Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

DStGB fordert „Kommunalgipfel“ zur Gemeindefinanzreform / Vorziehen der Steuerreform nicht finanzierbar

(Berlin) - Die Finanzkrise der deutschen Städte und Gemeinden entwickelt sich zur Katastrophe und stellt die Zukunft von lebenswerten Städten und Gemeinden in Frage. Die Bürger werden sich auf einen stetig zunehmenden Verfall von kommunalen Einrichtungen und Leistungsangeboten einstellen müssen. „Wer das ändern will, muss jetzt handeln. Regierung und Opposition müssen gemeinsam mit den Kommunen sofort an einen Tisch, um in einem „Kommunalgipfel“ die Finanzlage der Kommunen ab dem 1.1.2004 nachhaltig und dauerhaft zu verbessern“, sagte der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Oberbürgermeister Christian Schramm, am 1. September vor der Bundespressekonferenz in Berlin.

Die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung zur Gemeindefinanzreform sind völlig unzureichend, um die Kommunen wirklich zu entlasten. Auch ein geschlossenes Konzept der Opposition ist nicht erkennbar. „Wir fordern die Regierung und die Opposition auf, Unterhändler zu benennen, die mit den Kommunen einen Kompromiss vorbereiten, der in einem Kommunalgipfel nach der Landtagswahl in Bayern beschlossen werden muss“, sagte Schramm.

Wir können im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr bis zum ungewissen Ausgang eines Vermittlungsverfahren warten. Die Städte und Gemeinden brauchen jetzt Planungssicherheit für die Aufstellung der Haushalte, für die notwendigen Investitionen für bessere Schulen, Wege und Plätze. Auch der Mittelstand wartet dringend auf zusätzliche kommunale Investitionen, um wieder Arbeitsplätze schaffen zu können.

„Die Bürgerinnen und Bürger sind es leid, von der Politik immer neue Erklärungen zu hören, ohne das endlich gehandelt wird. Sollte es deshalb kurzfristig nicht zu einer für die Städte und Gemeinden akzeptablen Lösung kommen, werden wir im Herbst Proteste der Bürger und Kommunen in ganz Deutschland mobilisieren und nach Berlin tragen“, sagte Schramm weiter.

Vor Ort werden unsere Bürgermeister den Menschen erklären, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass unser öffentliches Leistungsangebot immer weiter verfällt und das Gemeinwesen in die Krise treibt. Die Finanzkrise der Kommunen ist weit mehr als nur eine vorübergehende Erscheinung. Bund und Länder haben in den vergangenen Jahren durch immer mehr Aufgabenübertragungen ohne finanzielle Leistungen die Städte und Gemeinden systematisch ausgesaugt. Eine Gesellschaft, die sich nur entmündigte Städte und Gemeinden leistet, zerstört das Engagement der Bürger für das Gemeinwesen. Ohne Gestaltungsspielräume werden die Kommunen handlungsunfähig und zu reinen Ausführungsorganen des Staates. „Unser bewährtes Gesellschaftsmodell wird ohne Grund aufs Spiel gesetzt“, sagte Schramm.

Im Gegenteil: Die Gewerbesteuer wird zu einer reinen Gewinnsteuer degradiert, ihre Konjunkturanfälligkeit damit weiter erhöht und damit für die Kommunen zu einer nicht kalkulierbaren Einnahmequelle. Der Verzicht auf die Einbeziehung von ertragsunabhängigen Komponenten, wie Mieten, Pachten und Leasingraten macht die Steuer für die Kommunen „geradezu wertlos“. „Hierauf werden wir uns nicht einlassen“, sagte Roland Schäfer, Erster Vizepräsident und Bürgermeister der Stadt Bergkamen.

Die Kapitalgesellschaften werden durch die Vorschläge der Bundesregierung zur Reform der Gemeindefinanzen um fast 3,5 Milliarden Euro bei der Gewerbesteuer entlastet. „Es kann nicht sein, das die Städte und Gemeinden zugunsten der Großunternehmen immer weiter finanziell ausbluten“, sagte Schäfer. Auch die Kapitalgesellschaften nehmen die Infrastruktur der Gemeinden in Anspruch und müssen daher ihren Beitrag zur Mitfinanzierung leisten.

Dass die von der Bundesregierung jetzt vorgesehene Reform ein „Etikettenschwindel“ ist, zeigen folgende Zahlen: Der Vorschlag des DStGB zu einer Modernisierung der Gewerbesteuer brächte die Kommunen zusätzliche 3,8 Mrd. Euro im Jahr. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verzichtet dagegen weitgehend auf einer stärkeren Beteiligung der Wirtschaft. Denn von den ihm Regierungsentwurf genannten 2,5 Mrd. Euro zusätzlicher Einnahmen stammen allein 1,9 Mrd. Euro aus einer höheren Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer.

„Das Vorziehen der Steuerreform ist nicht finanzierbar“, sagte Schäfer. Allein die Kommunen würden dadurch im Jahre 2004 mit 3,5 Milliarden Euro durch Steuermindereinnahmen und durch geringere Zuweisungen der Länder zusätzlich belastet. Es ist schon bemerkenswert, dass die Bundesregierung offenbar bereit ist, durch erhebliche Neuverschuldung die Mindereinnahmen des Bundes in Höhe von 7 Milliarden Euro zu kompensieren, auf der anderen Seite aber die Kommunen im Regen stehen lassen will.

Das Ziel des Vorziehens der Steuerreform, einen Beitrag zur Belebung der Konjunktur zu leisten, wird von vornherein konterkariert, weil die Städte und Gemeinden ihre Investitionen noch weiter zurückfahren müssten. Die Freude der Bürger über geringere Steuern müsste am Ende mit einer Einbuße an Lebensqualität bei Schulen, Wegen, Plätzen und Jugendarbeit der Kultur- und Vereinsförderung bitter bezahlt werden.

Die Kommunen haben auch nicht die Möglichkeit, wie der Bund Aktienpakete zu verkaufen und dadurch einen Teil der Verluste auszugleichen. Verlierer wäre einmal mehr der Mittelstand, der dringend auf die kommunalen Investitionen wartet um endlich wieder Arbeitsplätze schaffen zu können. Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen die Finanzierung des Vorziehens der Steuerreform mit weiteren Schulden unserer Kinder und Kindeskinder mit den Grundsätzen einer nachhaltigen Finanzpolitik nicht vereinbar.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Marienstr. 6, 12207 Berlin Telefon: 030/773070, Telefax: 030/77307200

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