EU Politik bei Biokraftstoffen: Doppel- und Vierfachanrechnung zur Erreichung des 10%-Ziels Erneuerbare Energien ist ein buchhalterischer Trick
(Berlin) - "Die von den EU Kommissaren Oettinger und Hedegaard vorgelegten Vorschläge zur Neugestaltung der Biokraftstoffgesetzgebung gehen an ihrer Zielsetzung vorbei und werden nicht erreichen, dass Regenwaldrodungen verhindert werden", kritisiert Petra Sprick, Geschäftsführerin von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland, die am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Pläne. Das EU Ziel 10 Prozent Erneuerbare Energien soll laut EU Kommission erreicht werden, indem Biokraftstoffe, die aus Rest- und Abfallstoffen hergestellt werden, 2- bzw. 4-fach angerechnet werden können. "Das ist ein buchhalterischer Trick, der weder zu mehr Klimaschutz noch zur Minimierung der Abhängigkeit von Erdöl beiträgt." Biokraftstoffe der sogenannten 1. Generation sind derzeit und in naher Zukunft die einzige Alternative zu fossilen Kraftstoffen. Mit der Kehrtwende in der europäischen Energiepolitik, wie jetzt in Brüssel vorgestellt, schlägt Europa einen politischen Zickzackkurs ein, der auch falsche Signale an potenzielle Investoren zukünftiger Biokraftstoffe sendet. "Drittstaaten wie USA und Brasilien werden weiter auf Biodiesel und Bioethanol setzen, die Kommission hat mit der aktuellen Gesetzesvorlage hingegen eine klare Entscheidung zu Gunsten von Mineralöl getroffen und die Biokraftstoffinvestitionen zu Ruinen erklärt", so Sprick.
Vielmehr treffen die Vorschläge im Wesentlichen europäische Unternehmen und die hiesige Landwirtschaft. Mit ihrem Vorschlag, den Anteil von Biokraftstoffen bei der Erreichung des EU 10%-Ziels auf 5 Prozent zu deckeln, will die EU Kommission die 1. Generation Biokraftstoffe einstampfen und Anreize für die 2. und 3. Generation schaffen. Damit sollen die globalen Landnutzungsänderungen für die Herstellung von Biokraftstoffen begrenzt werden. Dabei wird bereits heute Palmöl auf dem Weltmarkt immer rentabler unterhalb der internationalen Preise für Diesel angeboten und verstärkt außerhalb der EU eingesetzt.
Gleichzeitig geben die EU Kommissare vor, die Neuregelungen böten Bestandsschutz für Investitionen der europäischen Wirtschaft. "Ein Limit von 5 Prozent für Biodiesel und Bioethanol auf Basis von Ackerfrüchten ist eindeutig zu wenig! Damit kann weder das 10%-Ziel gehalten, noch ein Bestandsschutz für die deutsche Industrie gewährleistet werden: Geltende Gesetzeslage in Deutschland ist bereits ein Anteil von 6,25 Prozent Biokraftstoffen", so Sprick. Eine Drosselung der Biodieselproduktion hätte zur Folge, dass der bedeutendste Pflanzenölmarkt der EU einbräche.
Zudem wird von der Kommission, wie bei der Teller-Tank-Diskussion grundsätzlich, ein zentraler Aspekt der Biokraftstoffproduktion nicht mit einkalkuliert: Bei der Biodieselproduktion wird nur ein kleiner Teil der für energetische Zwecke angebauten Rapspflanze tatsächlich für den Energiesektor verwendet - das pflanzliche Öl (ca. 40 Prozent). Den größeren Teil stellt das Kuppelprodukt Ölschrot (ca. 60 Prozent) dar, das als proteinhaltiges Futtermittel in der Tierernährung für die Produktion von Milch, Käse, Eiern und Fleisch gebraucht wird und somit dem Lebensmittelmarkt zur Verfügung steht! Diese Tatsache führt de facto zu einer entschieden besseren Ökobilanz von Biodiesel als derzeit von der Kommission und leider auch von vielen Studien angenommen. Während vor dem Ausbau der Bioenergie in Deutschland im Jahr 2000 lediglich 460.000 Tonnen Rapsschrot anfielen, werden es 2012 etwa 3,2 Mio. Tonnen sein; das entspricht einer Versechsfachung. Allein durch den Anstieg der Rapsverarbeitung für die Biodieselproduktion konnte der Selbstversorgungsgrad mit Eiweißfutter in Deutschland im Zeitraum 2000 bis 2012 um knapp ein Drittel gesteigert und damit die Importabhängigkeit von Soja verringert werden.
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