Die gesetzliche Erbfolge sorgt für so manche Überraschung / Fehlendes Testament führt häufig zu Erbengemeinschaften
(Bonn) - In nur rd. 30 Prozent aller Fälle ist nach dem Tode eines Bundesbürgers auch ein Testament vorhanden. Ist kein Testament vorhanden, also in der Mehrzahl aller Todesfälle, tritt nach dem Tode die sogen. gesetzliche Erbfolge ein, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Hierzu kommt es für die Erben nicht selten zu Überraschungen, da die Erbansprüche auch von vermeintlich weitläufigeren Familienangehörigen größer sind als häufig angenommen. Nicht zuletzt entstehen dadurch auch die bisweilen gefürchteten Erbengemeinschaften, bei denen kein Erbe ohne die Zustimmung der anderen Erben über die Nachlaßgegenstände verfügen kann.
Ist kein Testament vorhanden, so Wolfgang Kastner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V., gilt die gesetzliche Erbfolge nach dem BGB. Danach, so Kastner, wird der Verstorbene (Erblasser genannt) von seinen nächsten Verwandten nach sogen. Ordnungen und/oder seinem Ehegatten beerbt. Mehrere Verwandte derselben Ordnung erben zu gleichen Anteilen, wobei die jeweils vorangehende Ordnung der nächsthöheren Ordnung vorgeht und Verwandte innerhalb dieser Ordnung ausschließt. Erben der I. Ordnung -und damit allein oder neben dem Ehegatten zunächst erbberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder, Enkel usw. Diese schließen z. B. Verwandte höherer Ordnungen, z. B. der II. Ordnung (Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen) von der Erbfolge aus. Zur III. Ordnung zählen Großeltern und deren Abkömmlinge, also Opa, Oma, Vettern und Cousinen sowie im weiteren Verlauf auch Ur- und Ururgroßeltern und deren Abkömmlinge. Daneben ist das Erbrecht des Ehegatten gesetzlich geschützt. Neben der Erben der I. Ordnung (Kinder, Enkel) erhält er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, also wenn die Ehegatten nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben, die Hälfte des Erbes und neben Verwandten der II. Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge) sowie neben Großeltern ¾ des Erbes. Schon hieraus ergibt sich, häufig zum Schrecken des überlebenden Ehegatten, daß der überlebende Ehegatte nur dann die gesamte Erbschaft des verstorbenen Ehepartners allein erhält, wenn der Verstorbene weder Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen und deren Abkömmlinge noch Großeltern hinterläßt.
Bei fehlendem Testament kann es daher durch die gesetzliche Erbfolge für einen überlebenden Ehegatten zu unliebsamen Überraschungen kommen, die nicht selten in heftigem Streit, auch vor Gericht, enden. Hierzu ein Beispiel: Der Ehemann stirbt und hinterläßt seine Ehefrau, jedoch keine Kinder. Die Mutter lebt noch, der Vater ist bereits vorverstorben. Eine Schwester lebt noch, ein Bruder ist unter Hinterlassung von zwei Kindern bereits ebenfalls vorverstorben. In diesem Fall teilt sich das Erbe wie folgt auf: Die Ehefrau erhält ¾ Anteil des Erbes, die Mutter 1/8 Anteil, die Schwester 1/16 Anteil und die beiden Kinder des vorverstorbenen Bruders, also Nichten und Neffen des Verstorbenen, je 1/32 Anteil.
Alle Beteiligten, sei der Anteil am Erbe auch noch so klein, können in diesem Fall nur gemeinschaftlich über das Erbe verfügen. Soll daher z. B. ein Haus verkauft werden, das zum Nachlaß gehört, müsse alle vorgenannten Erben bei dem Vertrag mitwirken. Stimmt nur einer der Beteiligten nicht zu, muß auf Zustimmung oder Erbauseinandersetzung geklagt werden, ggf. in jahrelangen Prozessen.
Ein einfaches privatschriftliches Testament, in welchem sich die Eheleute für den Fall des Todes gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt hätten, könnte diesen unliebsamen Folgen verhindern.
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