Eine Stadt macht blau - und alle beteiligen sich
(Berlin) - `Effizienter Klimaschutz als oberste Priorität´ lautet das politische Credo in Tübingen. Seit dem Amtsantritt des grünen Oberbürgermeisters Boris Palmer im Januar 2007 betreibt ganz Tübingen in sämtlichen Bereichen einen umfassenden Klimaschutz, der unter der im Frühjahr 2008 gestarteten Kampagne "Tübingen macht blau - 10 Prozent weniger CO2 bis 2010" rasch großen Zuspruch in der Öffentlichkeit fand. Vorgestellt wurde die erfolgreiche Klimaschutzkampagne von OB Palmer am 31. August in einem von dem "Netzwerk Zukunftsstädte" und dem "Innovators Club" initiierten multimedialen Online-Vortrag. Rund 30 Teilnehmer folgten der Einladung und nutzten die neuartige und effiziente Möglichkeit der Kommunikation.
Die Farbe Blau der Kampagne soll bei den Tübinger Bürgerinnen und Bürgern die Assoziation eines blauen Himmels hervorrufen und damit jedermann zum klimabewussten Handeln im Alltag mobilisieren. Die Stadt nutzt dabei lokale Netzwerke und Institutionen als Bündnispartner, um das Klimaschutzprojekt auf möglichst viele Bereiche auszudehnen. Die Kampagne und die damit einhergehenden Projekte und Aktionen liefern Tipps und Anreize, wie die Menschen ihren persönlichen Beitrag für einen blauen Himmel über Tübingen leisten und gleichzeitig CO2 und Geld sparen können.
Durchgeführt wurde die kostenlose Konferenz mit Hilfe des Kommunikationstools WebEx©. Über einen den registrierten Teilnehmern vorab zugesandten Internetlink gelangten sie automatisch auf die Konferenzseite. Nach dem Einloggen mittels Passwort bekamen alle Beteiligten zunächst die Möglichkeit, sich bei der parallel zum Powerpoint-ähnlichen Vortrag laufenden Telefonkonferenz einzuklinken und so den Erläuterungen des Dozenten zu folgen. Den Zuhörern war es somit auf einfache Art und Weise möglich, sich in ihrer gewohnten Büroumgebung in Ruhe auf die Präsentation zu konzentrieren, die sie auf ihrem Bildschirm unmittelbar mitverfolgen konnten.
Klimaschutz ist in Kommunen ein zentrales Zukunftsthema. Die Städte und Gemeinden sind besonders gefordert, die zur Erfüllung der ehrgeizigen Klimaschutzziele in Deutschland notwendigen Maßnahmen direkt vor Ort umzusetzen. Im Juni 2009 gewann die Universitätsstadt am Neckar mit ihrer innovativen Kampagne in der Kategorie "Erfolgreich umgesetzte, innovative Aktionen zur Beteiligung und Motivation der Bevölkerung bei der Realisierung von Klimaschutzmaßnahmen" als eine unter drei Gewinnern den Bundeswettbewerb "Kommunaler Klimaschutz 2009".
"Bereits 3/4 Viertel der schädlichen Emissionen können lokal kontrolliert werden", stellte Palmer fest. Wie es einzelnen Kommunen gelingt, einen effizienten Klimaschutz zu betreiben, verdeutlichte er im Laufe seines Vortrages an verschieden Projekten, die in Tübingen bereits seit längerem umgesetzt werden und dort zudem auf großen Zuspruch stoßen. Aufgrund der von Palmer postulierten Vorbildfunktion geht die Stadtverwaltung Tübingen mit gutem Beispiel voran, indem schaltbare Steckerleisten an jedem Arbeitsplatz eingeführt und alle herkömmlichen Glühbirnen abgeschafft wurden. Zudem wurde ein Großteil der Dienstwagen gegen Dienstfahrräder getauscht. Der neue Dienstwagen von Oberbürgermeister Boris Palmer ist ein sparsamer Smart mit umweltfreundlichem Hybridantrieb. Ferner wurden zahlreiche Schulen der Stadt energetisch saniert.
Im Jahr 2007 stellte die Stadtverwaltung Tübingen zusätzlich auf 100 Prozent Ökostrom um. Seither habe sich die Anzahl der Ökostromkunden in Tübingen verfünffacht, so dass die 85 000 Einwohnerstadt seit dem Juni 2009 zu den Ökostrom-Spitzenreitern in Deutschland zähle, erläuterte Palmer. Hinzu käme, dass er den Einsatz von Photovoltaikanlangen mit einem eigenen Programm unterstütze und fördere. Mit Hilfe einer grafischen Darstellung veranschaulichte Palmer für alle Konferenzteilnehmer sichtbar den Niederschlag der Aktion, der sich in einer Verdreifachung der installierten Leistung der Stadtwerke Tübingen zeige.
Ein weiteres innovatives Projekt, das OB Palmer während seines 30-minütigen Online-Vortags vorstellte, ist das des "teilAutos", dass von einem Privatunternehmen in Tübingen durchgeführt wird. Den Tübinger teilAuto-Nutzern stehen derzeit über 50 Fahrzeuge an 37 Stationen zur Verfügung. Zielsetzung des Carsharing-Angebotes ist es, dass die Mitglieder auf die Fahrt mit den Privat-PKW verzichten, mit Anderen die vorhandenen Autos effizient nutzen und somit eine erhebliche Menge CO2 einsparen. Für alle Käufer eines Neuwagens wurde hingegen der Tübinger Klimapass eingeführt. Er veranschaulicht dem Käufer, wie viel Mengen CO2 sein Neuwagen ausstößt und dient folglich als Verkaufshilfe für klimafreundliche Neufahrzeuge. Bereits 12 Tübinger Autohäuser beteiligen sich an dem Projekt, so dass auch beim Autokauf immer mehr `blau machen´.
Um Energie zu sparen, werden derzeit viele Tübinger Haushalten mit sogenannten intelligenten Heizungspumpen ausgerüstet. Diese modernen, drehzahlgeregelten Umwälzpumpen passen ihre Leistung laufend dem Heizwärmebedarf an und verbrauchen so bis zu 80 Prozent weniger Energie als herkömmliche Geräte. "Sie sind als eine der Schlüsseltechniken im Haushalt anzusehen, da sie das größte Einsparpotential unter allen großen Elektrogeräten liefern", so Palmer.
Auf den Vortrag folgte eine Fragerunde, in der die Konferenzteilnehmer die Möglichkeit erhielten direkt innerhalb der Telefonkonferenz oder schriftlich per Chat Rückfragen an OB Palmer zu stellen.
Auf die Frage von Talke Herrmann, Dipl.-Ingenieurin für Raum- und Umweltplanung bei der Stadtverwaltung Bad Kreuznach, ob die Tübinger auch über ein Leihfahrradsystem verfügen würden, erklärte Palmer, dass den Bürgern seit kurzem rund 100 Fahrräder zur Nutzung zur Verfügung stünden. Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, interessierte wiederum die konkrete Nutzung des Konjunkturpakets II der Bundesregierung in Tübingen. Die Mittel des Konjunkturpakets flössen ausschließlich in energetisch wirksame Maßnahmen, erläuterte der OB. Die Wirkung des jetzigen Konjunkturimpulses müsse aber zu einer nachhaltigen Entwicklung führen, indem die energetische Sanierung in sämtlichen städtischen Gebäuden und privaten Haushalten weiter vorangetrieben würde.
Arne Lewandowski vom Fachbereich Stadtentwicklung & Zukunftsaufgaben der Stadt Neumünster äußerte gleich mehrere Fragen zu dem Tübinger Klimaschutzprojekt. Wie man die Verwaltung und die Bürgerschaft überhaupt so schnell geschlossen hinter eine Idee bringe und beispielweise die Angestellten der Stadtverwaltung dazu motiviere, die Steckerleisten tatsächlich täglich zu nutzen und auch in anderen Bereichen entsprechend klimabewusst zu agieren. Natürlich sei für die Sicherung der Mitwirkung der Verwaltung sowie der Bürgerschaft eine kontinuierliche Sensibilisierung und Motivierung von Nöten. Dabei setze man einerseits auf die Vorbildfunktion andererseits auf eine sympathische, zielgruppenspezifische Kommunikationsstrategie sowie auf Bürger- und Mitarbeiternähe, antwortete der Tübinger Verwaltungschef.
Im Anschluss an Vortrag und Fragerunde zeigten sich alle Beteiligten äußerst zufrieden mit den Ergebnissen der Online-Konferenz. "Online-Konferenzen eignen sich auch im Sinne des Klimaschutzes sehr gut als Kommunikationsmedium. Wir haben den Vortrag mit drei Mitarbeiterinnen gehört und dadurch Zeit, Kosten und CO2 gespart. Das ist eine gute Öko-Bilanz für diese Veranstaltung.", sagte Gabriele Schaar-v.Römer, Leiterin des Umweltzentrums der Stadt Hanau.
Der nächste Online-Vortrag findet am 05. Oktober 2009 von 14:00 Uhr bis 15:30 Uhr statt. Referentin ist Karin Engelhardt, Online-Managerin der Stadt Coburg, zum Thema "Digitales Stadtgedächtnis Coburg".
Am 04. bis 06. November 2009 treffen sich die Mitglieder des Netzwerk Zukunftsstädte zur nächsten Präsenzveranstaltung in der Deutschen Welle in Bonn, dem 2. Netzwerktag, u. a. zu den Themen Stadtentwicklung, E-Government und Energieeffizienz. Die Veranstaltung wird in Kooperation mit dem Geografischen Institut der Universität Bonn durchgeführt, die derzeit in Friedrichshafen die T-City Begleitforschung betreibt. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen und zum Netzwerk finden sich unter www.netzwerk-zukunftsstaedte.de.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB)
Pressestelle
Marienstr. 6, 12207 Berlin
Telefon: (030) 773070, Telefax: (030) 77307200