Engpässe bei Kinderarzneimitteln bestehen weiter / BVKJ-Umfrage zeigt anhaltenden Mangel und bedrohte Versorgungsqualität
(Köln) - Verschiedene Akteure im Gesundheitswesen, zuletzt der GKV-Spitzenverband, haben die Problematik des Mangels an Kinderarzneimitteln wiederholt bagatellisiert. Eine Mitgliederumfrage des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ) zeigt jedoch deutlich, dass die Situation von dramatischen Arzneimittelengpässen längst nicht überwunden ist. Viele Kinder- und Jugendärzt*innen sehen die Versorgungqualität als stark gefährdet.
Dr. Michael Hubmann, Präsident des BVKJ, betont: "Entscheidungsträger in der Gesundheitspolitik beteuern, man habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Medikamentenmangelsituation in den Griff zu bekommen. Von Seiten der Kassen wird uns versichert, dass sich die Lage entspannt habe und dass weitere politische Maßnahmen, die zusätzliche Kosten verursachen würden, nicht notwendig seien. Die Realität in unseren Praxen sieht leider anders aus, wie unsere Umfrage zeigt. Wir können keine Entwarnung bezüglich des Mangels bei Kinderarzneimitteln geben. Unter diesen Bedingungen ist eine leitliniengerechte Behandlung unserer Patientinnen und Patienten nicht möglich. Die im ALGVVG ergriffenen Maßnahmen können nur erste Schritte gewesen sein. Ausgehend von den sehr niedrigen Festbeträgen waren die angesetzten Steigerungen noch nicht ausreichend. Wir brauchen Strukturveränderungen, sodass es sich für Unternehmen wieder lohnt, in Europa zu produzieren. Daneben ist es für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen dringend erforderlich, dass Prüfverfahren beim Einsatz von Off-Label-Medikamenten entfallen."
Aus der vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen durchgeführten Umfrage mit über 1.300 teilnehmenden Mitgliedern geht hervor, dass gleich bei mehreren Medikamenten deutschlandweit noch eine große Mangelsituation herrscht.
Die Medikamentengruppe mit dem größten Mangel sind weiterhin die Antibiotika, 99 Prozent der Umfrageteilnehmer berichtet von einem Mangel. Hierbei sticht Penicillin V hervor (79,7 Prozent), gefolgt von Amoxicillin (51,3 Prozent). Eine deutliche Mehrheit (80 Prozent) der Umfrageteilnehmenden stellt nicht nur bei einem Antibiotikum eine Mangelsituation fest, sondern berichtet über mindestens zwei Mangelmedikamente. Hierzu gehören die älteren und jüngeren Cephalosporine sowie weitere Antibiotika.
Der Mangel ist deutschlandweit festzustellen und ist nicht auf Antibiotika beschränkt. Bei Salbutamol berichten 67,8 Prozent von einer Mangelsituation, 58,2 Prozent erleben einen Mangel von Inhalativen Steroiden und 25 Prozent bei ADHS-Medikamenten.
35 Prozent der Teilnehmenden befürchten, dass der Medikamentenmangel die Behandlungsqualität in stark negativem Maße beeinflusst. 5 Prozent stellen sogar schwerwiegende Risiken für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fest. Nur 8,2 Prozent sind der Ansicht, dass der Mangel keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Behandlungsqualität habe.
Aber nicht nur der Arzneimittelmangel als solcher hat negative Auswirkungen auf die Versorgung. Den mit der Neuausstellung von Ersatzverordnungen einhergehende Zeitaufwand schätzt der überwiegende Teil der Befragten (42,5 Prozent) auf 2 bis 5 Stunden, einige (18,7 Prozent) auf sogar mehr als 5 Stunden pro Monat. Dies stellt eine erhebliche Belastung für die Ärzt*innen dar und reduziert ihre Zeit für die Patientenversorgung.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ)
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