EU-Chemikalienpolitik trifft die Textil- und Bekleidungsindustrie
(Eschborn) - Schwerwiegende Auswirkungen auf die deutsche Textilwirtschaft befürchtet der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, wenn der von der Europäische Kommission verabschiedete Entwurf für die EU-Chemikalienverordnung in dieser Form umgesetzt werden sollte. Der Entwurf für die verschärfte Kontrolle der in der EU verwendeten Chemikalien legt nicht nur ein Konzept für die chemische Industrie vor, sondern regelt auch die Anwendung von Chemikalien in den nachgeschalteten Bereichen wie der Textil- und Bekleidungsindustrie.
Die Textil- und Bekleidungsindustrie als Abnehmer von Spezialchemikalien muß nach Angaben des Verbandes mit erheblichen Nachteilen gegenüber internationalen Anbietern rechnen, wenn der Entwurf in der vorliegenden Form realisiert werden sollte. Zwar wurde die vorliegende Fassung aufgrund der massiven Proteste der Industrie und wegen des politischen Drucks aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien gegenüber der vorangegangenen Version spürbar entschärft. Die geplanten Vorschriften belasten die Hersteller aber immer noch mit zu hohen Kosten aufgrund der Bürokratie, die sich entlang der Wertschöpfungskette potenzieren. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen erleiden dadurch erhebliche Wettbewerbsnachteile auf den globalen Märkten.
Die EU-Kommission schätzt die Kosten für die erforderlichen Tests von Chemikalien allein für die chemische Industrie auf 2,3 Milliarden Euro und für die gesamte Wirtschaft in den kommenden elf Jahren auf 5,2 Milliarden Euro. Rund 30 000 Stoffe sollen registriert und 10 000 auf Umwelt- und Gesundheitsrisiken getestet werden. Zahlreiche Stoffe könnten voraussichtlich hierzulande nicht mehr hergestellt werden oder würden völlig vom Markt verschwinden.
Als Folge dieser Verordnung ist nach einer alarmierenden Studie des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) mit dem Verlust von bis zu 1,7 Millionen Arbeitsplätzen zu rechnen, ein erheblicher Teil davon in der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie.
Der vorgelegte Entwurf muß noch vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedsstaaten genehmigt werden. Der Zeitpunkt seines möglichen Inkrafttretens ist somit noch ungewiß. Für die weiteren Beratungen werden die Wirtschaftsminister der Mitgliedsstaaten zuständig sein und nicht die Umweltminister. Der Gesamtverband hofft, daß in dem weiteren Verfahren die Interessen der Industrie angemessen berücksichtigt werden. Die Entscheidungsträger sind gefordert, die gesamtwirtschaftlichen Folgen aus umfassenden Untersuchungen bei der Verabschiedung des Entwurfs zu beachten. Als Risikofaktoren gelten beispielsweise Zeitverluste bei der Einführung von Produkten, das Abfließen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aufgrund der Offenlegung von Daten oder zunehmende Importe von Fertigerzeugnissen nach Europa. Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie wird sich nach sorgfältiger Überprüfung des offiziellen Verordnungsentwurfes für eine praktikable und kosteneffiziente Ausgestaltung der Verordnung einsetzen.
Quelle und Kontaktadresse:
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