DVF-Quergedacht: "Mehr Kooperation statt Konfrontation nötig" / BP-Chef Langhoff: "CO2-Preis ist ein Denkanstoß"
(Berlin) - Bei der gestrigen Auftaktveranstaltung zum neuen DVF-Veranstaltungsformat "DVF-Quergedacht" diskutierten Wolfgang Langhoff, DVF-Präsidiumsmitglied und Vorstandsvorsitzender BP Europa SE, und Prof. Dr. Stephan Rammler, Wissenschaftlicher Direktor, IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, über die Folgen der Klimaschutzanforderungen für die Mobilität.
Dabei bewertete BP Europa SE-Chef Langhoff den CO2-Preis als Denkanstoß: "Die Bundesregierung ist vorsichtig in die CO2-Bepreisung eingestiegen. Das ist ein Anfang. Ob eine wesentliche Verhaltensänderung mit diesem Preis erreicht wird, bleibt abzuwarten. Aber die Bundesregierung achtet richtiger Weise darauf, dass die Menschen nicht abgehängt und überfordert werden. Grundsätzlich ist ein CO2-Preis als Anreiz allerdings notwendig, um Energieeffizienz weiter zu verbessern und die Nutzung emissionsärmerer Energieträger wie Erdgas, erneuerbare Energien oder CO2-ärmere Kraftstoffe schneller attraktiver zu machen."
Prof. Dr. Rammler hingegen forderte mehr politischen Gestaltungsmut und die Wiederentdeckung des Primats der Politik. "Unsere automobile Mobilität hat sich innerhalb von 100 Jahren entwickelt. Wir haben aber angesichts des Klimawandels nicht noch einmal so viel Zeit unsere Mobilitätswelt zu verändern. Deshalb brauchen wir eine spürbare und mutige Regulierung der fossilen Mobilität wie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, digitale Sharing-Mobility, Stellplatzverordnung oder CO2-Standards."
Langhoff verteidigte dagegen den Grundsatz "So viel Bindung wie nötig, soviel Freiheit wie möglich" und warnte vor Überregulierung, die Akzeptanz und Innovationskraft koste.
Einig waren sich die Diskutanten darin, dass ein gesamtgesellschaftlicher Konsens nötig sei. Dabei kam das Problem der "kognitiven Dissonanz" (Rammler) zur Sprache: Wenn es um persönliche Interessen und finanziellen Mehraufwand gehe, sei die Bereitschaft zur Verhaltensänderung aber oft gering. Dies gelte sowohl für die Entscheidung beim Autokauf als auch für die Akzeptanz von Schienenausbauprojekten. Es gebe zudem ein tatsächliches Ungleichgewicht bei Mobilitätsangeboten zwischen Stadt und Land. Rammler: "Der Staat muss eine sehr schnelle Nachhaltigkeitstransformation der Mobilität forcieren und dabei eine hohe soziale Ausgewogenheit erzeugen." Dies erfordere massive Investitionen in alternative Infrastrukturen. "Wir erleben den Anfang vom Ende der uns bekannten Mobilität", so Rammler.
Langhoff stimmte zu, dass eine Weiterentwicklung von Mobilität notwendig sei: "Weniger Individualverkehr zugunsten alternativer Modelle vor allem im urbanen Raum - ja! Abschied von individueller Mobilität - nein! Jedoch müssen die Kundenbedürfnisse berücksichtigt werden." Langhoff warnte davor, die batterieelektrische Mobilität als alleinige Lösung anzusehen, vielmehr brauche es eine Diversifizierung der Antriebe. Außerdem müssten die Hürden für E-Fuels abgebaut werden.
DVF-Geschäftsführerin Dr. Heike van Hoorn sah - wie die beiden Diskutanten - auch einen gesellschaftlichen Konfliktstoff zwischen Klimaschutz und Verkehr. "Die klimapolitischen Ziele stehen fest, die Veränderung beginnt, aber das Tempo wird sicher noch erhöht. Die gesellschaftliche Empfindlichkeit beruht auch auf der Ahnung, dass der Klimaschutz uns mehr an Umstellung unserer Lebensgewohnheiten abverlangen könnte, als wir uns das vorstellen möchten."
Einig waren sich alle darin, dass der gesellschaftliche Konsens nur mit mehr Kooperation und weniger Konfrontation hergestellt werden könnte. Das Ausspielen von Stadt und Land, Pendlern und Klimaschützern, "bösen" und "guten" Industrien sei nicht hilfreich.
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