EU-Dienstleistungsrichtlinie / Ausländische Kräfte führen durch deutschen Steuerdschungel
(Bonn) - Ständig neue Marktanforderungen und unverändert starre Berufsregelungen: Das Finanz- und Rechnungswesen deutscher Firmen hat mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen. „Weite Teile der Wirtschaft wünschen sich eine tiefgreifende Liberalisierung der Branche, um wachsenden Anforderungen wie IFRS oder BilMoG besser gerecht zu werden“, betonte BVBC-Präsident Uwe Jüttner zum Auftakt der Kongressmesse ReWeCo in Koblenz. „Es drohen ansonsten gravierende internationale Wettbewerbsnachteile im Finanz- und Rechnungswesen.“
Während europäische Nachbarstaaten wie Österreich den Dienstleistungssektor zwischen Soll und Haben erfolgreich flexibilisieren, beharrt Deutschland weiterhin auf dem Monopol der Steuerberatung. Noch sind die berufsrechtlichen Regelungen im deutschen Finanz- und Rechnungswesen ähnlich überbordend wie das Steuerrecht selbst. Viele deutsche Berufsträger stehen in den Startlöchern, dürfen aber ihre Leistungen nur in engen Schranken offerieren. „Die deutsche Wirtschaft braucht dringend praxisnahe und unbürokratische Regelungen“, fordert Manfred Sattler, Präsident der IHK Koblenz und Schirmherr des Fachkongresses. Eine Flexibilisierung der Dienstleistungen könnte maßgeblich dazu beitragen, individuellen Anforderungen unter Einbindung firmeninterner Ressourcen besser gerecht zu werden.
Paradoxerweise drohen im Zuge der EU-Dienstleistungsrichtlinie jetzt ausländische Kräfte, diese Angebotslücke zu schließen. Immer mehr Buchführungshelfer aus der EU-Nachbarschaft bieten deutschen Unternehmen Leistungen, die ihren inländischen Berufskollegen verwehrt sind. „Mit Inkrafttreten der EU-Berufsqualifikationsrichtlinie ist mit einer zunehmenden Präsenz österreichischer Bilanzbuchhalter im deutschen Markt zu rechnen“, bestätigt Dr. Friedrich Bock, Paritätische Kommission Bilanzbuchhaltungsberufe Österreich. „Zukünftig werden immer mehr ausländische Fachkräfte durch den deutschen Steuerdschungel führen“, prophezeit auch BVBC-Präsident Uwe Jüttner.
Im Nachbarland Österreich haben Bilanzbuchhalter deutlich mehr Rechte und Möglichkeiten, ihre Dienstleistungen anzubieten. Hier kooperieren die Steuerberaterkammer und die Wirtschaftskammer Österreichs zum Nutzen von selbstständigen Bilanzbuchhaltern und Steuerberatern. Dies trifft eindeutig den Bedarf der Wirtschaft: In den letzten zwei Jahren ist die Zahl der Selbstständigen in den Buchhaltungsberufen um rund 66 Prozent gestiegen. „Wettbewerb, der die Qualität hebt und sichert, ist in Österreich willkommen“, betont Dr. Friedrich Bock.
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