Elektronische Fußfessel: Schulschwänzer nicht voreilig kriminalisieren
(Berlin) - „Mit einer pauschalen Kriminalisierung von Schulschwänzern wird nur der Populismus bedient“, kritisiert der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Udo Beckmann die von Brandenburgs Innenminister Schönbohm losgetretene Debatte. „Weder elektronische Fußfesseln noch andere Strafandrohungen taugen dazu, das Problem des Schuleschwänzens zu lösen“, erklärt Beckmann. Zwar sei nicht zu bezweifeln, dass Schulschwänzer besonders gefährdet seien, ins kriminelle Milieu abzudriften, doch müsse den Ursachen für Schulverweigerung und -schwänzen nachgegangen werden. „Statt zu den Mitteln des Ordnungsstaates zu greifen, muss die Politik die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern.“
Udo Beckmann verweist darauf, dass gerade Einrichtungen der Jugendhilfe, Erziehungs- und Familienberatungsstellen in den Ländern durch Haushaltskürzungen eingeschränkt werden. „Obwohl wir eigentlich immer mehr Unterstützungssysteme benötigen“, so der stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende, „wird das Auffangnetz immer löchriger statt dichter. Dabei ist besonders in sozialen Brennpunkten die Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit unverzichtbar. Der sozialen Sprengkraft von Schulverweigerung nun eine elektronische Fußfessel anlegen zu wollen, ist ein skandalöser Vorschlag.“ Der jüngste OECD-Bildungsbericht habe ein weiteres Mal verdeutlicht, dass in Deutschland die Unterstützungssysteme für Schulen unter dem OECD-Mittel liegen. Es fehle nicht nur an Lehrerinnen und Lehrern, an Hausmeistern und Schulsekretärinnen, es fehle eben auch und gerade an sozialen Unterstützungsdiensten, an Schulpsychologen sowie Gesundheitsdiensten.
Die Ursachen für Schulmüdigkeit und Schulschwänzen sind aus Sicht des VBE vielfältig: ein anregungsarmes Umfeld in den ersten Lebensjahren, Sprachprobleme, eine starke Über- oder Unterforderung in der Schule, Leistungsmisserfolge, Krisen in der Familie, die Entfremdung der Schule von der Lebenswirklichkeit. Der VBE setzt auf mehr Schulsozialarbeit, um gefährdete Jugendliche zu unterstützen, deren gesellschaftliche und schulische Integration herbeizuführen. Mit dieser Botschaft hatte sich der VBE im Mai 2003 auf dem Deutschen Lehrertag in Schwerin bereits nachdrücklich zu Wort gemeldet.
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