Dr. Baumgärtner kritisiert scharf "perfide Kampagne" der Krankenkassen
(Stuttgart) - In aller Schärfe kritisiert Dr. med. Werner Baumgärtner, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg die bundesweite Kampagne der Gesetzlichen Krankenkassen unter dem Motto Schluss mit den Märchen. Es ist perfide, dass die Kassen heute behaupten, es stehe für die medizinische Versorgung der Patienten ausreichend Geld zur Verfügung, nachdem sie mit der Begründung, dass ohne Einschränkungen die medizinische Versorgung eben nicht aufrecht erhalten werden kann, erst vor kurzem mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Bundgesundheitsministerium ein Aktionsprogramm zur Einhaltung des Arznei- und Heilmittelbudgets vereinbart haben.
Vor diesem Hintergrund kann Dr. Baumgärtner nur den Kopf darüber schütteln, dass die Kassen jetzt öffentlich behaupten, das Arzneimittelbudget sei üppig bemessen. Dies ist blanker Unsinn!"
Das Arznei-, Verband- und Heilmittelbudget umfasst den maximalen Geldbetrag, der für Arznei-, Verband- und Heilmittel für Patienten. die bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, pro Jahr zur Verfügung steht 1999 wird aufgrund der gesetzlichen Budgetvorgaben für Arznei- und Heilmittel weniger Geld zur Verf0gung stehen als 1998. Tatsache ist, dass die nordwürttembergischen Ärzte das 1999er-Budget um ca. 130 Millionen Mark überschreiten werden, wenn 1999 genauso viel verordnet wird wie 1998.
Krankenkassen setzen völlig falsche Signale
"Selbst bei konsequenter Anwendung des Aktionsprogramms ist es fraglich, ob wir eine Budgetüberschreitung vermeiden können. Die Kassen, die dem Aktionsprogramm ausdrücklich zugestimmt haben, setzen mit ihrer Kampagne nun völlig falsche Signale und animieren die Patienten geradezu, Medikamente bei ihrem Arzt einzufordern, so Dr. Baumgärtner.
Das Aktionsprogramm sieht unter anderem die konsequente Umstellung der Arzneimittelverordnungen auf preiswerte Generika (= wirkstoffidentische, preiswerte Nachahmerpräparate wichtiger Fertigarzneimittel, deren Patentschutz abgelaufen ist) vor sowie die stringente Umsetzung von Vorordnungseinschränkungen bei sogenannten Bagatell-Arzneimitteln (wie z.B. Erkältungsmittel, Abführmittel usw.). "Angesichts der Kollektivhaftung der Ärzte in Form des Honorarabzugs bei Überschreitung des Arzneimittelbudgets darf die Verordnung von Generika kein Tabu sein", so Dr. Baumgärtner. Die größte Einsparung sei jedoch dadurch zu erzielen, indem ein Arzneimittel, welches zur Heilung oder Linderung von Krankheitsbeschwerden nicht zwingend notwendig ist, gar nicht erst verordnet wird.
Budgetierung trifft in erster Linie die Patienten
Es sei davon auszugehen, dass die Patienten die Veränderungen bereits spüren, so der KV-Chef. Die Budgetierung im Arznei- und Heilmittelbereich treffe ganz direkt in erster Linie die Patienten, "weil diese Begrenzung nicht auf medizinischer Notwendigkeit beruht, sondern auf wirtschaftlichen Zwängen". Die Aufgeregtheit der politisch Verantwortlichen zeige, dass diese sich mit politischen Parolen aus der Verantwortung stehlen wollen (z.B. Ihre medizinische Versorgung ist gesichert). "Kein Patient möchte, dass sein behandelnder Arzt die für die Behandlung notwendigen Medikamente aus der eigenen Tasche bezahlt - im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen."
Notprogramm für Nordwürttemberg
Sollte das von Ärztevertretern, Krankenkassen und Bundesgesundheitsministerin verabschiedete Aktionsprogramm eine Budgetüberschreitung nicht verhindern, wird der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg auf regionaler Ebene ein noch drastischeres Notprogramm realisieren, das Empfehlungen enthalten wird, wie bei ausgeschöpftem Budget für Arznei, Verband- und Heilmittel die unbedingt notwendige Versorgung der Patienten sichergestellt und Panikreaktionen im Zusammenhang mit einem zu befürchtenden Zusammenbruch der Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln vermieden werden können.
Quelle und Kontaktadresse:
Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg e.V.
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