DLRK 2023: Die Raumfahrt zwischen Innovation und Nachhaltigkeit
(Bonn) - Die Raumfahrt ist in Bewegung. Neben den staatlichen Organisationen und etablierten Unternehmen mischen immer mehr Start-ups mit - und deren Pläne werden langsam konkret. Gleichzeitig wird auch hier immer mehr auf Nachhaltigkeit gesetzt.
Wie sich das in Einklang bringen lässt, ist Gegenstand des 72. Deutschen Luft- und Raumfahrtkongresses (DLRK) im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Die mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmenden sowie über 450 Vorträge und Poster spiegeln das große Interesse und rasante Wachstum innerhalb der Branche wider. Um aktuelle Entwicklungen und neueste Ansätze auf dem Gebiet zu besprechen, treffen sich Expertinnen und Experten vom 19. bis 21. September 2023 auf dem größten wissenschaftlich-technischen Networking-Event der Luft- und Raumfahrtbranche Deutschlands zum Austausch. Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) bringt jährlich etablierte Wissenschaftlerinnen und Ingenieure sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs zusammen.
Raumfahrt im Klimawandel
In den Diskussionen um Klimawandel und Nachhaltigkeit nimmt die Raumfahrt eine zentrale Position ein. Daten von Satelliten tragen dazu bei, die Situation auf der Erde flächendeckend zu erfassen und Änderungen in Wald- oder Eisflächen kontinuierlich zu verfolgen. Gleichzeitig starten immer mehr Satelliten, um diese Daten weiter zu ergänzen oder auch ein flächendeckendes Internet zu ermöglichen. Die aktuellen Steigerungsraten der Raumfahrtaktivitäten geben aber auch Anlass zur Sorge: Wird die Raumfahrt auch zukünftig einen Beitrag zum Verständnis und somit zur Lösung der Klimaproblematik liefern oder besteht die Gefahr, dass sie selbst ein Teil des Problems wird? Wie agiert die Branche diesbezüglich, welche Maßnahmen werden ergriffen, welche sind vordringlich? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Industrie, Agenturen und Wissenschaft. Moderiert von Prof. Dr. Stefanos Fasoulas, Universität Stuttgart, werden René Kleeßen, Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Dr. Rolf Densing, Europäische Weltraumorganisation ESA, Dr. Gerald Hagemann, ArianeGroup, sowie Prof. Dr. Anja Schmidt, DLR, über Probleme und Lösungen diskutieren. Ansätze sind Konzepte für Weltraumlogistik sowie neue Technologien, unter anderem zur Bahnvermessung. Unter dem Thema "Space Traffic Management" werden zum Beispiel Ideen diskutiert, um Kollisionswahrscheinlichkeiten zu reduzieren und Ausweichmanöver genauer berechnen zu können.
Die Nachhaltigkeit in der Raumfahrt fängt bereits in der Entwicklung und Produktion an. In seinem Plenarvortrag spricht Ralph Schmid von Tesat-Spacecom über die "Raumfahrt im Wandel: Innovative und nachhaltige Fertigung". So arbeitet Tesat an diversen Technologien, um Bauteile oder ganze Systeme kompakter und leichter zu konzipieren und herzustellen - denn in der Raumfahrt zählt jedes Kilo, das befördert werden muss.
Einer der Satelliten, der zu unserem Wissen über den Klimawandel auf der Erde beiträgt, ist EnMAP. Der am 1. April 2022 gestartete Satellit macht sich die Hyperspektraltechnologie zunutze. Mithilfe der abbildenden Spektroskopie wird ein großer, weit über das sichtbare Licht hinausgehender Wellenlängenbereich des von der Erde reflektierten Sonnenlichts mit vielen aneinandergereihten, schmalen Kanälen bildlich aufgezeichnet. Diese vielkanaligen Bilder beinhalten eine Reihe an Informationen, die bei entsprechender Weiterverarbeitung genau identifiziert werden können. So lassen sich zum Beispiel Minerale in Gesteinen und Böden, Vegetationsbestandteile und -zustände sowie Wasserinhaltsstoffe erfassen und bestimmen. In ihrem Plenarvortrag blickt Dr. Anke Schickling vom DLR auf das erste Jahr des deutschen Satelliten im Orbit zurück und gibt einen Überblick über Anwendungsbereiche und Erkenntnisse.
Raumtransport, Antriebe und Co.
Neben Entwicklung und Betrieb von Satelliten ist beim DLRK 2023 auch der Transport von Missionen ins All von zentraler Bedeutung. Hier passiert gerade insbesondere in Deutschland und Europa viel. Mit dem Erststart der Ariane 6 soll Anfang 2024 der europäische Zugang zum All gesichert werden. Gleichzeitig sind für dieses und nächstes Jahr die ersten Starts von mehreren deutschen Microlaunchern angekündigt. Wo diese zukünftig starten könnten, darum geht es unter anderem bei der Sondersitzung "Nationaler und lokaler Zugang zum Weltraum". Hier sollen verschiedene Missionsszenarien einschließlich der Integration des sicheren Startbetriebs in den Luft- und über dem Seeraum diskutiert werden - zum Beispiel von Offshore-Plattformen, von europäischen Startplätzen oder mit einem Luftstart (Airlaunch).
Neben den Möglichkeiten für einen Startort innerhalb Europas wird auch weiter an neuen Möglichkeiten für Raumfahrtantriebe geforscht. Von der Grundlagenforschung bis zur Technologiedemonstration werden innerhalb der Themenbereiche Raumfahrtantriebe und Antriebssysteme auf dem DLRK beispielsweise alternative Treibstoffe oder Treibstoffkombinationen vorgestellt und diskutiert. Weitere Themen sind unter anderem die zukunftsfähige Raumfahrt, Exploration, Innovation oder auch die Kommerzialisierung. Insgesamt befassen sich 21 verschiedene Sitzungen mit Themen aus der Raumfahrt.
Neue Technologien zwischen Luft- und Raumfahrt
Dazu kommen 28 weitere Sitzungen, die sich mit Themen aus dem Querschnittsbereich zwischen Luftfahrt und Raumfahrt beschäftigen, wie zum Beispiel die Sondersitzung zum "serviceorientierten Datenmanagement". Denn ein strategisches Datenmanagement trägt in unterschiedlichen Branchen zur Lösung anspruchsvoller Herausforderungen bei. Ob als Werkzeugkasten in der Flugzeugfertigung, als Workflow im Auswerteprozess bei Satellitenmissionen oder als Organisationsmodell im vertrauensvollen Datenaustausch zwischen Wirtschaft und Forschung.
Bei den Sitzungen zu Avionik und Missionstechnologien werden in verschiedenen Vorträgen Fragestellungen der Digitalisierung und Automatisierung in der Luft- und Raumfahrt adressiert. Im Bereich der Werkstoffe liegt beim DLRK 2023 ein besonderer Fokus auf Struktur-, Material- und Prozesstechnologien für "Zero Emission” sowie auf Nachhaltigkeit im Lebenszyklus. Dabei geht es konkret um die Anwendung und Lagerung von Wasserstoff oder die Optimierung aeroelastischer Strukturen für den Flug.
Das DLRK-Vortragsprogramm wird ergänzt durch zwei große Posterausstellungen, die Platz für noch mehr Themen und Diskussionsmöglichkeiten über neuste Technologien bieten
Quelle und Kontaktadresse:
(DGLR) Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-Oberth e.V., Alisa Griebler, Kommunikation,
Godesberger Allee 70, 53175 Bonn
Telefon: (0228) 308050, Fax: (0228) 3080524