EuGH-Vorlage zur Kindergeldberechtigung in Fällen mit EU-Auslandsbezug
(Stuttgart) - Der Bundesfinanzhof (BFH) hat soeben den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Wege des Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union um die Beantwortung von Rechtsfragen gebeten, die sich in Fällen mit Bezug zum EU-Ausland bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten ergeben können.
Darauf verweist der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.08.2014 zu seinem Beschluss vom 8. Mai 2014 - II R 17/13.
Der in Deutschland wohnende Kläger ist von seiner früheren Ehefrau, die zusammen mit dem gemeinsamen Kind in Polen lebt, geschieden. Er war zeitweise nichtselbständig beschäftigt und zu anderen Zeiten arbeitslos. Seine Ehefrau war in Polen erwerbstätig, hatte jedoch wegen der nach polnischem Recht bestehenden Einkommensgrenze keinen Anspruch auf polnische Familienleistungen. Der Kläger beantragte in Deutschland Kindergeld für das in Polen lebende Kind. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab, weil sie der Ansicht war, dass die Kindsmutter anspruchsberechtigt sei.
Das Finanzgericht (FG) gab dem Kläger Recht und verpflichtete die Familienkasse zur Kindergeldzahlung. Es war der Ansicht, die Kindergeldberechtigung des Klägers ergebe sich aus deutschem Recht. Die ab Mai 2010 geltende EU-Verordnung Nr. 883/2004, durch welche die Systeme der sozialen Sicherheit koordiniert werden sollen, sowie die dazu ergangene Durchführungsverordnung Nr. 987/2009 begründen nach Ansicht des FG keinen Kindergeldanspruch der in Polen lebenden Mutter. Das FG setzte sich in seiner Entscheidung mit Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 auseinander. Die Vorschrift fingiert, dass "alle beteiligten Personen" in dem Land leben, in dem der Anspruch auf Kindergeld erhoben wird. Wäre zu unterstellen, dass die vom Kläger geschiedene Kindsmutter mit dem gemeinsamen Kind in einer eigenen Wohnung in Deutschland lebt, so stünde ihr das Kindergeld zu, weil nach deutschem Recht bei getrennt lebenden Eltern derjenige Elternteil kindergeldberechtigt ist, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Das FG war jedoch der Ansicht, Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 lasse den Anspruch des Klägers auf Kindergeld nach deutschem Recht nicht entfallen. Es vertrat damit die gleiche Rechtsmeinung wie die überwiegende Mehrzahl der deutschen Finanzgerichte, die sich bereits mit dieser Streitfrage befasst hatten.
Im anschließenden Revisionsverfahren, das von der Familienkasse angestrengt wurde, hat der III. Senat des BFH das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Beantwortung der Frage gebeten, ob die in Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 enthaltene Fiktion des gemeinsamen Wohnlandes dazu führt, dass das in Deutschland vorgesehene Kindergeld an den im Ausland getrennt lebenden Elternteil, bei dem das gemeinsame Kind wohnt, zu zahlen ist. Weiterhin hat er angefragt, ob für den Fall, dass der im Ausland lebende Elternteil nach Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 kindergeldberechtigt sein sollte, der im Inland lebende Elternteil dann doch anspruchsberechtigt ist, wenn der andere Elternteil keinen Antrag auf Kindergeld gestellt hat, und nach welchem Zeitraum von einer unterbliebenen Antragstellung auszugehen wäre.
Passau empfahl, dies zu beachten und ggfs. rechtlichen und/oder steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u.a. auf
die DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V - www.dansef.de - verwies.
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