Erneute Verschiebung der Lkw-Maut kein Ruhmesblatt für die deutsche Industrie, aber Chance für die Verkehrspolitik
(Frankfurt am Main) Die erneute Verschiebung des Einführungstermins für die Lkw-Maut auf unbestimmte Zeit bewahrt die Bundesrepublik Deutschland vor einem der größten industriepolitischen Flops der Nachkriegsgeschichte. Ein Festhalten am geplanten bereits verschobenen Einführungstermin vom 2. 11. 2003 hätte nach dem derzeitig erkennbaren Stand der Soft- und Hardwareintegration nach Meinung des Spitzenverbandes der Transportunternehmer und Kraftwagenspeditionen nur mit einem Fiasko enden können. Nach den Umfragen des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. unter seinen Mitgliedern ergab sich, dass vor einer Woche nur jedes fünfzehnte bestellte Gerät eingebaut war und funktionierte. Die funktionierenden Geräte zeigten mehr falsche als nachvollziehbare Ergebnisse an. Bis heute hat kein einziger Transportunternehmer, der an der Testphase teilgenommen hat, eine Abrechnung gesehen. Das betriebswirtschaftliche Modul scheint neben dem eigentlichen Herzstück der Maut, die genaue Erfassung der Fahrzeugbewegungen auf Autobahnen, nicht richtig oder noch gar nicht zu funktionieren, mutmaßt BGL-Präsident Hermann Grewer.
Vor diesem Hintergrund blieb den Beteiligten keine andere Wahl, als erneut die Mauteinführung diesmal auf unbestimmte Zeit, zu verschieben. Der Bundesminister für Verkehr kam damit einer Forderung des BGL und seiner eigenen Aussage nach, das Mautdebakel nicht auf dem Rücken der betroffenen Transportunternehmen auszutragen. Der Minister sprach in diesem Zusammenhang früher von einer Frage der Ehre, genau wie er die Einführung der Lkw-Maut für die beteiligten Industriekonsortialpartner als Frage der Ehre betrachtet.
Der BGL stellt nach der gestrigen Entscheidung klar, dass er kein grundsätzlicher Gegner der Lkw-Maut ist, sondern die Maut als europäisches Harmonisierungsinstrument und als Mittel zur Infrastrukturfinanzierung anerkennt, wenn die Politik tatsächlich im Einvernehmen mit Brüssel eine Harmonisierungswirkung mit der Mauteinführung erreicht. Durch die erneute Verschiebung der Lkw-Maut auf unbestimmte Zeit, wahrscheinlich muss mit mehreren Monaten bis zu einem halben Jahr gerechnet werden, besteht jetzt die Chance, mit der EU-Kommission die Harmonisierungsfrage zeitgleich mit der Mauteinführung zu klären. Der BGL und seine Mitgliedsbetriebe stehen nur zur Einführung der Lkw-Maut, wenn diese fair und gerecht im europäischen Wettbewerb etabliert wird. Der Minister hat die Harmonisierung der Abgabenbelastung durch die Lkw-Maut ebenfalls zur Frage der Ehre erklärt. Alles andere war und ist niemals akzeptabel gewesen und stößt auch weiterhin auf den Widerstand der Wirtschaft.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)
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