Erste Bewertung des Koalitionsvertrages
(Berlin) - Entlastung der Kommunen auf den Weg gebracht - kommunale Beteiligung an Föko III gesichert - Energiewende tragfähig weiterentwickelt - Steuerfreiheit für interkommunale Zusammenarbeit verabredet - Mauteinnahmen müssen auch Kommunen zugutekommen
Der Deutsche Landkreistag begrüßt den vorgelegten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Zahlreiche Maßnahmen betreffen die 295 Landkreise in Deutschland unmittelbar. Der Vertragstext greift viele Forderungen des Deutschen Landkreistages auf und ist insgesamt positiv für die Entwicklung der deutschen Kommunen. Präsident Landrat Hans Jörg Duppré hob vor allem die Entlastung von Städten, Landkreisen und Gemeinden im Zusammenhang mit einem Bundesleistungsgesetz für behinderte Menschen hervor: "Nach dem Vertrag sollen die Kommunen jährlich im Umfang von 5 Mrd. Euro im Zuge einer Reform der Eingliederungshilfe entlastet werden. Darüber hinaus erfolgt bereits vor Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes eine Entlastung der Kommunen i.H.v. 1 Mrd. Euro jährlich. Das ist eine sehr erfreuliche Nachricht, obgleich viel von der Ausgestaltung des Finanzierungsweges im Einzelnen abhängt."
Der Deutsche Landkreistag hatte im Zuge der Koalitionsverhandlungen seine Zweifel angemeldet, ob die avisierte Entlastung der Kommunen über eine Beteiligung des Bundes an der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen der optimale Weg sei. Denn in vielen Bundesländern würde hier vorrangig das Land und nicht die Kommunen entlastet werden. Auch sei die Materie inhaltlich sehr komplex. "Daher haben wir vorgeschlagen, den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu erhöhen und als Sofortmaßnahme die Bundesbeteiligung an den kommunalen Unterkunftskosten für Hartz IV-Familien (KdU) auf bundesdurchschnittlich 49 Prozent zu erhöhen", so Duppré. Ein Punkt Umsatzsteuerbeteiligung entspräche etwa 2 Mrd. Euro, die Erhöhung der KdU-Bundesbeteiligung brächte weitere 2,4 Mrd. Euro. "Der Koalitionsvertrag lässt den konkreten Finanzierungsweg richtigerweise offen. Wir werden daher besonderes Augenmerk nicht nur auf die Höhe der kommunalen Entlastung richten; wichtig ist auch, dass die Entlastung tatsächlich in allen Kreishaushalten ankommt."
Weitere hervorzuhebende Themen sind die kommunale Beteiligung an einer Föderalismuskommission, die Umsetzung der Energiewende, der Breitbandausbau, die Erleichterung interkommunaler Kooperationen sowie die künftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur:
Duppré begrüßte nachdrücklich, dass die Koalition entgegen zeitweise anderslautender Gerüchte plant, eine Föderalismuskommission III einzurichten, in der neben Bund und Ländern auch die Kommunen vertreten sein werden. "Damit sehen wir auch in diesem Punkt eines unserer wesentlichen Interessen im Koalitionsvertrag verankert. Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen betrifft grundlegend auch die Finanzverhältnisse der Kommunen, die daher unbedingt mit am Tisch sitzen müssen. Das ist logisch und folgerichtig", verdeutlichte er.
Duppré weiter: "Die vorgesehenen Ausbaukorridore für die Erneuerbaren Energien mit 55 bis 60 Prozent Anteil am jährlichen Verbrauch im Jahr 2035 stellen mit Blick auf die Energiewende einen tragfähigen Kompromiss zwischen ambitionierten Ausbauwünschen und dem Schutz bestehender konventioneller Kraftwerke dar." Zu begrüßen sei auch, dass der Netzausbau auf Basis eines verbindlichen Ausbaupfades der Erneuerbaren Energien erfolgen solle.
Zum Breitbandausbau, der gerade für den ländlichen Raum von großer Bedeutung sei, fänden sich zwar viele gut gemeinte und sicher auch hilfreiche Einzelmaßnahmen. "Die dringend erforderliche finanzielle Unterstützung auch seitens des Bundes ist aber bedauerlicherweise nicht vorgesehen."
Des Weiteren zeigte sich der DLT-Präsident zufrieden mit der Passage zur Zusammenarbeit von Kommunen, die gerade in Anbetracht der Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels nicht zu unterschätzen sei: "Verabredet wurde, die interkommunale Zusammenarbeit steuerrechtlich nicht zu behindern und daher kommunale Unterstützungsleistungen nach wie vor von der Umsatzsteuer freizustellen. Das ist ebenfalls ein großer Erfolg", so Duppré. Andererseits hätte eine erhebliche Verteuerung kommunaler Leistungen gedroht mit der Folge, dass beispielsweise der Umgang ländlicher Gebiete mit Bevölkerungs- und Strukturwandel deutlich erschwert werden würde.
Schließlich greife die verabredete Ausweitung der Lkw-Maut sowie die Einführung einer europarechtskonformen Pkw-Maut wesentliche Forderungen des Deutschen Landkreistages auf: "Vor allem die Aussage, die Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung ohne Abstriche der Verkehrsinfrastruktur zuzuführen, ist für die Landkreise von größter Bedeutung, um den durch die chronische Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur aufgelaufenen Investitionsrückstau rasch abzubauen. Allerdings müssen die Mauteinnahmen auch den Kommunen zugutekommen und nicht nur für Bundesstraßen und Autobahnen reserviert werden", machte der DLT-Präsident deutlich. Es ginge um die nachhaltige Sicherung des Straßennetzes insgesamt. Eine zusätzliche Belastung von Berufspendlern in der Fläche dürfe hierbei selbstverständlich nicht stattfinden.
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