Digitale Auto-Cockpits: Hoher Nutzen, hohes Risiko
(Berlin) - TÜV-Verband Umfrage: Für eine Mehrheit der Autobesitzer:innen erleichtern digitale Funktionen das Fahren. Gut jede:r Zweite empfindet die Systeme als ablenkend. Straßenverkehrsordnung erlaubt nur einen kurzen Blick auf die Displays. Hersteller in der Pflicht, die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. TÜV-Verband gibt Tipps für die sichere Nutzung digitaler Cockpits.
Digitale Cockpits und Displays im Fahrzeug revolutionieren das Fahrerlebnis mit Funktionen wie Parkplatzsuche, Echtzeit-Verkehrsinformationen oder Entertainment-Angeboten. Von den Autofahrenden wird der Nutzen digitaler Funktionen überwiegend positiv bewertet: 72 Prozent der Autobesitzer:innen stimmen der Aussage zu, dass digitale Fahrfunktionen ihnen das Fahren erleichtern. Besonders beliebt sind diese Funktionen bei jungen Millennials: Hier liegt die Zustimmung bei 75 Prozent. Dagegen empfinden in der älteren Baby-Boomer-Generation nur 66 Prozent digitale Funktionen als nützlich. Das hat eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren ergeben.
"Digitale Darstellungen und Funktionen bieten Autofahrern handfeste Vorteile, insbesondere bei der Navigation und der Bewältigung der Fahraufgabe", sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. Die Anzeige minutengenauer Staumeldungen, freier Parkplätze, Tankstellen oder Zapfsäulen sowie die Erweiterung des Sichtfeldes und die Kontrolle der Fahrzeugumgebung erleichtere das Fahren und verringere unnötigen Verkehr.
Zu den Vorteilen gehören auch Personalisierungsoptionen aller Anzeige- und Multimediafunktionen. Hochauflösende Displays sorgen für klare und deutliche Anzeigen, die auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen gut lesbar sind. Darüber hinaus ermöglichen sie eine bessere Integration von Fahrassistenzsystemen, Infotainmentsystemen und externen Geräten wie Smartphones und Tablets, die dem Fahrer zusätzlichen Komfort bieten.
Digitale Fahrzeugfunktionen: Nützliche Helfer oder riskante Ablenkung?
"Digitale Cockpits bergen die Gefahr, Autofahrer mit Informationen zu überfrachten und diese vom Verkehrsgeschehen abzulenken", sagt Goebelt. Laut den Ergebnissen der Umfrage empfinden 40 Prozent der Autobesitzer die Bedienung der digitalen Funktionen als sehr kompliziert. Die Schwierigkeiten nehmen mit dem Alter zu. Während lediglich 28 Prozent aller 16- bis 24-Jährigen über Probleme mit der Bedienung klagen, sind es bei den über 66-Jährigen immerhin 44 Prozent. Gut die Hälfte der Autobesitzer:innen (53 Prozent) gibt an, dass die Bedienung digitaler Funktionen sie während der Fahrt zu sehr ablenkt. "Digitale Funktionen sind heute so präsent, dass die Fahrer kaum an deren Nutzung vorbeikommen", sagt Goebelt. "Während einer Autofahrt kann die Ablenkung von der Fahraufgabe durch die Bedienung der Systeme aber sehr gefährlich sein." Laut der TÜV Mobility Studie teilen die Bürger:innen diese Einschätzung: Ablenkungen, wie zum Beispiel die Handy-Nutzung am Steuer, werden von fast allen als Sicherheitsrisiko (94 Prozent) angesehen. Davon halten 51 Prozent Ablenkung für sehr gefährlich und 43 Prozent für eher gefährlich. Goebelt: "Im Idealfall werden zentrale Handy-Funktionen in das digitale Cockpit integriert und sind so einfach zu bedienen, dass sie die Fahrer so wenig wie möglich ablenken." Bei vielen neueren Fahrzeugmodellen sind Knöpfe und Tasten zugunsten flacher Displays aus den Cockpits gewichen. "Die Hersteller sind gefordert, auf intuitive Designkonzepte zu setzen, die eine einfache und schnelle Bedienung ermöglichen", sagt Goebelt. "Die Verwendung von Sprachsteuerung und haptischem Feedback kann helfen, die Notwendigkeit visueller Interaktion zu reduzieren und damit die Ablenkung zu minimieren."
Digitale Displays: Was ist während der Fahrt erlaubt?
Seit dem Jahr 2017 regelt die Straßenverkehrsordnung die Verwendung aller elektronischen Geräte und fest verbauten Bildschirme wie Navigationssysteme und Touchscreens. Diese dürfen während der Fahrt nur genutzt werden, wenn sie dafür nicht mit der Hand aufgenommen oder gehalten werden müssen und eine "kurze Blickzuwendung" ausreicht. Bei längerer Ablenkung drohen Bußgelder. Gleiches gilt für Handys und Tablet-PCs, sofern sie sich in einer Halterung befinden. Bei der Anbringung von Halterungssystemen ist auf das erforderliche Sichtfeld und die Nichtbeeinträchtigung von Airbags und anderen sicherheitsrelevanten Bedienelementen (Notblinker etc.) zu achten. Nähere Details sind dem Merkblatt des TÜV-Verbands zu entnehmen: "Nachrüstungen von Halterungen für fahrzeuginterne Informations- und Kommunikationssysteme".
Tipps für den Umgang mit digitalen Funktionen während der Fahrt
Für eine sichere Fahrt ist entscheidend, wie vertraut die Nutzer:innen mit dem digitalen Cockpit sind und dass sie sich nicht überschätzen. Vorab lohnt es sich daher, sich intensiv mit der Menüführung des Gerätes auseinanderzusetzen, um schneller und ohne lange Blickabwendung die erforderlichen Einstellungen vorzunehmen. Die TÜV-Tipps für einen sicheren Umgang mit dem digitalen Cockpit während der Fahrt:
- Vor der Fahrt: Die Routenführung des Navigationssystems, den Radiosender oder die Musikauswahl vor Fahrtantritt einrichten.
- Übung macht den Meister: Machen Sie sich mit den Funktionen Ihres Fahrzeugs vertraut und üben Sie - sofern vorhanden - mit der Sprachsteuerung, um die Nutzung von Touchscreens während der Fahrt zu vermeiden.
- Bei Bedarf anhalten: Ist eine längere Blickzuwendung erforderlich, auf die Touchscreen-Bedienung verzichten und an einer zulässigen Stelle wie einem Parkplatz oder einer Raststätte anhalten.
- Beifahrer:innen notwendige Einstellungen vornehmen lassen.
Den vollständigen Bericht der TÜV Mobility Studie ist abrufbar unter www.tuev-verband.de/studien/tuev-mobility-studie-2024
Methodik-Hinweis: Grundlage der Studienergebnisse ist eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren.
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