DVF zum Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft : Corona hat Handlungsbedarf aufgedeckt - Jetzt für eine krisenfeste Zukunft sorgen
(Berlin) - Am 1. Juli 2020 beginnt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für die nächsten sechs Monate. Der Verband der deutschen Mobilitätswirtschaft Deutsches Verkehrsforum DVF sieht darin eine große Chance für die Bundesregierung die europäische Verkehrspolitik krisenfester zu machen.
"Die Corona-Pandemie hat den größten wirtschaftlichen Schaden seit dem 2. Weltkrieg angerichtet. Sie hat aber auch den Handlungsbedarf in der europäischen Verkehrspolitik deutlich aufgezeigt. Wir wünschen uns von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verstärktes Engagement, den Mobilitätssektor zukunftsfest zu gestalten", sagt DVF-Präsidiumsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner. "Die Pandemie hat offenbart, in welchen Bereichen wir vor enormen Herausforderungen standen. Ich denke da beispielsweise an die Gefährdung unserer Versorgungssicherheit durch unabgestimmte Grenzschließungen oder die Abhängigkeit von bestimmten Lieferketten, die sich auf sehr wenige Produzenten in Drittländern konzentrierte, Stichwort Schutzmasken."
Die wesentlichen Handlungsfelder im Bereich der Mobilität sollten mit Berücksichtigung der Corona-Hilfsmaßnahmen auf folgende Themenschwerpunkte gerichtet sein:
- Transeuropäische Verkehrsnetze ausbauen und modernisieren
- Klimaschutzmaßnahmen umsetzen
- Digitalisierung vorantreiben
- Europäischen Binnenmarkt vollenden
Konkret bedeutet das, die transeuropäischen Verkehrsnetze schneller zu realisieren: "Das TEN-V-Netz ist entscheidend für ein durchgängigen Schienenverkehr in Europa. Dazu müssen technische Hürden beim europäischen Zugsicherungs- und Leitsystem an den Landesgrenzen abgebaut und die digitale automatische Kupplung eingeführt werden. Neben den baulichen Maßnahmen muss sich aber auch rechtlich und regulatorisch der europäische Netzgedanke durchsetzen. Unabgestimmte Grenzschließungen dürfen zukünftig in dieser Form nicht mehr stattfinden", fordert Klinkner.
Hinsichtlich der Klimaziele 2030 sollte nach Ansicht des DVF der Fokus weniger auf einer Verschärfungsdiskussion als vielmehr darauf liegen, wie die Unternehmen darin unterstützt werden können, die Ziele zu erreichen. Zudem sollte darüber nachgedacht werden, das Reduktionsniveau ab 2021 nicht linear ansteigen zu lassen, sondern die technologischen Umsetzungszeiträume besser abzubilden. Dazu müssten die Reduktionsvorgaben bis 2025 moderat, ab 2025 deutlich und nach 2030 nochmals stärker steigen. Dann würde Deutschland auch einen starken Mittelabfluss wegen Nichteinhaltung der CO2-Jahreseinsparmengen vermeiden. "Diese Finanzmittel könnten sinnvoller in die Entwicklung klimafreundlicher Mobilität investiert werden", sagt Klinkner. Außerdem: Die Investitionsanstrengungen, die etwa zur Entwicklung der Wasserstofftechnologie notwendig sind oder aber der Aufbau großer Kapazitäten zur Erzeugung synthetischer Kraftstoffe, müssen im europäischen Verbund erfolgen.
Ein besonders wichtiges Handlungsfeld ist die Digitalisierung: Sie zahlt auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ebenso ein wie auf die Klimaziele. Klinkner: "Zum einen muss der physische Aufbau mit Glasfaser und mobilem Breitband verstärkt werden. Zum anderen erreicht man besonders in der Logistikwirtschaft durch die Digitalisierung der Prozesse enorme Effizienzgewinne, also Vermeidung von Leerfahrten, weniger Staus und bessere Integration innerhalb der jeweiligen Verkehrsträger."
Zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts gehört die Umsetzung einer europäischen Industriepolitik samt einer Strategie für Wasserstoff und E-Fuels, die Unterstützung für den Ausbau einer EU-weit einheitlichen Tank- und Ladeinfrastruktur, die Verwirklichung des Single European Sky und eine internationale Lösung beim Klimaschutz für den Luftverkehr und Seeverkehr. Das europäische Kartellrecht muss sinnvolle Fusionen europäischer Unternehmen ermöglichen, die im globalen Wettbewerb stehen. Angesichts großer internationaler Unternehmenszusammenschlüsse ist dies die einzige Möglichkeit, den Industrie- und Produktionsstandort Europa zu stärken und einen Ausverkauf der europäischen Unternehmen zu verhindern.
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