Pressemitteilung | (bvse) Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

Entsorger gegen völlige Liberalisierung der Abfallwirtschaft

(Bonn/Berlin) - „Minimum an Daseinsvorsorge – Maximum an Privatisierung“ – Unter dieser Leitthese hat jetzt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse), Bonn/Berlin, sein Positionspapier „Zukunft der Abfallwirtschaft“ anläßlich einer Sitzung des Gesamtvorstandes verabschiedet.

„Eine vollständige Liberalisierung der Abfallwirtschaft schadet mehr als es nützt“, schränkte bvse-Präsident Hans Jürgen Cierzon ein, dessen Verband mehr als 600 meist mittelständische Entsorgungsunternehmen vertritt. „Gute Erfahrungen“ mit der Liberalisierung in der Telekommunikation ständen unterschiedliche Auswirkungen bei der Privatisierung in der Energiewirtschaft entgegen. Deshalb sei die Schlussfolgerung unzulässig, dass Liberalisierung um jeden Preis das Allheilmittel sei. Dies gelte vor allem auch für das „vollkommen anders ausgestattete und funktionierende Netzwerk der Abfallwirtschaft“.

Die von manchem Verband und Großunternehmen gepriesene Zukunftsvision der Liberalisierung könnte sich laut Cierzon schnell zu einer Horrorvision entwickeln. Als Beispiel nannte der bvse-Präsident die Situation in Kalifornien: Dort habe eine völlige Liberalisierung des Strommarktes dazu geführt, dass die Bewohner des US-Bundesstaates seit Wochen unter einem Stromnotstand zu leiden hätten. Auch habe die schnelle Privatisierung der britischen Eisenbahn nicht dazu geführt, dass die Züge pünktlicher und vor allem sicherer ihren Zielbahnhof erreichen würden.

Das hohe Niveau beim Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz in der Abfallwirtschaft erfordert, laut Cierzon, auch weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft. Deshalb müssten die Ziele und Bereiche der staatlichen Daseinvorsorge einerseits sowie der Privatisierung oder der Liberalisierung andererseits deutlich voneinander unterschieden und ihre jeweiligen Auswirkungen geprüft werden: „Staatliches Handeln ist nur dort gefordert, wo aus Gründen des Gemeinwohls ein besonderer Schutz notwendig ist“, fasste der bvse-Präsident zusammen. Die Aufgaben der Daseinsvorsorge müssten so abgegrenzt werden, dass eine Quersubventionierung vermieden werde. Dazu trage die Transparenzrichtlinie der EU-Kommission bei.

Zur Aufrechterhaltung der bisher erreichten Umweltstandards und Strukturen der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft setzen sich die mittelständischen Entsorger deshalb für eine überlegte und behutsame Fortentwicklung der Abfallwirtschaft ein, erklärte Hans Jürgen Cierzon. Die durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vorgenommenen, bewährten Weichenstellungen hin zu privatwirtschaftlichen Strukturen, dürften aber auch keinesfalls durch eine derzeit drohende Rekommunalisierung unterwandert oder ihr gar geopfert werden.

„Die Daseinsvorsorge muss nicht unmittelbar in Form einer Verwaltungswirtschaft mit Eigenbetrieben umgesetzt werden“, erläuterte Cierzon. Gerade die Beauftragung Dritter habe sich in der Praxis seit Jahren bewährt. „Ein fairer Wettbewerb ist dann gegeben, wenn sich kommunale, gemischtwirtschaftliche und private Unternehmen gleichwertig im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen um staatliche Aufträge bewerben können“, führte er aus. In den Bereichen, in denen keine Verpflichtung zur Daseinsvorsorge bestehen, müsse für kommunale Unternehmen die Betätigung in Eigenregie verboten werden.

„Um das erreichte Umweltschutzniveau in der Abfallwirtschaft zu sichern, muss Hausmüll weiterhin der Daseinsvorsorge unterliegen“, forderte Cierzon. Der im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz verankerte marktwirtschaftliche Weg für eine Kreislaufwirtschaft dürfe auf keinen Fall durch Ausweitung des Anschluss- und Benutzungszwanges oder von Andienungspflichten für verwertbare Abfälle aufgegeben werden. Die Forderung nach Planungssicherheit für Investitionen gelte auch für die private Recyclingwirtschaft, betonte der bvse-Präsident.

Quelle und Kontaktadresse:
Achim Hallerbach, Pressesprecher bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (BVSE) Hohe Str. 73 53119 Bonn Telefon: 0228/9884927 Telefax: 0228/9884999

NEWS TEILEN: