Eltern und Lehrkräfte fordern Priorisierung der Bildung
(München) - Der Bayerische Elternverband (BEV) und der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) sehen die Bildungsqualität in Bayern in Gefahr. Die jüngsten PISA-Ergebnisse sind besorgniserregend und zeigen dringenden Handlungsbedarf. Bildung ist der zentrale Schlüssel zum Erhalt unserer demokratischen Grundwerte und damit unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Seit Jahren ist der Bildungssektor jedoch vom Lehrkräftemangel und von finanzieller Unterversorgung betroffen. Die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler nehmen immer mehr ab. Es braucht eine klare Priorisierung der Bildung von Seiten der politischen Verantwortungsträger. Ein "Weiter so!", wie es der Koalitionsvertrag der bayerischen Staatsregierung vorsieht, reicht nicht aus.
Die Erwartungen an und Herausforderungen des Bildungssystems werden immer vielschichtiger. Zudem geht die soziale Schere im Hintergrund der andauernden Mangelverwaltung immer weiter auseinander. Die Staatsregierung muss jetzt liefern: Es braucht konkrete und wirksame Maßnahmen für mehr Bildungsgerechtigkeit sowie zur Demokratieförderung. Es darf nicht sein, dass unsere Kinder die Hauptleidtragenden der heutigen Krisen sind. Wir Eltern, Lehrerinnen und Lehrer wollen Lösungen sehen!
Menschenbildung braucht ein breites Bildungsangebot
"An den Schulen vor Ort brennt's! Auf dem Papier sieht die Personalsituation auf den ersten Blick nicht so schlimm aus, aber häufig ist regulärer Unterricht aufgrund von tatsächlich fehlenden Lehrkräften kaum möglich, weil zum Beispiel mehrere Klassen von einer Lehrkraft parallel unterrichtet werden müssen. Zusatzangebote wurden vielerorts längst gestrichen. Arbeitsgemeinschaften und die sogenannten 'Nebenfächer' leiden besonders. Dabei sind all diese Kompetenzen, wie künstlerisches Wirken, Kreativität, Bewegung oder Engagement enorm wichtig für den Bildungserfolg, nicht bloß Mathe, Deutsch und Englisch. Wollen wir in Zukunft Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren, dann brauchen wir nicht nur den klassischen Fachunterricht. Wir brauchen Bildungsangebote, die partizipativ sind und die zu politischem Engagement und dem Einsatz für unsere Demokratie ermutigen. Hierzu braucht es mehr pädagogische Freiräume und vor allem mehr Zeit! Eine 'Verfassungsviertelstunde' pro Woche schafft das bestimmt nicht!", so BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.
Politisch, digital, zukunftsfähig
Ressourcen im Bereich der politischen Bildung dürfen nicht gestrichen, sondern müssen ausgebaut und langfristig sichergestellt werden. In Anbetracht der rasanten Entwicklung der KI-Technologien und brisanter meinungsbildender Dynamiken in den Sozialen Medien müssen speziell auch die Digital- und die Medienkompetenz gefördert werden. Digitale Bildung bedeutet wesentlich mehr, als Kinder flächendeckend mit Tablets auszustatten. Ihnen muss vermittelt werden, was digitale Souveränität und Freiheit des Internets bedeuten. Sie müssen befähigt werden, sich vor Desinformation und digitalem Missbrauch zu schützen, sich eine eigene Meinung zu bilden, kritisch zu reflektieren und mit Weitblick entscheiden zu können.
Beziehungsarbeit ist kein "nice to have"
Entscheidend aber für den Bildungserfolg und damit die Effizienz von Schule ist die Beziehung zwischen Kind und Lehrkraft, das ist empirisch bestens belegt. "Unsere Kinder suchen nach Vorbildern, gerade unter ihren Lehrerinnen und Lehrern. Wie aber kann eine, zwischen zwei oder drei gleichzeitig zu betreuenden Klassen hin und her hetzende, Lehrkraft Vorbild sein? Wie soll sie sich noch um das einzelne Kind kümmern können?", fragt Martin Löwe, Landesvorsitzender des BEV. "Wir Eltern wünschen uns mehr Zeit der Lehrkräfte für die Beziehungsarbeit mit dem einzelnen Kind und fordern die politisch Verantwortlichen auf, diese Beziehungsarbeit entsprechend zu honorieren." Die Ausstattung der Schulen mit Menschen vieler Professionen wäre laut Löwe ein wichtiger Baustein zur Entlastung der Lehrkräfte. Für die reibungslose Zusammenarbeit aller müssten die Schulen dann auch organisatorisch anders aufgestellt werden. Jede einzelne Schule müsse, wie auch jede einzelne Lehrkraft mehr Entscheidungsfreiheit in der Arbeit mit dem Kind bekommen. Dies steigere die Wertigkeit und somit die Attraktivität des Lehrerberufs.
"Schließlich vertrauen wir Eltern darauf, dass unsere gut ausgebildeten Pädagogen in der konkreten Situation wissen, was das Beste für das Kind ist, sonst würden wir ihnen nicht das Wertvollste anvertrauen, was wir haben. Hierbei darf nicht gespart werden. Investitionen in unsere Kinder bringen langfristig die höchste Rendite, unterlassene Investitionen in Bildung aber destabilisieren die Gesellschaft. Angesichts der gesellschaftlichen Alarmzeichen müssen wir reagieren, und zwar JETZT!", appelliert Löwe.
Quelle und Kontaktadresse:
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