EU-Kommissar Moscovici schlägt Modernisierung des EU-Gesetzgebungsverfahrens in Steuersachen vor
(Berlin) - Derzeit erlässt der Rat der EU materielles Steuerrecht gemäß dem sog. besonderen Gesetzgebungsverfahren. Das besondere Gesetzgebungsverfahren basiert auf dem Einstimmigkeitsprinzip. Alle Mitgliedstaaten im Rat müssen dem Gesetzestext zustimmen. Zwar muss das Europäische Parlament angehört werden, es hat faktisch aber kein Mitspracherecht.
Pierre Moscovici, der zuständige Kommissar für Steuern hat hierzu am 18.9.2018 angekündigt, das EU-Gesetzgebungsverfahren modernisieren zu wollen. Es soll bis Anfang 2019 ein Vorschlag ausgearbeitet werden, wonach Steuerangelegenheiten zukünftig durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden können. Danach müssten nicht mehr alle Mitgliedstaaten in Steuersachen einer Meinung sein. Eine qualifizierte Mehrheit würde ausreichen, um die Gesetzgebungsmaschinerie ins Laufen zu bringen. Auch das Parlament würde mehr Mitspracherecht bekommen.
Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV), StB/WP Harald Elster, äußerte sich in seiner Ansprache zum 41. Deutschen Steuerberatertag zurückhaltend zu den Vorschlägen des Kommissars. Zwar würde ein Wechsel zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu mehr Flexibilität in Steuersachen führen, es könnten aber sodann auch "für Deutschland nachteilige Steuergesetze verabschiedet werden", so Elster. Durch das Einstimmigkeitsprinzip konnte dies bisher weitestgehend verhindert werden.
Gerade in den letzten Jahren hat die EU-Kommission wenig Sensibilität im Umgang mit den deutschen Steuerberatern gezeigt: "Viele unsinnige, unnötige und wenig durchdachte Gesetzesinitiativen wurden durch den europäischen Gesetzgebungsprozess gejagt", so der DStV-Präsident. Die Datenschutzgrundverordnung, das EU-Dienstleistungspaket, die Einführung einer Digitalsteuer oder zuletzt die Whistleblower-Richtlinie seien nur einige Beispiele dafür, dass Brüssel auf wichtigen Politikfeldern die Belange der freien Berufe und ihrer Mandanten häufig übersehe. Die Sinnhaftigkeit bestehender nationaler Regulierungen "interessiert in Brüssel wohl niemanden", so Elster weiter. Auch, ob sich das in der Zukunft ändern wird, bezweifelte er. Im Zuge einer Modernisierung des Gesetzgebungsverfahrens befürchte er nun noch mehr "unnötige Arbeit mit Brüssel", weil Gesetzesinitiativen "einfach nicht ausreichend durchdacht werden".
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