eurocom-Positionspapier zur Bundestagswahl 2021 / Zukunft der Hilfsmittelversorgung ganzheitlich sichern - Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik müssen innovationsfreundlichen Rahmen abstecken
(Berlin) - Die europäische Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel, eurocom, legt mit einem Vier-Punkte-Papier ihre zentralen Forderungen anlässlich der Bundestagswahl 2021 vor. Deutlich wird darin, dass Bürgerinnen und Bürger sich auf eine bedarfsgerechte Versorgung verlassen können müssen und dies politisch sektorenübergreifendes Handeln erfordert. Oda Hagemeier, Geschäftsführerin eurocom, dazu: "Ohne die Hilfsmittelindustrie und ihre patientenindividuellen Lösungen wäre der ambulante und stationäre Versorgungsstandard in Deutschland nicht denkbar, die Zahlen sprechen für sich: 33 Millionen Menschen leiden hier zurzeit an Erkrankungen des Bewegungsapparates, 22 Millionen an Venenerkrankungen, 7 Millionen an Diabetes Mellitus, in dessen Folge jährlich 40.000 Amputationen durchgeführt werden. Damit konservative und postoperative Behandlungserfolge mit wirksamen und sicheren Hilfsmitteln für Menschen mit oft chronischen Erkrankungen oder Behinderungen auch in Zukunft gewährleistet sind, bedarf es einer politisch geregelten Innovationskultur, die bei der Gestaltung des Hilfsmittelverzeichnisses und des eRezeptes, bei der Nutzung von Forschungsdaten und nicht zuletzt bei der Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft im internationalen Wettbewerb ansetzt."
Das Hilfsmittelverzeichnis zukunftsfest gestalten
Das Hilfsmittelverzeichnis muss jederzeit in der Lage sein, den medizinisch-technischen Fortschritt und die Entwicklungen der Digitalisierung adäquat abzubilden, indem für neuartige Produkte die Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens eindeutig geklärt sind. Deshalb fordert eurocom die Bildung einer beratenden Expertenkommission, die auf Antrag der zur Stellungnahme berechtigten Organisationen verpflichtend zum Einsatz kommt. Entscheidungsprozesse rund um das Hilfsmittelverzeichnis werden so objektiviert und für alle nachvollziehbar. Bei allen Beteiligten kann eine Lernkurve entstehen, die weitere Prozesse schneller und effizienter werden lässt.
Die Herstellervereinigung plädiert außerdem dafür, die Genehmigung und Abrechnung (noch) nicht gelisteter Hilfsmittel durch bundeseinheitliche Produktnummern zu entbürokratisieren. "Nur so lässt sich verhindern, dass kasseninterne Verwaltungsvorgänge wirksame Versorgungen behindern und damit zur Ungleichbehandlung der Patienten führen", erklärt Hagemeier.
Das eRezept mit den Anforderungen der Hilfsmittelversorgung kompatibel machen
Die grundsätzlich begrüßenswerte Einführung des eRezepts hat einen Haken: Sie ist stark am Prozess für Arzneimittel orientiert. So kann sie zu einem limitierenden Faktor der Hilfsmittelversorgung werden. Damit dieser Fall der Ungleichbehandlung nicht eintritt, fordert eurocom die konsequente digitale Transformation der Rezeptierung, welche die für die Verordnung von Hilfsmitteln spezifischen Erfordernisse berücksichtigt und die ärztliche Therapiehoheit wahrt, indem auch formal die Möglichkeit der begründeten Einzelverordnung erhalten bleibt. "Deshalb brauchen wir", so Hagemeier, "ein eigens für Hilfsmittel konzipiertes digitales Verordnungsblatt, das bisherige Bruchstellen behebt und so dem patientengerechten Versorgungsbedarf gerecht wird."
Forschungsdaten verantwortungsvoll nutzen: Industrie fördern
Forschung im Auftrag der mittelständischen Industrieunternehmen im Gesundheitssektor ist ein wichtiger Motor für die Entwicklung innovativer Produkte, die auch Potenziale der Digitalisierung aufgreifen und diese vorantreiben. Gesundheitsdaten sind wertvoller Rohstoff für diese Forschung.
Die eurocom begrüßt, dass mit der elektronischen Patientenakte die Rechtsgrundlage für eine freiwillige Datenspende der Patienten geschaffen worden ist. Damit auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) diese Möglichkeit der Datenspende genutzt werden kann, sollte ein eigenständiges Antragsrecht herstellender Unternehmen gegenüber dem Forschungsdatenzentrum und die Ergänzung als berechtigte Institution verankert werden. Dazu gehört aber auch eine verbesserte Wirtschafts- und Forschungsförderung insgesamt. Die eurocom-Geschäftsführerin kritisiert: "Obwohl die KMUs das Mark der Hilfsmittelindustrie sind, gehen sie bei bundesdeutschen Förderungsprogrammen häufig leer aus. Die Potenziale dieses Versorgungsbereiches dürfen bei gesundheits- und forschungspolitischen Entscheidungen nicht unter die Räder geraten."
Regionale Wirtschaftskraft im internationalen Wettbewerb stärken
Die Hilfsmittelindustrie ist eine Wachstumsbranche mit fester regionaler Verankerung bei gleichzeitig starker Exportkraft und hoher internationaler Reputation. Die Attraktivität des Standorts Deutschland muss für die überwiegend mittelständischen Betriebe erhalten bleiben. Als wesentliches politisches Handlungsfeld sieht Hagemeier dabei die schlanke und folgerichtige Anwendung der seit Mai 2021 gültigen Medical Device Regulation (MDR): "Unsere Hersteller investieren viel, um eine MDR-konforme Produktion von Medizinprodukten - und damit hohe Patientensicherheit - zu gewährleisten. Dass sich gleichzeitig außerhalb von Europa ansässige Billigheimer Marktzugang für nicht CE-zertifizierte Produkte zu erschleichen versuchen, indem sie eine medizinische Zweckbestimmung vorgeben, ohne die hohen regulatorischen Hürden des EU-Marktes zu erfüllen, ist ein Skandal und muss verhindert werden - durch den Aufbau der EU-Marktüberwachungsbehörden, Informationspflicht der Internetplattformen und konsequente Sanktionierung. Für fairen Wettbewerb und mehr Patientensicherheit."
Das Positionspapier zur Bundestagswahl 2021 steht hier zum Download bereit: https://www.eurocom-info.de/ueber-uns/positionspapiere-stellungnahmen/
Quelle und Kontaktadresse:
eurocom e.V. - European Manufacturers Federation for Compression Therapy and Orthopaedic Devices
Antje Schneider, Referentin Öffentlichkeitsarbeit
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