Erhalt der ostdeutschen Infrastruktur wird zur Herkulesaufgabe
(Potsdam) - Bereits Mitte des Jahres zeigte der Bauindustrieverband Ost e. V. (BIVO) die Schieflage der aktuellen und vergangenen Finanz- und Investitionspolitik mit der Veröffentlichung des Schwarzbuches "Der Staat als Bauherr" auf. Darin wurde deutlich, dass die seit Jahrzehnten fehlende Priorisierung von Infrastrukturinvestitionen durch die Gebietskörperschaften zu einem enormen Wert- und Qualitätsverlust der ostdeutschen Infrastruktursubstanz geführt hat. Ein absehbares Ende dieses Trends ist nicht in Sicht.
Die kürzlich veröffentlichte Difu-Studie "Investitionsbedarfe für ein nachhaltiges Verkehrssystem" liefert nun weitere Zahlen und bestätigt den düsteren Status quo ostdeutscher Infrastruktur. Während sich laut Studie bereits 34 Prozent aller ostdeutschen Verkehrsstraßen in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand befinden, ist auch der Zustand der Straßenbrücken bedenklich. Lediglich 18 Prozent können mit guter oder sehr guter Beschaffenheit überzeugen.
BIVO-Hauptgeschäftsführer Dr. Robert Momberg: "Das Aufeinandertreffen von verfallender Verkehrsinfrastruktur und finanziell schlecht ausgestatteten Gebietskörperschaften - insbesondere die Kommunen - erachten wir als äußerst bedenklich. Dennoch sind die Ergebnisse der Difu-Studie für uns nur in ihrer Höhe überraschend. Unabhängig der jüngsten Krisenkaskade aus Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und Zinswende fährt die hiesige Politik seit über einem Jahrzehnt einen auf Verschleiß gerichteten Kurs: Steigende Gesamteinnahmen werden durch steigende Konsumtion aufgezehrt, zum Leidwesen dringend notwendiger Investitionen. Folgerichtig ernten wir nun das Ergebnis dieser Politik: Ein Land, dessen Brücken, Tunnel und Straßen immer weiter verzehrt und abgenutzt werden, ohne kurzfristige Aussicht auf Nachbesserung oder Modernisierung seitens des Staates."
In Zahlen lässt sich das Ausmaß vor allem am Nachhol- und Ersatzbedarf kommunaler Straßen erkennen. Im bundesweiten Vergleich weist der Osten mittlerweile einen Nachholbedarf von über 60 Mrd. Euro auf und macht damit bereits über ein Drittel des bundesweiten Nachholbedarfs aus. 30 Mrd. Euro fallen dabei allein bei den Hauptverkehrsstraßen an. Beim Ersatzbedarf sind es annähernd weitere 60 Mrd. Euro, die hinzukommen. Dabei ist besonders bedenklich, dass vor allem Straßentunnel- und -brücken ersetzt werden müssen.
"Der desaströse Zustand der Tunnel und Brücken ist nur ein Aspekt der infrastrukturellen Misere. Denn vor allem Großraum- und Schwertransporte sind auf die Funktionalität solcher Bauwerke angewiesen, um möglichst reibungslos an ihr Ziel zu gelangen. Allein die Beantragungen dieser Transporte sind mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden, wodurch sich der Transportaufwand vervielfacht, die Kosten ansteigen und schlussendlich die Bauprojekte deutlich verlängern. Sollte darüber hinaus die marode Infrastruktur diesen Zustand noch verschlimmern, ist ein Chaos für die Bauleiter vorprogrammiert. In Zeiten von Fachkräftemangel und begrenzten Kapazitäten ein nicht akzeptabler Zustand", so Momberg weiter.
Ein Durchbrechen dieses Teufelskreises wird eine immense Herausforderung für Bund, Länder und insbesondere die Kommunen. "Um einen Kurswechsel einzuleiten ist es unabdingbar, die Finanz- und Investitionspolitik so auszurichten, dass dringend notwendige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur nicht über Jahrzehnte verschleppt werden. Gleichzeitig müssen bürokratische Hürden abgebaut werden, um einer Trendwende keine Steine in den Weg zu legen".
Quelle und Kontaktadresse:
Bauindustrieverband Ost e.V. - Hauptgeschäftsstelle
Pressestelle
Karl-Marx-Str. 27, 14482 Potsdam
Telefon: (0331) 7446-0, Fax: (0331) 7446-166