Eröffnungspressekonferenz der BIOFACH 2016 / Bio-Umsatz wächst zweistellig, mehr Bio-Betriebe und -Flächen / BÖLW fordert Umschichtung von Agrarmitteln, damit konventionelle Betriebe Chancen des Bio-Marktes nutzen können
(Nürnberg) - "Immer mehr Menschen entscheiden sich an der Ladenkasse für Bio-Lebensmittel und unterstützen den Umbau der Landwirtschaft", kommentiert Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), anlässlich der Eröffnung der BIOFACH das zweistellige Umsatzwachstum des deutschen Bio-Marktes. Nach der Berechnung des "Arbeitskreises Biomarkt"1 wurde 2015 mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken ein Umsatzplus von 11,1 Prozent und ein Marktvolumen von insgesamt 8,62 Mrd. Euro (2014: 7,76 Mrd. Euro) erreicht.2
"Die Nachfrage wuchs 2015 noch einmal stärker als schon in den Jahren zuvor. Und das Potenzial am Bio-Markt ist längst noch nicht ausgeschöpft", so Röhrig. Egal, wo Bio im Regal steht, die Kunden greifen zu. So trugen alle Absatzwege zum Marktwachstum bei. Am stärksten legte der Verkauf von Bio-Lebensmitteln und -Getränken im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu und wuchs auf 4,76 Mrd. Euro Umsatz an bzw. um 13,2 Prozent. Der Naturkostfachhandel3 entwickelte sich im Vergleich zu den Vorjahren überdurchschnittlich und erzielte mit 2,71 Mrd. Euro ein starkes Umsatzplus von 10,0 Prozent. Auch die sonstigen Verkaufsplätze wie Reformhäuser, Bäckereien oder der Versandhandel legten 2015 stärker zu als zuvor. Insgesamt entfielen im Jahr 2015 55 Prozent des Bio-Umsatzes auf den LEH (2014: 54 Prozent), 31 Prozent auf den Naturkostfachhandel und 13 Prozent auf die sonstigen Verkaufsstätten.4
Das stärkere Engagement für den Ökolandbau in vielen Bundesländern und stabile Erzeugerpreise für Bio-Erzeugnisse sorgten in 2015 dafür, dass sich wieder mehr Landwirte für die Umstellung auf Ökolandbau entschieden. Nach Schätzung des BÖLW wuchs die deutsche Öko-Fläche 2015 um rund 30.000 ha auf 1.077.950 ha. Das entspricht einem Plus von 2,9 Prozent. Die Zahl der Bio-Betriebe wuchs im selben Zeitraum auf 24.343 Betriebe, was eine Zunahme von 945 Betrieben oder 4,0 Prozent bedeutet. Trotzdem kann die Entwicklung der Bio-Betriebe und -Flächen noch nicht zum starken Marktwachstum aufschließen. Röhrig: "Die Schere zwischen Bio-Umsatz und dem -Flächenwachstum geht weiter auseinander. Deshalb müssen mehr Bio-Produkte importiert werden, die auch von heimischen Äckern kommen könnten. Die deutsche Landwirtschaft hat die Potentiale des Bio-Marktes auch 2015 nicht ausgeschöpft."
Der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein appellierte an Bundesminister Schmidt, für eine stärkere Umschichtung von EU-Mitteln in die Agrarumweltprogramme zu sorgen. Nur so könne der Schwung des Marktes für die deutsche Landwirtschaft genutzt werden. "Es besteht beim Bund und in den Ländern Einigkeit darüber, den Ökolandbau zügig auf 20 Prozent der Fläche auszudehnen, um den ländlichen Raum zu stärken und die Landwirtschaft umwelt- und tierverträglicher zu machen. Das wird aber nicht gelingen, wenn demnächst konventionelle Betriebe, die ihre Zukunft im Ökolandbau sehen, zurückgewiesen werden. Denn wenn so viele Landwirte umstellen, wie es der Markt ermöglicht und das 20 Prozent-Ziel verlangt, geht den Ländern bald das Geld aus. Deutschland muss seinen nationalen Spielraum in der EU-Agrarpolitik jetzt nutzen und 15 Prozent der Mittel für die allgemeine Flächenzahlung zugunsten der Agrarumweltprogramme umwidmen." Bislang werden nur 4,5 Prozent umgeschichtet. Damit steht aktuell sogar 9 Prozent weniger Geld für zukunftsfähige Landwirtschaft zur Verfügung als vor der letzten Agrarreform. "So kann die Bundesregierung", warnte Löwenstein, "ihre Ziele der Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsstrategie nicht erreichen."
Löwenstein benennt eine weitere Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der ökologischen Lebensmittelwirtschaft: "Bio-Unternehmer brauchen stabile, praxistaugliche gesetzliche Rahmenbedingungen. In Brüssel kommt es jetzt auf EU-Parlament und -Agrarrat an, die derzeit im Trilog mit der -Kommission die neue EU-Öko-Verordnung aushandeln. EU-Parlament und -Mitgliedsstaaten dürfen sich nicht auf Kompromisse einlassen, die Bio ausbremsen."
Im Übrigen müsse in allen Politikbereichen dafür gesorgt werden, dass für eine ökologische, die Chancen künftiger Generationen wahrende Ernährungswirtschaft bessere Bedingungen geschaffen werden als für eine Produktion, die zwar scheinbar billige Lebensmittel herstellt, den Großteil ihrer Kosten aber der Allgemeinheit überlasse. Bundesminister Christian Schmidt müsse deshalb alle betroffenen Ressorts der Bundesregierung in die von ihm angestoßene Zukunftsstrategie Ökolandbau einbinden, forderte Löwenstein.
Quelle und Kontaktadresse:
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)
Joyce Moewius, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: (030) 28482-300, Fax: (030) 28482-309
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- BÖLW zur Farm to Fork-Strategie / "In Bio investieren bedeutet in ein gesundes Europa investieren"
- BÖLW zum ernährungspolitischen Bericht der Bundesregierung / Mit Bio die gesunde und nachhaltige Wahl einfach machen
- BIOFACH-Bilanz: Bio-Branche als Impulsgeber für den Umbau von Ernährung und Landwirtschaft