Erste Frühlingsanzeichen im Einzelhandel / Handel hofft auf besseres Konsumklima
(Berlin) - Nachdem der Einzelhandel im Jahr 2003 zum zweiten Mal in Folge seine Vorjahresumsätze nicht erreichen konnte, spürt er erstmals wieder Morgenluft. "Es ist allerdings noch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, ob die zart aufkeimenden Wachstumskräfte auch tatsächlich aufblühen werden", erklärte heute der Präsident des Handelsverband BAG, Walter Deuss, vor Journalisten in Berlin.
Im vergangenen Jahr hatte der Einzelhandel im "engeren Sinn", d.h. ohne Kfz- und Brennstoffhandel, Tankstellen und Apotheken, ein Umsatzminus von nominal 0,7 Prozent (real 0,9 Prozent) zu verzeichnen. Vor allem das vierte Quartal, in dem üblicherweise die höchste jährliche Nachfrage anfällt, sei enttäuschend verlaufen, erklärte Deuss. Von dem ganzjährigen Umsatzverlust in Höhe von rd. 2,5 Mrd. Euro gingen allein 72 Prozent auf das Konto des schlechten Weihnachtsgeschäfts. Sein Umsatzvolumen von lediglich 8,7 Mrd. Euro lag knapp 17 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Deuss machte neben der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit auch die zermürbenden politischen Reformdiskussionen und das Hickhack um die vorgezogenen Steuerleichterungen für den negativen Jahresverlauf verantwortlich.
Angesichts der prognostizierten konjunkturellen Belebung im laufenden Jahr äußerte Deuss die Hoffnung, dass der Einzelhandel nach zwei Jahren negativer Umsatzentwicklung den Abwärtstrend endlich überwinden werde. Er sehe ein Wachstumspotential in der Größenordnung von nominal 0,5 Prozent, was real gerechnet Stagnation bedeute, so Deuss. "Nach den Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung zeigten sich die Verbraucher im Februar optimistischer und auch geneigter, sich wieder etwas zu gönnen. Die bisherige Umsatzentwicklung im März scheint den leichten Aufwärtstrend zu bestätigen, obwohl die objektiven Wirtschaftsdaten noch keine sachliche Begründung für eine grundlegende Besserung des Konsumklimas liefern."
Aufgrund zahlreicher Verunsicherungen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die persönliche Einkommenssituation und möglicherweise auch wegen der jüngsten Terroranschläge in Madrid müsse der Einzelhandel auch weiterhin mit einem zurückhaltenden Konsumenten rechnen. Insofern sei es fraglich, ob sich das restriktive Konsumverhalten mit immer neuen Rabatten und Sonderangeboten auflockern lasse. Betrieben mit der innovativen Dynamik der vergangenen Monate, führe das Rabattieren zudem zum Verdrängungswettbewerb. "Die breit aufgestellten großen Player können es noch einigermaßen verkraften, wenn die ohnehin schon gedrückten Handelsmargen auf ein kritisches Niveau sinken, nicht jedoch der mittelständische Einzelhandel, der sich einem ruinösen Preis- und Rabattwettbewerb ausgesetzt sieht," kritisierte Deuss.
Demzufolge hatte die Branche im vergangenen Jahr über 4.500 Insolvenzen zu beklagen, stille Geschäftsaufgaben nicht mitgerechnet. Einschließlich der stillen Geschäftsaufgaben dürften rd. 47.000 Arbeitsplätze entfallen sein. "Diesen Exitus kann man wohlwollend als Phänomen des Strukturwandels bezeichnen, kritischer gesehen aber ebenso gut als Ergebnis von Verdrängungswettbewerb, zu dem in dramatischer Weise auch die übermäßigen Flächenexpansionen beitragen", kommentierte Deuss. Eine Absage erteilte Deuss in diesem Zusammenhang jenen Stimmen, die sich das alte Rabattgesetz zurückwünschen oder sich für die Beibehaltung der gesetzlich geregelten Schlussverkäufe aussprechen. Aus den sich voraussichtlich fortsetzenden Rabattschlachten sei letztlich der Schluss zu ziehen, so Deuss, dass der Handel wohl erst noch lernen müsse, die neu gewonnenen Freiheiten sinn- und verantwortungsvoll zu nutzen, letzteres gerade auch in Hinblick auf die Erhaltung facettenreicher, innerstädtischer Einzelhandelslandschaften.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V. (Handelsverband BAG)
Atrium Friedrichstr., Friedrichstr. 60, 10117 Berlin
Telefon: 030/2061200, Telefax: 030/20612088
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Vorschlag der IGBCE zur Mitarbeiterbeteiligung in Sanierungsfällen verdient ernsthafte politische Diskussion
- Gelder aus Städtebaufördermittel zur Stärkung der Innenstädte einsetzen / Kauf- und Warenhäuser als wichtige Kundenmagneten erhalten
- Verbände legen Ergebnisse der BAG/HDE-Kundenverkehrsuntersuchung 2008 vor / Studie belegt Attraktivität der Innenstädte als Einkaufsorte