Energiewende jetzt, aber richtig und sozial!
(Bonn) - Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um die Strompreise und die zügige Umsetzung der Energiewende hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) seine Forderung nach der sofortigen Stilllegung aller Atomkraftwerke bekräftigt. Gleichzeitig hat sich der Verband für den zügigen Ausbau alternativer, umweltschonender Energiequellen, für umfangreiche Energiesparmaßnahmen und für eine sozialverträgliche Strompreispolitik ausgesprochen. "Die dringend erforderliche Energiewende darf nicht zu weiteren Verschlechterungen der Lebensbedingungen von Menschen mit geringen Einkommen oder mit Hartz-IV-Bezug führen", fordert Professor Jürgen Rochlitz in seiner Funktion als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BBU. Rochlitz kritisiert im Namen des BBU, dass es, bedingt durch eine verfehlte Sozialpolitik, bei vielen Menschen zu Stromabschaltungen kommt. So kam es laut Deutschem Mieterbund 2011 zu rund 500.000 Stromabschaltungen, weil die Rechnungen nicht mehr bezahlt werden konnten.
Der BBU setzt sich für eine Energiepolitik ein, die auf die Errichtung von neuen Stromtrassen bestmöglich verzichtet, die keine neuen Kohlekraftwerke vorsieht und die auf dezentrale Energieversorgungsstrukturen setzt. An den Kosten für diese Energiewende sind auch die stromintensiven Industrieunternehmen zu beteiligen, die bisher kaum Anreize zum Stromsparen verspüren. Bislang hat die Strompreispolitik nur die Kosten einbezogen, die durch die reine Stromproduktion entstehen. Einzuberechnen sind aber alle Faktoren des Lebenszyklus der Stromproduktion: Vom Abbau der Rohstoffe bis hin zu den gesundheitlichen Auswirkungen durch den Schadstoffausstoß konventioneller Kraftwerke bei der Bevölkerung.
"Power to Gas" und Stromeinsparungen
Bei seinem Engagement für die Energiewende setzt sich der BBU auch maßgeblich für die
Möglichkeiten von "Power to Gas" ein. Dabei geht es um die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff und um dessen Speicherung und Verteilung im Erdgasnetz. Der BBU kritisiert, dass die Möglichkeiten dieser Art von "Power to Gas" völlig unterschätzt werden und deswegen bisher nicht Eingang in den Entwurf des Netzentwicklungsplans gefunden haben. Der BBU fordert die Realisierung von Demonstrationsanlagen der 5 MW-Leistungsklasse und die Erleichterung der Einspeisekonditionen des Wasserstoffs ins Erdgasnetz.
Nach Auffassung des BBU ist es zudem extrem wichtig, dass sowohl in der Industrie als auch in privaten Haushalten mehr Strom als bisher gespart wird. Die Industrieproduktion muss mit weniger Strom auskommen - und es muss dahin gesteuert werden, dass "überflüssiger Schnickschnack", so der BBU, aus den Produktionsbereichen verschwindet. "Kurzlebige Konsumgüter, die zudem vielleicht auch noch energieintensiv und gar noch schadstoffhaltig sind, müssen nicht unbedingt die Regale der Warenhäuser vollstopfen", so Jürgen Rochlitz. Und in den privaten Haushalten gibt es auch noch viele Sparmöglichkeiten: "Elektrogeräte müssen nicht dauerhaft im Stand-by-Bereich laufen und alte Energie fressende Küchengeräte sollten möglichst schnell ausgetauscht werden", erläutert Rochlitz.
Mit Änderungen in der Sozialpolitik der Energiewende Steine aus dem Weg räumen
Oliver Kalusch, der auch dem Geschäftsführenden Vorstand des BBU angehört, fordert in der aktuellen Situation auch Änderungen in der Sozialpolitik ein: "Die Bundesregierung hat bei der letzten Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um jede halbe Kinokarte gefeilscht, nur um den Armen nicht mehr Geld geben zu müssen - während gleichzeitig dreistellige Milliardenbeträge bis Billionen an Banken gehen. Wenn man will, dass Arme und Menschen, die sich nur durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse über Wasser halten können, keine Probleme mit den Stromkosten bekommen, muss man eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Sätze fordern. Die von der gesellschaftlichen Teilhabe Ausgeschlossenen können sich beispielsweise in der Regel auch keinen energieeffizienten Kühlschrank leisten, um Strom zu sparen. Dass bedeutet: Ihre materiell katastrophale Lage zwingt sie häufig zu einem ökologisch nicht sinnvollem Verhalten. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Eine gute Sozialpolitik bedeutet daher auch eine ökologische Politik. Der Energiewende müssen alle Steine aus dem Weg geräumt werden!”
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