EU-Kommission veröffentlicht ersten EU-Antikorruptionsbericht und mahnt Reformen in allen Mitgliedstaaten an / Deutschland muss Gesetzeslücken bei Bestechung im geschäftlichen Verkehr, bei der Wahlkampffinanzierung und der Abgeordnetenbestechung schließen
(Berlin/Brüssel) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland begrüßt die Veröffentlichung des ersten EU-Antikorruptionsberichts, der heute von der EU-Kommission in Brüssel veröffentlicht wurde. Der Bericht unterzieht alle 28 Mitgliedstaaten einem Integritätscheck und soll den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten um mehr Integrität fördern. Die EU-Kommission mahnt in allen Mitgliedstaaten Reformen an. Bei dem Bericht handelt sich um kein Länder-Ranking. Stattdessen werden Trends und Reformbedarf herausgestellt.
Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "In den letzten Monaten war die Diskussion über Reformen in der EU sehr einseitig auf die von der Finanzmarktkrise betroffenen Länder gerichtet. Dabei wurde häufig übersehen, dass auch in den anderen Ländern Reformen ausstehen. In der aktuellen Führungsrolle, die Deutschland in der Krise beansprucht, muss Deutschland den Wettbewerb um mehr Integrität anführen."
Reformbedarf in Deutschland
Im Länderbericht zu Korruption in Deutschland deckt der Bericht etliche Schwachstellen auf, bei denen Reformbedarf besteht. Insbesondere werden die fehlenden rechtlichen Vorgaben für Politiker, die von einem politischen Amt in die Privatwirtschaft wechseln wollen, kritisiert. Um dem so genannten "Drehtür-Effekt" vorzubeugen, fordert Transparency International Deutschland eine Karenzzeit von drei Jahren, wenn es zwischen bisheriger und zukünftiger Tätigkeit einen inhaltlichen Zusammenhang gibt.
Die Kommission mahnt eine Verschärfung des Straftatbestands der "Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr" (§ 299 StGB) an und spricht sich für eine erhöhte Sensibilität für die Risiken der Auslandsbestechung und verstärkte Compliancebemühungen bei kleinen und mittleren Unternehmen aus.
Weitere Schwachstellen werden in einer fehlenden Strafrechtsregelung für niedergelassene Ärzte sowie in den Bereichen Parteien- und Wahlkampffinanzierung gesehen. Transparency Deutschland fordert, dass die Bundesregierung endlich die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) zur Verschärfung der Regeln der Parteienfinanzierung umsetzen soll.
Des Weiteren bemängelt die Kommission, dass Deutschland zu den wenigen Ländern gehöre, das die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) bisher noch nicht in nationales Recht umgesetzt habe. Transparency International Deutschland fordert in diesem Zusammenhang bereits seit langem eine Neuregelung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, was Voraussetzung für die Ratifizierung der UN-Kovention gegen Korruption ist.
Trotz dieser Kritik schneiden Deutschlands Bemühungen vergleichsweise gut ab. Laut EU-Kommission gehöre Deutschland zu den Ländern in Europa, in denen die Korruption am erfolgreichsten bekämpft werde.
Hintergrund und Methodologie des Berichts
Bereits im Jahr 2011 hat die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström den Antikorruptionsbericht der EU als einen Mechanismus des Maßnahmenpakets zur Bekämpfung von Korruption in den Mitgliedstaaten der EU vorgestellt. Der Bericht soll alle zwei Jahre erscheinen und ist Teil des Stockholmer Programms, das Eckpfeiler für eine gemeinsame Innen- und Sicherheitspolitik der EU-Mitgliedstaaten für den Zeitraum von 2010 bis 2014 umfasst.
Der Bericht greift auf Ergebnisse bestehender Monitoringinstrumente wie der Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) und der OECD, Informationen des Netzwerkes "European Partners against Corruption" (EPAC) und "European contact-point network against corruption" (EACN) zurück. Berücksichtigt wurden ebenfalls die von Transparency International erstellten Nationalen Integritätsberichte.
Zur Entwicklung der Methodologie des Berichts wurden die Mitglieder der "Expertengruppe zu Korruption" der Europäischen Kommission sowie ausgewählte Länderspezialisten zu Rate gezogen.
Den Bericht und weitere Informationen finden Sie hier: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/organized-crime-and-human-trafficking/corruption/anti-corruption-report/index_en.htm
Zur Pressemitteilung der Europäischen Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-86_de.htm
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