Schmerz hat den Bezug zu seinem ursprünglichen Auslöser verloren und sich verselbständigt. Darum gilt er als eigenes Krankheitsbild. Ständige Schmerzen – die Folge von Krankheiten, Operationen oder Unfällen – haben bei den Betroffenen eine „Gedächtnisspur“ in Rückenmark und Gehirn hinterlassen, weil sie nicht ausreichend behandelt wurden. Ein „Schmerzgedächtnis“ ist entstanden. In solchen Fällen reagiert das Nervensystem selbst bei harmlosen Reizen mit der Antwort „Schmerz“ – die Pein wird zum Dauerbegleiter. Schwere psychosoziale Beeinträchtigungen kommen hinzu. Der Schmerz beginnt das Leben zu dominieren.

Als Beispiele für innovative Behandlungsmethoden der Medizintechnologie nennt der BVMed Neuromodulationstherapien zur Behandlung chronischer Schmerzen:

· Die Rückenmarkstimulation hemmt die Verarbeitung und Weiterleitung von Schmerzimpulsen im Rückenmark durch schwache elektrische Impulse. Eine oder mehrere Elektroden werden in der Nähe des Rückenmarks platziert. Sie sind mit einem Neurostimulator oder „Nervenschrittmacher“ verbunden, den der Arzt unter dem Rippenbogen implantiert. Einem Herzschrittmacher ähnlich, sendet dieser genau festgelegte Impulse an die Elektroden. Zudem erhält der Patient ein Programmiergerät, mit dem er die Stärke der Impulse – in einem vom Arzt festgelegten Rahmen – verändern kann. Dadurch kann er die Stimulationsstärke jederzeit schnell an eine veränderte Schmerzstärke anpassen.

· Implantierbare Medikamentenpumpen transportieren schmerzlindernde Medikamente in die Nähe des Rückenmarks. Denn dort werden Schmerzreize verarbeitet und zum Gehirn weitergeleitet. Weil die Medikamente direkt und ohne Umwege über den Körper an ihren Wirkungsort gelangen, sind sehr viel geringere Mengen zur Schmerzlinderung erforderlich als in Tablettenform. Um die gleiche Wirkung zu erzielen, genügt eine 100fach geringere Dosis. Bei einem Eingriff wird ein Katheter in den mit Hirnflüssigkeit gefüllten Hohlraum platziert, der das Rückenmark umgibt. Über einen dünnen Schlauch ist dieser Katheter mit einer Pumpe verbunden, die der Arzt unterhalb eines Rippenbogens implantiert. Die Pumpe steuert die Versorgung mit genau festgelegten Arzneimittelmengen. Ist die Pumpe nach ca. vier bis zwölf Wochen leer, wird sie mit einer Injektionsnadel durch die Haut aufgefüllt.

Indiziert sind diese invasiven Verfahren der Schmerztherapie dann, wenn alle anderen Behandlungsformen nicht ausreichend wirksam oder mit zu hohen Nebenwirkungen behaftet sind. Vor der Implantation prüfen die Ärzte in einem Wirksamkeitstest, ob das Verfahren die Schmerzen ausreichend lindert. Nur dann erfolgt eine Implantation. Mehr Informationen zu den genannten Beispielen sowie ausführlichere Fallstudien befinden sich auf der BVMed-Fallstudienseite im Internet unter www.bvmed.de/fallstudien.htm.

Nach Ansicht des BVMed sind Versäumnisse bei der raschen Anwendung von neuen Behandlungsmethoden und innovativen Medizintechnologien nicht nur unverantwortlich gegenüber den Patienten, sondern führen auch zu höheren Fallkosten durch herkömmliche Behandlungsmethoden. Der BVMed verwies in diesem Zusammenhang auf die in der Presse erst kürzlich erhobenen Vorwürfe der Deutschen Schmerzliga und der Deutschen Parkinson Vereinigung gegen Versäumnisse der Kassen bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Erkrankungen. So würden Patienten mit schwersten chronischen Schmerzen eine notwendige Behandlung mit Medikamentenpumpen und Rückenmarkstimulationssystemen als langfristig kostengünstigere Behandlungsmöglichkeiten vorenthalten. Besonders betroffen sind hiervon auch die für eine Behandlung mit einem sogenannten Hirnschrittmacher infrage kommenden Patienten mit einer schweren Parkinson-Symptomatik, denen auch mit der bestmöglichen medikamentösen Therapie bisher keine ausreichende Behandlung ermöglicht werden kann.

Eine Beispielrechnung für Kosteneinsparungen:

· Nach einer Untersuchung der Universität Freiburg sind die ärztlichen Behandlungskosten von 40 Schmerzpatienten mit implantierter Medikamentenpumpe über einen Zeitraum von vier Jahren pro Patient um 81 Prozent, die Arzneikosten sogar um 86 Prozent gesunken. Insgesamt konnten die Ärzte jährlich über 13.000 Mark pro Patient an Behandlungskosten einsparen. Die Kosteneinsparung für alle 40 Patienten betrug im Zeitraum von vier Jahren nach der Implantation 2,2 Millionen DM.

· Noch wichtiger als dieser beachtliche ökonomische Aspekt: Die Patienten konnten beträchtlich an Lebensqualität gewinnen. Bei der Hälfte der Patienten verschwanden die Nebenwirkungen der Medikamente vollständig und 37 Prozent hatten nur noch leichte Nebenwirkungen. Viele Patienten konnten darüber hinaus wieder ins Berufsleben zurückkehren, wodurch auch die volkswirtschaftlichen Kosten der Erkrankung sanken.

Zu der Aktionswoche hatte EFIC (European Federation of IASP Chapters) aufgerufen. Das europäische Gegenstück zur Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes fördert Grundlagen- wie klinische Forschung, organisiert wissenschaftliche Tagungen sowie Curricula für Schmerztherapie und entwickelt Empfehlungen für Schmerzbehandlung und Qualitätskontrolle. Mehr Informationen zur "Europäischen Woche gegen Schmerzen" befinden sich im Internet unter der Adresse http://shum.cc.huji.ac.il/~paincenter/index.htm.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) Reinhardtstr. 29 b 65189 Wiesbaden Telefon: 030/2462550 Telefax: 030/24625599

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