Europäische Dienstleistungsrichtlinie / Menschen sind keine Ware
(Bonn) - Eindringlich hat das geschäftsführende Bundesvorstandsmitglied der AWO Rainer Brückers davor gewarnt, den freien Handel mit Dienstleistungen in Europa von allen nationalen gesetzlichen Bestimmungen und Normen zu entkoppeln. "Der Handel mit Dienstleistungen unterscheidet sich doch insofern vom Handel mit Waren, dass Menschen eben keine Ware sind", sagte Brückers in Bonn. "Eine Regulierung beispielsweise beim Handel mit Pflegedienstleistungen ist", so Brückers, "etwas anderes als die Festlegung des Durchmessers einer Salatgurke".
Derzeit bestehen beim Angebot von sozialen Dienstleistungen große Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Die Brüsseler EU-Kommission bereitet deshalb eine Richtlinie vor, die so genannte diskriminierende Bestimmungen für ausländische Anbieter von Dienstleistungen beseitigen soll. Danach gelten künftig für einen Anbieter nicht mehr die gesetzlichen Normen des Landes, in dem er tätig werden will, sondern die des Herkunftslandes. Dieses "Herkunftslandprinzip" zielt darauf ab, dass Unternehmen aus einem EU-Mitgliedstaat nicht durch gesetzliche Normen und Verwaltungsverfahren daran gehindert werden, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat anzubieten.
Das ist völlig absurd, wenn es so käme", so Brückers, "denn dann tritt eine Situation ein, in der in einem Mitgliedstaat sich die Anbieter von Dienstleistungen in der gleichen Branche nach verschiedenen gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen richten können und auch - wenn überhaupt - der Aufsicht der Behörden im Heimatland unterliegen". Die AWO sieht darin die Absicht einer Harmonisierung auf dem niedrigsten Niveau.
Die AWO verlangt von der Brüsseler Kommission, dass Gesundheitsdienstleistungen ebenso wie Bildungs- und soziale Dienstleistungen hinsichtlich des Leistungsinhalts, der Finanzierung, der Organisation, der Qualitätssicherung und der Kontrolle weiterhin in mitgliedstaatlicher Kompetenz verbleiben. Die AWO befürchtet nicht nur ein Dumping bei den Arbeitsbedingungen, sondern sieht in der Dienstleistungsrichtlinie auch eine massive Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil der Klienten und Patienten.
"Wenn ausländische Dienstleister sich hier zu Lande nicht nach dem deutschen Heimgesetz oder den Arbeitsschutzbestimmungen richten müssen, dann können wir alle Bemühungen um die Entwicklung und Einhaltung von Qualitätsstandards, ob bei der Kinder- und Jugendpolitik oder in der Altenhilfe auf der Stelle einstellen", sagte Brückers.
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