Pressemitteilung | Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) - Hauptgeschäftsstelle

Die Schiffbaukonjunktur verträgt kein üppiges Lohnplus

(Hamburg) - Anlässlich des sehr hohen Tarifabschlusses des Vorjahres hatte der VERBAND FÜR SCHIFFBAU UND MEERESTECHNIK (VSM) bereits auf gravierende Strukturunterschiede innerhalb der Metall- und Elektroindustrie hingewiesen und differenzierende Lösungen eingefordert, damit die Lohnentwicklung der Marktrealität auch im Schiffbau Rechnung trägt.
Für die aktuelle Tarifrunde ist eine Berücksichtigung der Situation im globalen Schiffbaumarkt besonders dringend geboten; denn die aktuelle Nachfrage sowie der kurz- bis mittelfristige Ausblick sind hochgradig besorgniserregend.

Oft stehen die Werften im Passagierschiffsbereich im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung und die positive Auftragsentwicklung in den zurückliegenden 12 Monaten könnte unberechtigte Begehrlichkeiten wecken. Denn: Aufträge sind nur die erste Voraussetzung für den Erfolg. Der stellt sich jedoch nur dann ein, wenn das Großprojekt "Schiff" für den vereinbarten Vertragspreis auch tatsächlich realisiert werden kann. Verluste bei komplexen Schiffbauprojekten sind keine Seltenheit, auch nicht bei Kreuzfahrtschiffen und Großyachten. Neben dem spektakulären Beispiel des japanischen Technologiekonzerns Mitsubishi Heavy Industries, bei dem bis dato 1,5 Mrd. Euro Verlust bei der Abwicklung eines 910 Mio. Euro-Auftrags aufgelaufen sind, belegt auch der Verlust von 289 Mio. Euro im abgelaufenen Jahr bei Fincantieri (Italien), dem Marktführer im Kreuzfahrtschiffbau, den Unterschied zwischen Auftrag und Gewinn.

Zurückhaltung ist aber vor allem vor dem Hintergrund der dramatischen globalen Schiffbaukonjunktur geboten. Auch wenn deutsche Werften kaum noch große Frachtschiffe bauen - für viele der 2.700 maritimen Zulieferfirmen in Deutschland sind diese Märkte Dreh- und Angelpunkt. Dort aber hat die aktuelle Nachfrageschwäche historische Ausmaße angenommen. Wurden 2013 noch 3.375 Seeschiffe weltweit geordert, gingen diese 2014 auf 2.744 und letztes Jahr auf 2.108 zurück. In den ersten zwei Monaten 2016 belief sich die Zahl auf gerade einmal 33, der niedrigste Wert, den der Brancheninformationsdienst Clarkson je berichtet hat. Die Anzahl der georderten Schiffseinheiten ist ausschlaggebend für die Anzahl der georderten Hauptmotoren, Ruderanlagen, Brückensysteme usw. Die ausgehungerten Werften in Asien versuchen zudem bereits seit längerem wieder einmal Aufträge über niedrige, oft nicht kostendeckende Preise hereinzunehmen. Diesen Preisdruck geben sie an die Wertschöpfungskette weiter, dorthin, wo die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer der Schiffbauindustrie beschäftigt ist. Die Tarifabschlüsse vergangener Jahre, sowie die aktuellen Lohnplus-Forderungen der Gewerkschaften decken sich nicht mit den realen Marktentwicklungen im Schiffbau.

VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken sagte: "Die Arbeitgeberverbände haben der IG Metall die schwache Weltkonjunktur, die großen Auftragsschwankungen und die nie dagewesene Heterogenität zwischen den M+E-Branchen in aller Deutlichkeit erläutert. Wir können das nur unterstützen. Schiffbau und Meerestechnik sind ganz bestimmt alles andere als geeignet, um den Forderungen der IG Metall Nachdruck zu verleihen. Wir verstehen die Rituale von Tarifverhandlungen und wissen um die hohe mediale Wirkung, weil es im Schiffbau immer tolle Bilder gibt. Dennoch appellieren wir an das Verantwortungsbewusstsein der IG Metall Küste und bitten, bei den gestern angekündigten Planungen von Warnstreiks den Schiffbau auszusparen."

Quelle und Kontaktadresse:
Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) Kathrin Ehlert-Larsen, Öffentlichkeitsarbeit Steinhöft 11, 20459 Hamburg Telefon: (040) 280152-0, Fax: (040) 280152-30

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