Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Energieeffizienz und Klimaschutz Mix aus Ordnungspolitik, Förderanreizen und abgestuften Sanktionen / Wohngeld und ALG II Erhöhen, harmonisieren, dynamisieren / Wohnungsverkäufe und Handel mit Wohnungen / Falsches Signal durch Jahressteuergesetz

(Berlin) „Wir fordern, dass die Bundesregierung einen verbindlichen Maßnahmenkatalog und einen festen Zeitplan für mehr Energieeffizienz und besseren Klimaschutz beschließt. Appelle und Empfehlungen helfen ebenso wenig weiter wie Schiebeverfügungen mit neuen Prüfaufträgen. Wir brauchen einen Mix aus Ordnungspolitik und Förderanreizen in Verbindung mit einem abgestuften Sanktionssystem“, erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf einer Pressekonferenz in Berlin im Vorfeld der Klausurtagung des Bundeskabinetts.

Gleichzeitig forderte er Gesetzesänderungen bei Wohngeld und ALG II: „Erhöhungen sind hier längst überfällig. Daneben müssen die Leistungen für Wohngeld und ALG II harmonisiert und dynamisiert werden.“

Außerdem verlangte Rips eine eindeutige Positionierung von Bund, Ländern und Kommunen gegen Verkäufe öffentlicher Wohnungsbestände. „Die öffentlichen Hände dürfen nicht Handlanger der Wohnungshändler werden.“

Energieeffizienz und Klimaschutz

„Zur Umsetzung der zahlreichen Ankündigungen und Absichtserklärungen der letzten Monate muss die Bundesregierung jetzt einen verbindlichen Maßnahmenkatalog und einen festen Zeitplan zur Steigerung der Energieeffizienz und Verringerung der CO2-Immissionen beschließen“, forderte der Mieterbund-Präsident. „Wir brauchen klare Vorgaben und die Beschreibung eindeutiger Konsequenzen für die nächsten Jahre. Der Deutsche Mieterbund hat ein ´Eckpunktepapier zur Energieeffizienz in Wohngebäuden´ erstellt (vgl. Anlage), das der Bundesregierung vorliegt. Darin schlagen wir einen Mix aus ordnungspolitischen Maßnahmen und Förderanreizen in Verbindung mit einem abgestuften Sanktionssystem vor.“

Maßnahmen: Kurzfristig, spätestens im Jahr 2008 müssen in einer neuen, fortgeschriebenen Energieeinsparverordnung die energetischen Anforderungen an Wohngebäude im Neubau und im Bestand erhöht werden:

- Im Neubau und bei grundlegender energetischer Sanierung ist in einem ersten Schritt der maximale Wärmebedarf auf 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr zu reduzieren.

- Ab 2012 muss hier ein maximaler Wärmebedarf von 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gelten.

- Für den Wohnungsbestand sind Maßnahmen zum Austausch von einfach verglasten Fenstern und veralteten Heizungsanlagen sowie Anforderungen an die Außendämmung festzuschreiben.

- Bis zum Jahr 2020 sollen auch im Wohnungsbestand Niedrigenergiehausstandards erreicht werden, das heißt ein maximaler Wärmebedarf von 60 Kilowattstunden und ein Anteil erneuerbarer Energien von 20 Prozent.

- Nachstromspeicherheizungen, zurzeit 6 Prozent der Heizungen, werden verboten.

Unabhängig hiervon ist zu prüfen, welche Effizienz- und Einsparpotenziale von Contractingmodellen im Wohnbereich ausgehen.

Parallel hierzu sollte versucht werden, eine Verbändevereinbarung zu verabschieden, mit der Contractingmodelle zu fairen und attraktiven Konditionen auch im Wohnungsbestand eingeführt werden können. Bei Contractingmodellen überträgt der Vermieter die Produktion und Umlegung von Wärme an einen Dritten. Dieser Contractor kann einen vereinbarten Wärmepreis fordern. Vermieter haben mit den Kosten der Heizung wegen Reparatur, Sanierung usw. nichts mehr zu tun. Mieter könnten davon profitieren, wenn mit dem Contractingmodell die Effizienz der Heizungstechnik erhöht wird.

Finanzierung und Förderanreize: Es gibt bei Baumaßnahmen des Vermieters zur Verbesserung des energetischen Zustandes kein Nutzer-Investor-Dilemma. Die Vermieterthese, „im Zweifel trägt der Vermieter die Kosten, den Nutzen hat der Mieter“, ist falsch.

„Tatsächlich gibt es eine große Investorenträgheit, vor allem bei den Kleinvermietern, die der Notwendigkeit, zeitnah Modernisierungen durchzuführen, entgegensteht“, sagte Mieterbund-Präsident Rips. Nach der geltenden Rechtslage können 11 Prozent der Modernisierungskosten zeitlich unbefristet auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Mit Hilfe dieser Mieterhöhungen kann – soweit die Marktverhältnisse es zulassen – der Vermieter die Vermietbarkeit seines Objektes sichern bzw. wiederherstellen. Energetische Modernisierung ist also im eigenen Interesse des Vermieters.

Als Anreiz für die Eigentümer und als Mittel zur Reduzierung der Modernisierungsmieterhöhungen sind öffentliche Förderungen unverzichtbar, wie zum Beispiel:

- CO2-Gebäudesanierungsprogramm: 5 Milliarden Euro (zurzeit 1,5 Milliarden Euro p.a.)

- Anreizprogramm für den Einsatz erneuerbarer Energien: 500 Millionen Euro (zurzeit 213 Millionen Euro p.a.)

- Sonderprogramm zum raschen Austausch von Nachtstromspeicherheizungen.

Diese Förderprogramme sind zur Schaffung von Planungssicherheit zu verstetigen. Sie sind auch ökonomisch sinnvoll. Es werden Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und Steuereinnahmen erzielt. Die Programme finanzieren sich deshalb selbst.

Schon bei einer Reduzierung des Energiebedarfs um ein Drittel können bei Zugrundelegung heutiger Energiepreise bis zu 11 Milliarden Euro bei Heizung und Warmwasser im Wohnbereich eingespart werden.“

Sanktionen: Zur Durchsetzung der energie- und klimapolitischen Zielsetzung werden Kontrollen und Sanktionen unverzichtbar sein. Der Deutsche Mieterbund schlägt ein abgestuftes Sanktionsmodell vor:

- Kürzung der Heizkosten zum Beispiel jeweils um 5 Prozent, wenn entgegen den Vorgaben der Energieeinsparverordnung Wohnungen weiterhin mit einfach verglasten Fenstern und veralteten Heizungsanlagen ausgestattet sind und eine unzureichende Außendämmung vorliegt. Hier kann ein Übergangszeitraum beispielsweise bis 2013 eingeführt werden.

- 15 Prozent Heizkostenkürzung, wenn der vom Gesetzgeber vorgegebene energetische Standard bis zum Jahr 2020 nicht erreicht wird.

- Beharrliche Verstöße gegen die Energiesparverordnung sind mit Bußgeldern zu ahnden.

Wohngeld und ALG II

„Wohngeld und ALG II müssen erhöht werden. Die mehr als 4,5 Millionen betroffenen Haushalte haben Anspruch darauf, dass die Entlastungsfunktion dieser Leistungsgesetze dauerhaft sichergestellt wird“, erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes. Die Leistungsempfänger brauchten vor allem Sicherheit und Verlässlichkeit. Deshalb müssten Wohngeld- und ALG-II-Zahlungen dynamisiert bzw. an einen Index, wie zum Beispiel den Lebenshaltungskostenindex, geknüpft werden. Das Recht auf Leistungsanpassung dürfe nicht von jeweils aktuellen politischen Mehrheiten oder Haushaltslagen abhängen.

Außerdem müssten die gesetzlichen Vorgaben stärker auf einander abgestimmt werden. Ohne die notwendige Harmonisierung drohe eine Gerechtigkeitslücke. Bei Wohngeldempfängern wird nur ein seit Jahren unveränderter Wohnkostenzuschuss gezahlt. Die explodierenden Heizkosten bleiben unberücksichtigt. Dagegen werden ALG-II-Beziehern Wohnkosten inklusive Heizkosten voll erstattet.

Zurzeit erhalten noch ca. 680.000 Haushalte in Deutschland Wohngeld. Der Wohngeldanspruch richtet sich nach dem Einkommen des Haushalts, der Familiengröße und der zu berücksichtigenden Miete. Das ist nicht die tatsächlich gezahlte Miete. Im Wohngeldgesetz werden so genannte Miethöchstbeträge festgelegt, die in rund 60 Prozent aller Fälle unter der tatsächlich gezahlten Miete liegen, bei der Wohngeldberechnung aber berücksichtigt werden. Die Miethöchstbeträge werden in Abhängigkeit vom örtlichen Mietenniveau festgelegt. Deshalb gelten beispielsweise für Berlin, Hamburg und München unterschiedliche Miethöchstbeträge.

Beispiele:

Ein Zweipersonenhaushalt mit einem Einkommen von 801 Euro im Monat und einer Miete von 470 Euro erhält in Berlin 124 Euro Wohngeld, in Hamburg 140 Euro und in München 156 Euro.

Ein Einpersonenhaushalt mit 801 Euro Einkommen und einer Miete von 380 Euro erhält in München 21 Euro Wohngeld, in Hamburg 14 Euro, in Berlin hat er keinen Anspruch auf Wohngeld.

„Wir fordern eine Erhöhung des Wohngeldes um mindestens 15 Prozent und höhere Einkommensgrenzen, um den Bezieherkreis von Wohngeld zu erweitern. Diese Erhöhung ist längst überfällig. Seit dem 1. Januar 2001 ist das Wohngeld nicht mehr erhöht worden“, erklärte Rips. Seit 2001 seien die Mieten aber um 6,5 Prozent gestiegen und die Gebühren für Wasser, Abwasser und Müll um über 10 Prozent, die Kosten für Strom sogar um 23,8 Prozent. Außerdem seien Kosten für Gas um 30,3 Prozent und für Öl um 53,3 Prozent gestiegen.

„Der von der Bundesregierung im Juli dieses Jahres vorgelegte Gesetzentwurf zur Wohngeldreform muss angesichts dieser Preissteigerungen einen Ausgleich schaffen. Bisher sieht das Gesetz aber keinen Zuschlag auf das Wohngeld vor. Heizkosten bleiben nach wie vor unberücksichtigt“, kritisierte Rips.

„Wir halten ein Erhöhung der ALG-II-Leistungen für die knapp vier Millionen Bedarfsgemeinschaften für richtig und notwendig“, sagte Rips. Gleichzeitig schlug er vor, die geltende Rechtslage in Bezug auf die Heizkosten zu überprüfen. „Bei der Übernahme der Wohnkosten wird unter Berücksichtigung von Wohnungsgröße und Quadratmeterpreis schon heute ein angemessener Gesamtbetrag gezahlt. Das könnte auch der richtige Weg bei den Heizkosten sein. Durch Zahlung einer angemessenen Pauschale, die sich an den Betriebskostenspiegelwerten des Deutschen Mieterbundes orientiert, könnte ein Anreiz zu einem sparsameren Umgang mit Heizenergie geschaffen werden. Nach dem jetzigen System wird der sparsame Haushalt ´bestraft´, er bekommt weniger Geld, und der gleichgültige Haushalte wird ´belohnt´, er bekommt die Heizkosten voll erstattet.“

Rips weiter: „Durch Umsetzung dieser Vereinfachung und zusätzlich durch die Einschaltung der örtlichen Mietervereine könnten Millionenbeträge für die öffentlichen Hände eingespart werden. Voraussetzung ist, dass Jobcenter und Arbeitsagenturen den Sachver-stand der Mietervereine nutzen und Mieter, die ALG II erhalten, klären lassen, ob und inwieweit Vermieteransprüche gerechtfertigt sind.“

Zu prüfen wäre zum Beispiel,

- ob eine geltend gemachte Mieterhöhung zulässig und begründet ist oder nicht. Vielfach wird die ortsübliche Vergleichsmiete nicht eingehalten, die Jahressperrfrist nicht beachtet oder gegen die Vorgaben der Kappungsgrenze verstoßen. Oft gehen Vermieter nach den Erfahrungen der Mietervereine auch dazu über, die Miethöhe unmittelbar an den Höchstgrenzen der Arbeitsagenturen zu orientieren;

- ob die Abrechnung der Betriebskosten richtig ist. Diese Überprüfung ist jedenfalls so lange notwendig, wie es nicht zu einer Pauschalierung der Heizkosten kommt;

- ob Schönheitsreparaturen zu leisten sind. Angesichts der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Arbeitsagentur oder ein Jobcenter kaum entscheiden, ob Mieter ihre Wohnung tatsächlich renovieren müssen bzw. ob Renovierungskosten zu erstatten sind. Dies erfordert speziellen mietrechtlichen Sachverstand. Unzählige Renovierungsklauseln sind unwirksam, mit der Konsequenz, dass Mieter nicht renovieren müssen. Auch hier geht es für die öffentlichen Hände um Millionen.

Zwischenzeitlich gibt es eine Gesetzesinitiative, die die Linke im Bundestag eingebracht hat (BTDrs. 16/5247). Hier ist vorgesehen, dass zum Beispiel ALG-II-Empfänger und wohngeldberechtigte Personen einen Rechtsanspruch auf kostenlose Mietrechtsberatung durch den Mieterverein erhalten. Die öffentlichen Hände könnte dadurch wirksam entlastet werden.

Wohnungsverkäufe und Jahressteuergesetz

„Bund, Länder und Kommunen dürfen nicht zu Handlangern der Wohnungsaufkäufer werden“, forderte Rips. Kritisch sieht der Mieterbund-Präsident nicht nur die Verkaufspläne einzelner Kommunen oder der Landesentwicklungsgesellschaft in Nordrhein-Westfalen, sondern auch die Haltung der Bundesregierung:

- In ihrer Antwort auf eine „Kleine Anfrage“ der Linksfraktion (BTDrs. 16/5879) kündigt die Bundesregierung an, die rund 60.000 noch im Eigentum des Bundes befindlichen Wohnungen verkaufen zu wollen. Ganz konkret seien die Verkaufsplanungen für knapp 13.000 Wohnungen. „Das setzt falsche Signale und ist ein schlechtes Beispiel“, sagte Rips.

- Die Bundesregierung hat in einer „Nacht- und Nebelaktion“ ihren Anteil an der Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten (THS) abgetreten. Gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 450 Millionen Euro wird auf Ansprüche aus dem Bergmannssiedlungsvermögen verzichtet. Eigentümer des Immobilienunternehmens THS, zu dem knapp 80.000 Wohnungen gehören, werden dann zu jeweils 50 Prozent die RAG (frühere Ruhrkohle AG) und die Gewerkschaft IG BCE. Abtretung, Vergleichsvertrag und Abfindung sind im Parlament nicht diskutiert worden. Der Vorgang ist völlig intransparent“, sagte Rips. Zur Umsetzung muss das Bergmannssiedlungsgesetz geändert werden, das soll mit dem Instrument des Artikelgesetzes in die Wohngeldreform verpackt werden.

- Am 8. August 2007 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2008 beschlossen. Vorgesehen ist hier unter anderem eine neue dreiprozentige Abgeltungssteuer auf das so genannte Eigenkapital 02.

Das EK 02 ist aus folgenden Sachverhalten entstanden:

1. Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit zum 1.1.1990: Bei der Entlassung der zuvor steuerbefreiten Wohnungsunternehmen sollten die bis zu diesem Zeitpunkt angesammelten stillen Reserven auf der Unternehmensebene von der Besteuerung ausgenommen werden.

2. Im Rahmen der Altschuldenhilfe für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft dient das EK 02 dazu, Zinszuschüsse nicht als Unternehmenserträge der Besteuerung zu unterwerfen.

3. Mit dem EK 02 konnten Investitionszulagen beim Aufbauprogramm Ost steuerneutral vergeben werden.

Alle sachlichen Gründe für diese bis 2019 geltenden Steuerbefreiungen sind auch heute noch sinnvoll. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum jetzt rückwirkend eine andere Regelung herbeigeführt und die grundsätzliche Versteuerungspflicht des EK 02 geschaffen wird.

Der DMB lehnt die Sondersteuer von 3 Prozent grundsätzlich ab. Insbesondere ist zu befürchten, dass eine solche Regelung neue Verkaufs- und Kaufaktivitäten mit Wohnimmobilien auslöst. Die Abgeltungssteuer kann von Finanzinvestoren problemlos beglichen werden, um dann anschließend mit hohem Gewinn die Reserven der Gesellschaft auszuplündern. Die Bundesregierung würde mit einer solchen Regelung zum Handlanger der „Heuschrecken“.

Der DMB fordert die Bundesregierung auf, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den ohnehin immer kleiner werdenden Anteil des sozialen Wohnraumsektors weiter schmälern. Kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften müssen in der heutigen Situation gestärkt und als eigenständige Anbieter auf dem Wohnungsmarkt dauerhaft gesichert werden.

Die Option für Wohnungsunternehmen, die sich zu hundert Prozent in öffentlichem Eigentum befinden, und für Vermietungsgenossenschaften, sich von der Sondersteuer befreien zu lassen, ist ein fauler Kompromiss. Der DMB fordert die Beibehaltung der bisherigen Regelung.

Keine Steuer, wenn das Kapital im Unternehmen bleibt – 45 Prozent Steuern (nach heutigen Steuersätzen), wenn ausgeschüttet wird.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Ulrich Ropertz, Sprecher, Presse Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 223230, Telefax: (030) 22323100

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