Equal Pay: dem Prinzip zur Praxis verhelfen - djb begrĂŒĂt Richtlinienvorschlag der EU-Kommission
(Berlin) - Mit einem Jahr VerspĂ€tung, aber pĂŒnktlich zum heutigen Equal Pay Day in Deutschland, hat die EU-Kommission am 4. MĂ€rz 2021 ihren Richtlinienvorschlag fĂŒr verbindliche EntgelttransparenzmaĂnahmen vorgestellt, der von KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer Amtszeit als politische PrioritĂ€t angekĂŒndigt worden war. Damit soll die Rechtsdurchsetzung des in den Römischen VertrĂ€gen verankerten Gebots des gleichen Entgelts fĂŒr Frauen und MĂ€nner fĂŒr gleiche oder gleichwertige Arbeit in der EU gestĂ€rkt werden.
Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrĂŒĂt nachdrĂŒcklich, dass die EU-Kommission auf den eklatanten Mangel der Rechtsdurchsetzung dieses fĂŒr die Geschlechtergleichstellung auf dem Arbeitsmarkt so wichtigen Themas reagiert. Die PrĂ€sidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig erklĂ€rt: "Das Entgeltgleichheitsgebot ist seit Jahrzehnten in ganz Europa weitestgehend 'ein Prinzip ohne Praxis' geblieben. So auch in Deutschland. Die Rechtsdurchsetzung scheitert an der fehlenden Transparenz ĂŒber die Kriterien der Entgeltfindung. Viele Frauen wissen nicht oder können nicht beweisen, dass sie fĂŒr eine gleichwertige TĂ€tigkeit weniger als ihre mĂ€nnlichen Kollegen verdienen. Dabei sind sie darauf verwiesen, selbst Klage zu erheben."
In Deutschland lag der Gender Pay Gap im Jahr 2020 bei 18 Prozent, d.h. MĂ€nner haben mit 22,78 Euro durchschnittlich pro Stunde 4,16 Euro brutto mehr verdient als Frauen (18,62 Euro).[1]
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen MaĂnahmen konzentrieren sich auf zwei Kernelemente: Die Transparenz der Entgeltstrukturen wird zum einen durch einen Auskunftsanspruch gefördert, mit dem BeschĂ€ftigte die durchschnittlich gezahlten Entgelte fĂŒr eine gleiche oder gleichwertige Arbeit erfragen können. Bedeutsamer ist eine Berichtspflicht fĂŒr Arbeitgebende mit mehr als 250 BeschĂ€ftigten zum geschlechtsspezifischen LohngefĂ€lle in ihrem Unternehmen. Bei einem innerbetrieblichen Gender Pay Gap von mehr als fĂŒnf Prozent, ohne dass dieses anhand objektiver geschlechtsneutraler Faktoren gerechtfertigt werden kann, besteht eine Pflicht zur Entgeltbewertung in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmendenvertretungen.
Der djb begrĂŒĂt diese kollektive Ausrichtung des Vorschlags, da nur damit strukturelle Ursachen fĂŒr Entgeltbenachteiligungen erkannt und beseitigt werden können. Instrumente wie der Auskunftsanspruch allein, so zeigt die bisherige Erfahrung, sind demgegenĂŒber nicht geeignet, das Entgeltgleichheitsgebot durchzusetzen, weil individuelle DurchsetzungshĂŒrden wie Kenntnismangel und institutionelle AbhĂ€ngigkeit diesem entgegenstehen. Der djb kritisiert jedoch die BeschĂ€ftigtengrenze von 250 als viel zu hoch; viele Unternehmen in Deutschland wĂ€ren damit von der Berichtspflicht nicht betroffen.
Positiv zu werten sind die Regelungen ĂŒber die Beweislast auf Seiten des Arbeitgebenden und einen EntschĂ€digungsanspruch bei Lohndiskriminierungen, die EinfĂŒhrung von Sanktionen und die wichtige Rolle von Gleichbehandlungsstellen und Arbeitnehmendenvertretungen z.B. bei Sammelklagen.
Die PrĂ€sidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig weiter: "Die EU-Kommission hat einen ambitionierten Vorschlag zur Beseitigung des Gender Pay Gap in Europa vorgelegt, der einige auch vom djb seit langem geforderte MaĂnahmen aufgreift. Die Rechtsdurchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots in ganz Europa ist drĂ€ngender denn je - gerade auch in Zeiten der Covid-19-Pandemie, die zu verstĂ€rkten Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und einem erhöhten Armutsrisiko von Frauen fĂŒhrt. Der djb fordert das EuropĂ€ische Parlament und den Rat auf, den Vorschlag zĂŒgig zu beraten und zu verabschieden. Der djb appelliert an die Bundesregierung, konstruktiv zu verhandeln und sich fĂŒr ein hohes Niveau des MaĂnahmenpakets einzusetzen."
[1] www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_106_621.html.
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