djb fordert Ende des Ehegattensplittings
(Berlin) - Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat gemeinsam mit dem Netzwerk Steuergerechtigkeit ein Themenpapier zur Reform der Ehegattenbesteuerung veröffentlicht und den zuständigen Verhandler*innen der CDU/CSU und SPD in den laufenden Koalitionsgesprächen übermittelt. Die Botschaft ist eindeutig: Das Ehegattensplitting ist ein Relikt vergangener Jahrzehnte, das finanzielle Fehlanreize setzt und insbesondere Frauen benachteiligt.
„Die Gleichstellung von Frauen und Männern darf nicht länger durch ein Steuersystem ausgebremst werden, das traditionelle Rollenbilder verfestigt. Wir brauchen eine moderne, familienfreundliche Besteuerung, die wirtschaftliche Eigenständigkeit fördert und Fachkräftepotenziale erschließt“, erklärt die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder.
Das Ehegattensplitting bevorzugt Haushalte mit einem Alleinverdienenden – insbesondere in höheren Einkommensgruppen – und setzt starke Anreize für Zweitverdienende, ihre Erwerbstätigkeit einzuschränken oder ganz aufzugeben. In Deutschland betrifft dies vor allem Frauen, die überdurchschnittlich oft in Teilzeit arbeiten. Die Folgen sind gravierend: finanzielle Abhängigkeit, geringere Karrierechancen und ein erhöhtes Risiko von Altersarmut. Gleichzeitig kostet das Ehegattensplitting den Staat jährlich rund 25 Milliarden Euro. Die bestehende Regelung benachteiligt nicht nur viele Familienmodelle, sondern steht auch im Widerspruch zu gleichstellungspolitischen Zielen der Bundesregierung und internationalen Empfehlungen, etwa von OECD und Europäischer Kommission.
Der djb und das Netzwerk Steuergerechtigkeit fordern daher eine schrittweise Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag. Diese Reform würde insbesondere Frauen stärken und wirtschaftliche Eigenständigkeit in Partnerschaften fördern. Ein erster notwendiger Schritt ist die sofortige Abschaffung der Steuerklassen III und V. Zudem sollte das Splitting auf einen maximalen Übertragungsbetrag begrenzt und Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse überführt werden. Die durch die Reform frei werdenden Mittel sollten gezielt in den Ausbau von Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur investiert werden.
„Die Modernisierung der Ehegattenbesteuerung ist überfällig. Eine schrittweise Umstellung auf Individualbesteuerung würde nicht nur die Gleichstellung voranbringen, sondern auch den Fachkräftemangel abmildern“, betont Prof. Dr. Susanne Dern, Vorsitzende der djb-Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich. Der djb fordert die politischen Entscheidungstragenden auf, die Weichen für ein gerechteres Steuersystem zu stellen – eines, das die Vielfalt moderner Familienmodelle anerkennt und Frauen in ihrer wirtschaftlichen Eigenständigkeit stärkt.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb), Kronenstr. 73, 10117 Berlin, Telefon: 030 443270-0
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