Entscheidung gegen Tempelhof ist Votum gegen Standort Berlin
(Berlin) - Der Konsensbeschluss vom 28.5.1996 des Landes Berlin, Brandenburg und des Bundes besagt: Nach Vorliegen der gerichtlich überprüften und rechtskräftigen Planfeststellung für den Singlestandort Schönefeld wird der Verkehrsflughafen Tempelhof geschlossen.
Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Abgesehen davon, dass das geplante Luftdrehkreuz in Schönefeld wirtschaftlich und verkehrstechnisch seine Berechtigung verloren habe und abgespeckt werden müsse, wie dBA-Chef Wöhrl ausführte, könne nicht vor 2006 frühestens mit dem Vorliegen eines rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses gerechnet werden. Zu viele Klagen der Anwohner gegen den geplanten Großflughafen sind zu entscheiden. Damit ist die Schließung des Flughafens in keinem Fall auf Grundlage des Konsensbeschlusses zumindest in 2004 - möglich. Zwar versucht sich der Bund, vertreten durch seinen Staatssekretär Tilo Braune, dieser Einsicht zu verschließen, aber auch sonstige triftige Gründe für ein Dichtmachen des Flughafens gibt es nicht. Verluste erbringt der Flughafen nachweislich im operativen Fluggeschäft nicht, wie die Flughafengesellschaft (BFG) selbst in ihrem Geschäftsbericht 2002 habe eingestehen müssen, so die ICAT e. V. (Initiative City Airport Tempelhof). Allein die nicht ernsthaft betriebene Vermarktung der Gebäudeanlage sei defizitär.
Das Angebot der dBA, die gesamte denkmalgeschützte Anlage zu übernehmen, zu betreiben und damit den Staat zu entlasten, sei zurückgewiesen worden, so Wöhrl. Stattdessen versucht die BFG aus der Betriebspflicht des Flughafens zu kommen mit der Folge, dass die Unterhaltung und Pflege des dann stillgelegten Gebäudes in Höhe von schätzungsweise 25 Mio. EUR pro Jahr (so die ICAT e.V.) dem Steuerzahler zu Last fallen würde. Sollte Tempelhof wider alle politische und wirtschaftliche Vernunft geschlossen werden, fielen Arbeitsplätze vor Ort weg, zögen viele Fluglinien für immer aus der Region ab oder gingen Pleite. Der Betrieb rechne sich für Linien mit kleineren Flugzeugen nur im Direktflug zwischen mittleren Städten wie z. B. Mannheim.
Die Baukammer erachtet Tempelhof als einen Gewinn für die Hauptstadt auch aus verkehrspolitischer und wirtschaftlicher Sicht. Wenn Berlin im Wettbewerb der Wirtschaftsmetropolen mithalten will, muss es Tempelhof als Flughafen offen halten. Die kurzen und direkten Wege vom Flughafen über eine perfekte innerstädtische Infrastruktur zu allen Zielen der Stadt erhöhen die Attraktivität Berlins nicht nur für Geschäftsleute. Reisezeiten von 30 Minuten für den Hinweg zum Flughafen bis zum Abflug werden geschätzt. Als Bundeshauptstadt und Drehscheibe zu Osteuropa kann Berlin von Tempelhof nur profitieren. London könnte hier Vorbild sein, wo man in den 80iger Jahren in der City einen Flughafen gebaut hat, um die für Kurzaufenthalte in der Stadt langwierigen Anreisen über Heathrow und Gatwick zu meiden.
Die Angebote der dBA und auch der Germania, den Flughafen in privater Regie weiterzuführen, sind ernsthaft zu prüfen, nicht pauschal abzutun. Die Baukammer unterstützt das Bemühen der FDP und CDU, sowie der Berliner Wirtschaft, vertreten durch die IHK, den Flughafen offen zu halten. Hier werde versucht, eine einmalige Infrastruktur, ein einmaliges Kulturgut, eine ingenieurtechnische Meisterleistung zu zerstören mit allen daraus für die Stadt erwachsenden negativen Folgen, so Wöhrl. In München werde es in der Zwischenzeit bedauert, den innerstädtischen Flughafen Riem geschlossen zu haben. Es gebe dort Tendenzen, stadtnähere Flughäfen (z. B. Oberschleissheim) wieder zu beleben.
Keine Verluste im Flugbetrieb, mehr Flugbewegungen im letzten Jahr als in Schönefeld, keine tödlichen Unfälle seit Ende der Luftbrücke Tempelhof ist gesund, sein Siechtum und sein Ende herbeizureden verfehlt. Besorgt fragt man sich: Kann eine Stadtverwaltung, die sich angesichts von 53 Mio. Euro Schulden feiert, sprechende Mülleimer für Berlin angeschafft zu haben, qualifiziert genug sein, über die partielle Lähmung und die Zukunft der Infrastruktur einer Metropole sachkundig zu entscheiden?.
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