EuGH untergräbt Subsidaritätsprinzip unter dem Vorwand angeblicher Handelshemmnisse und dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes / Markenartikler bedauern, daß EuGH-Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vorschlägt, die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die 2.Tabakwerberichtlinie abzuweisen
(Wiesbaden) - Generalanwalt Philippe Léger hat sich in seinen heutigen Schlußanträgen dafür ausgesprochen, die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die 2. Tabakwerberichtlinie abzuweisen. Die Richtlinie sieht ein Tabakwerbeverbot in Zeitungen und Zeitschriften, im Hörfunk, im Internet sowie für grenzüberschreitendes Sponsoring vor.
Franz-Peter Falke, Präsident des Markenverbandes: Mit seinem Schlußantrag wendet sich Generalanwalt Léger gegen zwei Grundpfeiler des europäischen Rechtsverständnisses: weder dem Subsidiaritätsprinzip noch dem von der Eigentumsgarantie umfaßten Grundsatz, daß für legale Produkte auch Werbung möglich sein muß, ist ausreichend Rechnung getragen. Wir bedauern dies sehr.
Die stellvertretende Geschäftsführerin der Organisation Werbungtreibende im Markenverband, Carolin Zapf, fügt an: Unter dem Deckmantel des Gesundheits- und Verbraucherschutzes versucht die EU, sich Kompetenzen anzueignen, die unserer Ansicht nach der rechtlichen Grundlage entbehren. Es droht die Gefahr, daß die die EU-Kommission ihren Machtanspruch auch auf andere Gebiete als den Gesundheitsschutz ausdehnt und die Einflußnahme der EU-Mitgliedstaaten ungerechtfertigt weiter beschnitten wird.
Horst Prießnitz, Hauptgeschäftsführer Markenverband: Wir hoffen, dass die EuGH-Richter in ihrer für Oktober erwarteten Gerichtsentscheidung dem Votum Légers nicht folgen und appellieren an die Bundesregierung mit einer Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zu warten, bis das endgültige Urteil des EuGH vorliegt.
Zum Hintergrund:
Die Bundesregierung hat im Herbst 2003 Klage beim EuGH gegen die zweite Tabakrichtlinie eingereicht hat. Die Richtlinie sieht ein Tabakwerbeverbot in Zeitungen und Zeitschriften, im Hörfunk, im Internet sowie für grenzüberschreitendes Sponsoring vor. Dabei geht es bei der Klage nicht darum, zu prüfen, ob Rauchen schädlich ist oder nicht. Vielmehr geht es in der Hauptsache darum zu klären, ob die Richtlinie zur Beseitigung von Hemmnissen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs beiträgt und sich somit auf Art. 95 EG-Vertrag stützten kann. Außerdem soll geklärt werden, ob die EU-Kommission eine Rechsetzungskompetenz in Gesundheitsfragen hat, so daß sie Deutschland oder einem anderen Mitgliedsstaat ein Tabakwerbeverbot oder eine andere gesundheitspolitische Maßnahme vorschreiben kann. Die Rechtssetzungskompetenz in Gesundheitsfragen liegt originär bei den Mitgliedstaaten, da Art. 152 Abs. 4 Buchstabe c EG-Vertrag jegliche Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz und zu Förderung der menschlichen Gesundheit ausschließt. Aufgrund der Tatsache, dass lediglich ein Prozent der Zeitungen und Zeitschriften über die Grenzen hinweg vertrieben werden, ist es zudem fraglich, ob Art. 95 EG greift bzw. Handelhemmnisse vorliegen, die eine Harmonierung im Printbereich rechtfertigen würden. Die Klage Deutschlands stützt sich daher in der Hauptsache auf Begründungsmangel hinsichtlich des Bestehens von Handelshemmnissen bzw. auf Überschreitung der Gemeinschaftszuständigkeit und die Verletzung des Subsidaritätsprinzips sowie des Verhältnismäßigkeitsprinzips durch Totalverbote.
Quelle und Kontaktadresse:
Markenverband e.V.
Martin Ruppmann, stellv. Geschäftsführer, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit
Schöne Aussicht 59, 65193 Wiesbaden
Telefon: (0611) 58670, Telefax: (0611) 586727