EU zu Unrecht am Pranger wegen Baumwolle / DBV verwundert über Äußerungen der Bundesentwicklungsministerin in der FAZ
(Berlin) - Auf Verwunderung und Kopfschütteln sind beim Deutschen Bauernverband (DBV) die Äußerungen von Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul gestoßen, die in der FAZ am 5. September erschienen sind. Danach soll die Ministerin den Abbau der Baumwollsubventionen der Europäischen Union gefordert haben mit der Begründung, "man könne nicht einerseits den Entwicklungsländern Marktzutritt versprechen und dann genau bei den Produkten den Zugang erschweren, in denen sie international wettbewerbsfähig seien".
Diese Äußerungen sind zumindest in Bezug auf die Europäische Union unverständlich und falsch. Tatsächlich haben die Entwicklungsländer keine Erschwernis bei Exporten von Baumwolle in den europäischen Markt. Bei Textilien gibt es derzeit jedoch noch Importquoten, die jedoch zum 1.1.2005 aufgehoben werden. Die EU hat mit einer Produktion von 1,4 Millionen Tonnen nur etwa einen Anteil von 3 Prozent an der weltweiten Baumwollproduktion. Mit einem Selbstversorgungsgrad von rund 30 Prozent ist die EU weltgrößter Importeur von Baumwolle und erlaubt ihren zollfreien Import. Gerade die Entwicklungsländer haben auch über die speziellen Programme, die die EU für die armen und unterentwickelten Länder geschaffen hat, alle Möglichkeiten, Baumwolle nach Europa zu exportieren. Sie konkurrieren dabei jedoch mit den USA und anderen Anbietern. Der Weltmarktpreis für Baumwolle ist in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen, doch keineswegs wegen der EU-Agrarpolitik, sondern weil die Textilindustrie Russlands als einer der bisher weltgrößten Textilproduzenten und als traditionell großer Importeur von Baumwolle zusammen gebrochen ist. Dies führt zu einem Überangebot von Baumwolle auf dem Weltmarkt und zu einem Preisverfall.
In der EU wird Baumwolle nur in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal angebaut, und zwar in den Regionen, die zu den ärmsten der EU gehören. Zu über 80 Prozent wird in der EU Baumwolle von Kleinst- und Kleinbetrieben mit einer durchschnittlichen Fläche von rund 1,5 Hektar angebaut. Um diesen Kleinbauern, die Baumwolle in strukturschwachen Regionen der EU anbauen, mit diesem Anbau überhaupt eine landwirtschaftliche Existenz zu ermöglichen, fördert die EU die europäischen Baumwollanbauer jährlich mit 700 Millionen Euro. Diese Förderung dient also der Existenzsicherung und bedeutet keine Behinderung des Marktzugangs für Importeure aus der Dritten Welt. Störungen des Weltmarktes durch den extrem kleinen Weltmarktanteil der EU werden auch nicht durch Exporterstattungen verursacht, da die EU diese für Baumwolle nicht gewährt. Die Probleme, die unbestritten viele Baumwollproduzenten in den Entwicklungsländern haben, können somit nicht der EU-Agrar- oder -Handelspolitik angelastet werden, stellt der DBV fest.
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