Einzelhandel gibt Hoffnung auf befriedigenden Jahresendspurt nicht auf / Blick ins nächste Jahr ohne Euphorie, aber mit Zuversicht
(Frankfurt am Main/Berlin) - Mit großen Anstrengungen versucht der Einzelhandel, in den letzten Wochen des Jahres den bisher wenig erfolgreichen Geschäftsverlauf zum Besseren zu wenden, erklärte am 2. Dezember der Präsident des Handelsverband BAG, Walter Deuss, vor Journalisten in Frankfurt. Der Auftakt zum Weihnachtsgeschäft sei allerdings nicht dazu angetan, dem Jahresende mit Euphorie entgegenzusehen.
Deutlich kritisierte Deuss die von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in Aussicht gestellten geschäftsschädigenden Protestaktionen im Weihnachtsgeschäft. Angesichts der krisenhaften Situation, in der sich der Einzelhandel zur Zeit befindet, werden sie allenfalls den Nachweis erbringen, dass Ver.di die Bereitschaft fehlt, die Realitäten zu akzeptieren. Das wird den Abstand zwischen den betrieblichen Notwendigkeiten und den ideologischen Verkrustungen weiter vergrößern.
Das Jahr 2003 werde insgesamt betrachtet als ein wiederum sehr kritisches in die Geschichte des Einzelhandels eingehen. Nicht zuletzt die zermürbende politische Reformdebatte und die Unsicherheit über die angekündigten Steuersenkungen hätten die Lust am Konsumieren untergraben, so Deuss. Demzufolge dürfte der Einzelhandel zum zweiten Mal in Folge seine Vorjahresumsätze verfehlen. Nach einem Umsatzminus von 1,9 Prozent (real - 2,4 Prozent) im letzten Jahr rechnet Deuss für 2003 mit einem Rückgang von nominal und real 1 Prozent. Verlierer des Jahres seien wiederum die Kauf- und Warenhäuser, gefolgt vom Einzelhandel mit Bekleidung. Auch der Versandhandel habe im Vergleich zum Vorjahr Federn lassen müssen. Vergleichsweise erfolgreich hätten nur der Lebensmittelhandel, der Einzelhandel mit kosmetischen Erzeugnissen und Körperpflegemitteln, mit Spielwaren sowie mit Bau- und Heimwerkerbedarf abgeschnitten. Mit konstanten Preisen habe die Branche insgesamt auch in diesem Jahr wieder deutlich zur allgemeinen Preisstabilität beigetragen.
Die lang anhaltende Umsatzschwäche habe Spuren in der Einzelhandelslandschaft hinterlassen, so Deuss weiter. Der Exitus des mittelständischen Einzelhandels nimmt einen sich beschleunigenden Verlauf. Viele traditionelle, meist inhabergeführte Geschäfte haben in diesem Jahr ihre Türen für immer schließen müssen. Die Zahl der Insolvenzen werde sich bis zum Jahresende auf rd. 4.500 erhöhen, verbunden mit einem Verlust von rd. 30.000 Arbeitsplätzen.
Als Wachstumsverhinderer für die Branche erweise sich immer deutlicher die psychologische Hypothek des kriselnden Arbeitsmarktes. Durch Nachrichten über geplante Entlassungen und Arbeitsplatzverluste in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis verunsichert, hätten es viele Verbraucher vorgezogen, ihre Sparleistung zu erhöhen anstatt im finanziell möglichen Rahmen zu konsumieren.
Für das Jahr 2004 sieht Deuss keine spürbare Belebung des Geschäftes im Einzelhandel. Durch seinen weiterhin sinkenden Anteil an den privaten Konsumausgaben werde sich der Einzelhandel schwer tun, zumindest einen Stillstand seiner Umsatzentwicklung zu erzielen. Deuss: Eine schwarze Null wird seine Probleme zwar nicht lösen, aber sie wäre im Vergleich mit den zurückliegenden Jahren doch immerhin eine Verbesserung. Wir sehen keinen Anlass zur Euphorie, geben aber die Zuversicht nicht auf, dass ein neuerliches Umsatzminus im nächsten Jahr vermieden werden kann.
Voraussetzung für ein Ende der Konsumzurückhaltung sei neben einem spürbaren Abbau der Arbeitslosigkeit und weniger Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, dass die Politik ihre Glaubwürdigkeit wiedergewinne. Die Politik hinterlässt zur Zeit ein Bild des ungeordneten Aktivismus und der Hilflosigkeit. Der sich breit machende Vertrauensverlust ist zu einem großen Teil der Grund für die beklagenswerte Kaufzurückhaltung, richtete Deuss an die Adresse von Regierung und Opposition. Er appellierte an beide Seiten, die vorgezogenen Steuersenkungen in jedem Fall umzusetzen, unabhängig von der Frage, welchen konjunkturellen Impuls sie auslösen und wie sie finanziert werden: Eine Rücknahme des Vorhabens würde das Konsumklima derart stören, dass mit einem deutlichen Einbruch der konsumtiven Nachfrage gerechnet werden müsste.
Auch wenn sich die Bundesregierung inzwischen dazu durchgerungen habe, den Wünschen der Verbraucher zu folgen und das Einkaufen an Samstagen bis 20.00 Uhr zu ermöglichen, bleibe das Thema Ladenschluss auch im nächsten Jahr auf der Tagesordnung, erklärte Deuss. Er gehe davon aus, dass der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde gegen dieses Gesetz stattgegeben wird. Neben der Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen entfielen in einem solchen Fall die im Ladenschlussgesetz enthaltenen Ausnahmen für die Öffnung an Sonn- und Feiertagen. Deuss sprach sich dafür aus, die bisher gewährten Ausnahmen aufrechtzuerhalten, für Bahnhöfe und Flughäfen allerdings mit strikter Beschränkung auf Reisebedarf. Eine Ausdehnung der Sonntags- und Feiertagsöffnung hielt er in Anbetracht der entgegenwirkenden Kräfte für wenig aussichtsreich.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V. (Handelsverband BAG)
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