EnWG-Entwurf des Wirtschaftsministeriums: Positive Ansätze, aber wichtige Fragen noch offen
(Berlin) – Das Bundeswirtschaftsministerium hat in seinem Entwurf für ein neues Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) nach Ansicht der beteiligten Verbände und Organisationen viele wichtige Themen sachgerecht geregelt. So etwa die diskriminierungsfreie Öffnung der Stromnetze, die Einrichtung einer handlungsfähigen Regulierungsbehörde oder die Entflechtung des Netzbetriebs von anderen Aktivitäten. Dennoch haben die Verbände im EnWG-Entwurf Lücken entdeckt und in einer Stellungnahme2 ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung des Gesetzes dem Wirtschaftsministerium übergeben. Diese Vorschläge, die in ihren Grundzügen auch vom BDI Bundesverband der Deutschen Industrie, dem ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks und dem AFM+E Aussenhandelsverband für Mineralöl und Energie getragen werden, zielen insbesondere auf Schlüsselfragen wie wettbewerbsgerechte Entgelte, durchsetzungsfähige gestaltende Regulierung, dynamische Marktentwicklung und schnelles Ausräumen der Defizite im Erdgasmarkt.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene reine Kostenorientierung der Entgeltkalkulation sei unzureichend, weil sie mit großer Sicherheit zu steigenden Preisen führen werde. Um dies zu verhindern, müsse schnellstens ein funktionierendes Vergleichsmarktkonzept, also ein Preisvergleich mit anderen Versorgern und anderen Ländern in den Text aufgenommen werden. Ein Vergleichsmarktkonzept fehle im Gesetzentwurf bisher völlig. Nur so könne eine effiziente ex-post-Entgeltprüfung erfolgen. Als zweites Kontrollinstrument einer kostenorientierten Entgeltentwicklung müsse ebenfalls schnell ein dynamisches Anreizregulierungssystem mit „Belohnungen“ für die effizientesten und mit „Abstrafungen“ für weniger effiziente Netzbetreiber eingeführt werden. Im Gesetzentwurf fehle der klare Auftrag an den Verordnungsgeber oder an die Regulierungsbehörde, bis zu einer – knapp bemessenen – Frist zu diesen Themen entsprechende Verordnungen zu entwickeln und sie von der Regulierungsbehörde anwenden zu lassen.
Angesichts der genannten und weiterer „offener Baustellen“ sei eine flexible und durchsetzungsfähige Regulierungsbehörde mit Gestaltungs- und Entwicklungsspielräumen unbedingt erforderlich. Notwendig sei ein „lernendes System“, um schnell, marktgerecht und bedarfsorientiert eine Entwicklung und Anpassung des EnWG-Regelwerks vornehmen zu können. Dazu seien weder der Gesetz- noch der Verordnungsgeber in der Lage.
Die deutlichen Defizite im Erdgasmarkt seien nur durch ein am Beispiel des Strommarktes entwickeltes transaktionsunabhängiges Entry-Exit-Netzzugangsmodell mit eigentumsübergreifenden Regelzonen und Kooperationsverpflichtungen der Netzbetreiber zu beseitigen. Es müsse börsenfähig und fürs Massengeschäft geeignet sein. Im gegenwärtigen EnWG-Entwurf fehle hierzu eine klare Zielvorgabe mit einer knappen Umsetzungsfrist. Entsprechende Vorgaben gebe es nur für den Strommarkt. Diese Schieflage zu Lasten des Erdgasmarktes müsse bis zur Verabschiedung des EnWG unbedingt ausgeräumt werden. Im Übrigen sei eine abschließende Beurteilung des Gesetzentwurfs erst nach Vorlage der wichtigsten Verordnungen möglich.
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