"Die Welt wird multipolarer" / Peer Steinbrück spricht zum Abschluss des 27. Deutschen Logistik-Kongresses
(Berlin) - Mit dem Gastvortrag von Bundesminister a. D. Peer Steinbrück schloss am Freitag (22. Oktober 2010) der 27. Deutsche Logistik-Kongress der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Rund 3.500 Teilnehmer und 210 Aussteller in der begleitenden Fachausstellung kamen zu der Veranstaltung, die sich damit wieder auf dem Niveau des Rekordjahres 2008 bewegte. Der Kongress stand unter dem Motto "Intelligent wachsen".
Nach Überzeugung von Steinbrück ist die Globalisierung irreversibel und wird fortschreiten. Ob allerdings Europa weiter in der Champions League spielen werde, sei nicht entschieden. Risiken sieht Steinbrück dabei vor allem im Währungsbereich. "Würde der Euro gesprengt, so würde die europäische Integration bis zu 20 Jahre zurückgeworfen. Der Wohlstand der Welt würde neu verteilt", so der frühere Bundesfinanzminister.
Als zweite Risikoquelle beleuchtete Steinbrück das Verhältnis zwischen den USA und China, das er als symbiotische Beziehung bezeichnete. Im Moment brauchen die beiden großen Player einander. Aber: "Wie stellen sich die Chinesen auf? Werden sie ihre Anlagestrategien überdenken?", fragt Steinbrück. Er wies darauf hin, dass derzeit die Rohstoffclaims insbesondere durch China neu abgesteckt werden - vielfach mit dem Ausbau der Infrastruktur oder sonstigen Bauprojekten als Gegenleistung für die Rohstofflieferanten. Dies alles geschehe in einer Zeit, "in der Europa nicht in Bestform ist". Steinbrück nannte als Handlungsfelder den ökonomischen, den demographischen und den gesellschaftlichen Wandel. Diesen Herausforderungen müssten sich Deutschland und Europa stellen, um angesichts der enorm dynamischen Entwicklung in Südamerika und Teilen Asiens auf Erfolgskurs zu bleiben.
Wege zu intelligentem Wachstum
Die Ausführungen Steinbrücks schlossen den Kreis der Vorträge und Diskussionen während des dreitägigen Kongresses. Bald schon könnte gemäß Prognosen des Fraunhofer SCS im Wirtschaftsbereich Logistik wieder ein Umsatzniveau wie vor der Krise erreicht sein. Euphorie ist allerdings nicht angesagt, die Manager sind vorsichtiger geworden. Das zeigte sich in Berlin bei einer Podiumsdiskussion. Die Wachstumsstrategien seien vor der Krise in einigen Fällen nicht besonders gut überlegt gewesen. "Nun haben viele Betriebe gelernt, sich für schwierige Zeiten zu rüsten", sagte Dachser-Chef Bernhard Simon. "Ich nehme nicht an, dass es noch mal zu einem solchen Dominoeffekt kommen wird." Allerdings will sich nicht jeder darauf verlassen. "Die nächste Krise wird kommen", ist sich Otto-Chef Hans-Otto Schrader sicher. "Wir führen das Unternehmen so, dass wir uns flexibel anpassen können." Sehr vorsichtig äußert sich auch Robert Friedmann, Sprecher der Konzernführung der Würth-Gruppe. Er hat Zweifel, dass die Wirtschaft wirklich ausreichend ihre Lehren aus der Krise gezogen hat. Sein Unternehmen spiele Szenarien durch, um auf Einbrüche vorbereitet zu sein. Um hierzulande künftig intelligent wachsen zu können, muss der Standort Deutschland gestärkt werden. "Es ist nicht unbedingt notwendig, in China zu produzieren", sagte Monika Ribar, CEO von Panalpina. "Es gibt in Deutschland eine starke industrielle Kultur." Damit verband sie den Appell an die Politik, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern.
In seiner Eröffnungsrede hatte der Vorstandsvorsitzende der BVL, Prof. Raimund Klinkner, bei aller begründeten Zuversicht zur Wachsamkeit gemahnt: "Intelligentes Wachstum ist das Gebot der Stunde: fähig sein, den Aufschwung mitzugestalten, aber trotzdem bereit, kommenden Turbulenzen zu trotzen." Fragestellungen und Lösungen für die unternehmerische Gestaltung dieses Weges boten die zwölf Hauptvorträge und 20 Fachsequenzen, die von Mittwoch bis Freitag zu einem vielfältigen und lebhaften Kongressverlauf beitrugen.
Wichtige Themenfelder in den Fachsequenzen waren Flexibilität, Nachhaltigkeit und Innovationen sowie das Ausloten von Expansionsmöglichkeiten. Diese Handlungsfelder wurden beleuchtet unter den Gesichtspunkten der Unternehmensführung, der Wertschöpfungstiefe und der Zukunftsgestaltung. Zweier weiterer Themen nimmt sich die BVL besonders an - und wird sie auch nach dem Kongress weiter verfolgen: Aufgaben der Logistik im Bereich akuter und dauerhafter Katastrophen (Humanitäre Logistik) sowie Investitionen in Kommunikation und damit Imagebildung für den - gemessen am Umsatz - drittgrößten Wirtschaftsbereich Deutschlands.
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Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL)
Ulrike Grünrock-Kern, Leiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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