Erste Benin-Bronzen kehren zurück / Rückgabe von geraubtem Kulturgut ist der erste richtige Schritt
(Berlin) - Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock haben gestern Abend im Auswärtigen Amt in Berlin den Weg für Rückgaben von Benin-Bronzen freigemacht. Auf Grundlage einer unterzeichneten Erklärung können zukünftig Rückgabevereinbarungen mit Nigeria vereinbart werden. Zwei Bronzen überreichten Roth und Baerbock noch während eine Festakts an eine nigerianische Delegation.
Der Deutsche Kulturrat hatte bereits im Februar 2019 in seiner Stellungnahme "Vorschläge zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten" eine Rückgabe gefordert. Hier heißt es u.a.: "Im Rahmen des geforderten Gesamtkonzeptes muss beschrieben sein, wie von den Herkunftsgesellschaften zurückgeforderte Objekte, die sich in öffentlichen und kirchlichen Sammlungen befinden und deren Provenienz geklärt ist, in angemessener Zeit zurückgegeben werden."
Der Deutsche Kulturrat hat in dieser Stellungnahme aber noch weitere Forderungen aufgestellt:
"Aus Sicht des Deutschen Kulturrates geht es bei der Debatte um die Kolonialzeit im Allgemeinen und den Umgang mit Objekten aus kolonialen Kontexten im Besonderen um eine grundlegende Erweiterung und Veränderung des westlich zentrierten Blicks. Jenseits der Frage um Restitution stellt sich für Kultur, Kunst und Bildung die Aufgabe, mit dem kulturellen Erbe Kolonialismus umzugehen.
Hierzu gehört auch ein besserer Zugang für Künstlerinnen und Künstler sowie kulturwirtschaftlicher Unternehmen aus den Ländern des Globalen Südens zu den Märkten und Podien der Industrieländer. Dies kommt auch im UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (kurz Konvention Kulturelle Vielfalt) zum Ausdruck. Diese auch von der Bundesrepublik und der Europäischen Union ratifizierte Vereinbarung gilt es, mit Leben zu füllen.
In diesen Kontext gehört ebenso der Einsatz für einen gerechten Welthandel. In der genannten Konvention Kulturelle Vielfalt wird klargestellt, dass Kulturgüter und -dienstleistungen Waren besonderer Art sind. Sie sind Handels- und Kulturgut. Dies muss bei der Aushandlung von internationalen Handelsabkommen Berücksichtigung finden. Der Schutz der hiesigen Kulturmärkte darf nicht zu Lasten der Kreativwirtschaft aus den Ländern des Globalen Südens gehen. Vielmehr gilt es, entschieden für einen gerechten Welthandel einzutreten."
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Die gestern vereinbarte Rückgabe von Benin-Bronzen ist ein sehr postives, ermutigendes Signal. Unserer Verantwortung werden wir uns aber nicht allein durch Rückgaben von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten oder Entschädigung von geraubten Werken entledigen können, auch wenn der jetzt eingeleitete Weg richtig ist. Wir haben mit unseren Unrechtshandlungen, die ein Ausdruck des kolonialen Denkens der damaligen Zeit waren, eine dauerhafte Verantwortung übernommen. Noch immer behandeln wir die Länder des Globalen Südens nicht wie Partner auf Augenhöhe. Jetzt rauben wir ihnen nicht mehr ihre Kunst, sondern behindern sie bewusst in ihrer ökonomischen Entwicklung durch unsere nur zu unserem eigenen Nutzen geschaffenen internationalen Handelsabkommen. Wir haben unser koloniales Denken erst dann überwunden, wenn wir die Länder des Globalen Südens als Partner behandeln. Der Kolonialismus wird nur durch gerechte Handelsabkommen überwunden werden. Deshalb, die Rückgabe von geraubtem Kulturgut ist der erste richtige Schritt, aber eben nur der erste."
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Kulturrat e.V.
Pressestelle
Markgrafendamm 24, 10245 Berlin
Telefon: (030) 226 05 28-0, Fax: (030) 226 05 28-11