DPolG-Forderungskatalog nach Terroranschlägen
(Berlin) - Die Terroranschläge in den USA haben ihre sicherheitsrelevanten Auswirkungen auch in Deutschland und Europa, was schnelles politisches Handeln erfordert. Die DPolG begrüßt und unterstützt deshalb die in diesem Zusammenhang bislang von der Bundesregierung und von der IMK beschlossenen Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung terroristischer Bedrohung ebenso wie die Novellierung des Vereinsgesetzes zur besseren Bekämpfung des religiös motivierten Extremismus. Dessen ungeachtet hat die DPolG dem Bundesinnenminister einen Maßnahmekatalog unterbreitet, der ergänzend bzw. zusätzlich politisch aufgegriffen und vollzogen werden muss:
Stärkung der Nachrichtendienste
Die insbesondere seit dem Zusammenbruch des Weltkommunismus politisch gewollte und vollzogene personelle Ausdünnung der "Dienste" war Fachleute haben immer davor gewarnt sicherheitspolitisch falsch. Es kommt angesichts der voraussichtlich langfristigen terroristischen Bedrohung nunmehr entscheidend darauf an, den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz personell wieder in die Lage zu versetzen, den Herausforderungen bestmöglich gerecht zu werden. Gleiches gilt selbstverständlich für die entsprechenden Sicherheitsbehörden in den Ländern. Die Zusammenarbeit dieser Sicherheitsbehörden untereinander und insbesondere mit der Polizei muss intensiviert, die jeweiligen Erkenntnisse dürfen nicht durch übertriebene datenschutzrechtliche Bestimmungen und deren manchmal grotesken Auslegungen lahm gelegt werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hier im Datenaustausch bei ausländischen Mitbürgern.
Personelle Aufstockung des BGS und Modernisierung der Sachausstattung
Die neue Lage bringt gerade für geschlossene Verbände in großem Ausmaß neue Aufgaben. Diese Aufgaben bedingen zusätzliches Personal, das mit moderner Technik und funktionstüchtigem Gerät ausgestattet sein muss. Als besonders dringlich nennen wir in diesem Zusammenhang die Einführung eines bundesweit einheitlichen digitalen Sprech- und Datenfunksystems. Auf dem Personalsektor wiederholen wir unsere Forderung nach kurzfristiger Einstellung von mindestens 2000 Dienstanfängern beim BGS.
Personenkontrollen auf den Flughäfen durch den BGS
Privatisierungen im Bereich der Inneren Sicherheit waren und sind sicherheitspolitisch ein Irrweg. Dies gilt auch für die Übertragung der Personenkontrollen auf Flughäfen. Fluggastkontrollen müssen wieder in den Hoheitsbereich des Staates, nämlich auf Beschäftigte des Bundesgrenzschutzes zurück verlagert werden. Im Interesse der Flugsicherheit genügt es nicht, künftig verstärkt persönliche Sicherheitsüberprüfungen der Beschäftigten privater Sicherheitsunternehmen vorzunehmen. Die Einstellungspraxis und die Personalpolitik dieser betriebswirtschaftlich gewinnorientierten Unternehmen wird auch künftig eine kontraproduktive Personalfluktuation nicht verhindern können. Sicherheit und Gewinnmaxime schließen sich gegenseitig aus.
Aufstockung der Bundeszuschüsse an die Bereitschaftspolizeien der Länder
Nicht nur die gegenwärtige Sicherheitslage, auch die Erfahrungen aus Großeinsätzen der letzten Jahre haben den Beweis erbracht, dass die Personalstärken der Bereitschaftspolizeien der Länder wieder auf früheren Standart gebracht werden müssen. Dies ist erforderlich, um erfahrene, auf einander abgestimmte Einheiten nicht durch ad hoc zusammengewürfelte Einzeldienstbeamte ersetzen zu müssen. Diese Personalausstattung ist zwar Aufgabe der Länder. Die dem Bund obliegende Sachausstattung liegt seit langem im Argen. Sie muss bei der derzeitigen Sicherheitslage unverzüglich "nachgerüstet" werden. Wir halten zu diesem Zweck die Bereitstellung von 50 Millionen DM/Jahr für unverzichtbar.
Einsatz der Bundeswehr
Die Anwendung des Art. 80a GG hält die DPolG zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht gegeben. Wir haben in Deutschland weder einen Verteidigungsfall noch hat der Deutsche Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt. Wir lehnen deshalb den Einsatz der Bundeswehr im Bereich der Inneren Sicherheit schon aus Verfassungsgründen vom Grundsatz her ab. Fehlende Polizeikräfte lassen sich nicht durch den Einsatz von Soldaten ersetzen.
Wiedereinführung der sog. Rasterfahndung
Die vom Bundeskriminalamt zu Zeiten des RAF-Terrorismus eingeführte und angewandte Rasterfahndung hat sich seinerzeit bewährt. Dieses Instrumentarium eines technischen Datenabgleichs bestimmter Personengruppen ist nach unserer Überzeugung ein geeignetes Mittel im Kampf gegen internationalen Terrorismus.
Optische Beweissicherung
Die im Kampf gegen die organisierte Kriminalität bislang nicht zugelassene optische Beweissicherung würde im Kampf gegen Terrorismus andere Maßnahmen wie z. B. die Rasterfahndung wirkungsvoll ergänzen. Wir schlagen deshalb vor, diese technische Möglichkeit auf die Terroristenbekämpfung anzuwenden.
Verschiebung der Castor-Transporte
Die Polizeien des Bundes und der Länder sind infolge der aktuellen Sicherheitslage und der daraus resultierenden zusätzlichen Aufgabenwahrnehmungen so sehr belastet, dass die normale Aufgabenerfüllung zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger und zur Bekämpfung der Alltagskriminalität bereits darunter leidet. Hinzu kommen in steigender Intensität Aufgaben im Zusammenhang mit der Euro-Einführung. Es ist deshalb personalmäßig nicht mehr verkraftbar, mit rd. 25.000 Einsatzkräften die anstehenden Castor-Transporte zu sichern. Wir mahnen an, die Polizeikräfte nicht über Monate hinweg physisch und psychisch zu überfordern. Aus diesem Grund fordern wir, die anstehenden Castor-Transporte in das Jahr 2002 zu verschieben.
Sonstige Maßnahmen
Wir plädieren für die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung, erinnern an unsere im Zusammenhang mit der oK-Bekämpfung erhobene Forderung nach Beweislastumkehr bei Geldwäscheverdacht und mahnen eine überfällige Intensivierung und Harmonisierung einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden an.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB (DPoIG)
Friedrichstr. 169/170
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Telefon: 030/47378123
Telefax: 030/47378125