Die Folgen von Verkehrsverstößen im Ausland
(Frankfurt am Main) - Die Hauptreisezeit beginnt meistens schon vor den Schulferien, ab Ende Juni sind dann viele Menschen in den Urlaub unterwegs. Um individuell mobil zu sein, und weil es auch das Urlaubsbudget schont, ist das Auto das gern genutzte Transportmittel. Vielfach werden Reiseziele im Ausland angesteuert.
Dabei ist es wichtig, Verkehrsregeln im Ausland zu kennen und zu beachten. Nicht alle Zeichen und Regeln sind deckungsgleich zu denen, die zu Hause gelten. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) gibt Hinweise darauf, was zu tun ist, wenn nach der Rückkehr aus dem Urlaub unliebsame Post im Briefkasten liegt.
Schon lange nicht mehr bleiben am Urlaubsort hinter den Scheibenwischer geklemmte amtliche Zettel oder zugesandte Bescheide einer ausländischen Behörde in Deutschland folgenlos. Ein zwischen den EU-Mitgliedern geschlossenes Abkommen auf Gegenseitigkeit sorgt für die Möglichkeit im Ausland verhängte Bußen in Deutschland beizutreiben.
Bussen aus der Schweiz können jetzt in Deutschland beigetrieben werden
Entsprechende Bescheide aus Nicht-EU-Ländern, etwa die Schweiz, Großbritannien oder Norwegen, konnten bisher aber nicht beigetrieben werden. Das hat sich zum 1. Mai 2024 im Verhältnis zur Schweiz geändert. Seit diesem Datum gilt der neue deutsch-schweizerischer Polizeivertrag. Wer in der Schweiz geblitzt wird oder falsch parkt, muss damit rechnen, künftig unter Mithilfe des deutschen Bundesamtes für Justiz (BfJ) in Deutschland Bußgelder zahlen zu müssen. Beträge von mindestens 80 Franken oder 70 Euro bilden bei der Beitreibung die Untergrenze. Die Schweiz hat bekanntlich ein höheres Bußgeldniveau als Deutschland. Es ist deshalb mit Deutschland vereinbart, dass erst ab Überschreiten der gesetzlichen deutschen Obergrenze für Verkehrsgeldbußen von 2.000 Euro die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung geprüft werden soll.
Ausländische Bußgelder vollstreckt das Bundesamt für Justiz
Dem BfJ in Bonn ist in Deutschland für EU-Länder und die Schweiz die Aufgabe zugewiesen, die ausländischen Bescheide zu bearbeiten und Bußgelder einzutreiben. Die eingehenden Ersuchen ausländischer Behörden werden formal überprüft, ob sie vollständig und korrekt sind. Vorlegen muss die ausländische Behörde einen rechtskräftigen Bescheid. Kontrolliert wird dann, ob der Adressat die wesentlichen Verfahrensdokumente in seiner eigenen Landessprache erhalten hat und ob er ausreichend Gelegenheit erhielt, sich gegen die Vorwürfe zu wehren. Ist das gegeben, erhalten die Betroffenen dann Post vom BfJ.
Der Datenaustausch zwischen den in- und ausländischen Behörden erfolgt dabei weitgehend auf digitalem Weg. Das passiert vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission an einer Richtlinie arbeitet, die eine grenzüberschreitende Ahndung von Verkehrsübertretungen durch verstärkte digitale Datenübertragung erleichtern soll. Deutsche Stellen haben in den letzten Jahren ihre Beitreibung von Bußgeldern aus dem Ausland deutlich gesteigert, wie das Bundesamt mitteilte.
Immer die eingehenden Schreiben überprüfen
Wem als Betroffener über das Bundesamt die entsprechenden Unterlagen einer ausländischen Behörde zugehen, sollte die Zahlungsaufforderung gewissenhaft prüfen. Der AvD rät, Einwendungen dem BfJ immer schriftlich darzulegen. Wer nicht selbst gefahren ist oder vorher keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegenüber den Stellen im Ausland hatte, kann das vortragen. Wichtig: Das Amt ist lediglich für die Vollstreckung zuständig, das vorausgegangene Bußgeldverfahren im Ausland ist zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen.
Das ist auch der Grund, warum Autofahrer auf Schriftstücke aus dem Ausland immer antworten sollten. Vielfach machen Behörden aus dem Ausland Unterlagen auf entsprechenden Homepages per Codenummer in der Sprache des Betroffenen einsehbar. So verfahren etwa die Niederlande, Italien oder Frankreich.
AvD Tipp: Eingegangene Schriftstücke immer aufbewahren. AvD Mitglieder können sich bei entsprechenden Vorwürfen von AvD Vertrauensanwälten kostenlos beraten lassen.
Verkehrsübertretungen dürfen nur durch staatliche Behörden vollstreckt werden
Der AvD weist darauf hin, dass Bußgelder und Strafen für Verkehrsübertretungen im Ausland nur auf Grundlage der Vereinbarung der EU-Mitgliedstaaten vollstreckt werden dürfen. Zuständig in Deutschland ist alleine das Bundesamt für Justiz. Allerdings gibt es viele Berichte über Inkassounternehmen oder Anwälte, die unter Berechnung hoher Zusatzgebühren, Gelder beitreiben wollen. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind solche Praktiken im Zusammenhang mit Parkforderungen in Kroatien rechtswidrig. Kroatische Notare hatten ausländischen Urlaubern hohe Notargebühren im Zusammenhang mit dem Parken in Rechnung gestellt. Autofahrer müssen aber beachten, dass Parkgebühren, ob in Kroatien oder in anderen Ländern, rechtlich zulässig und, wenn angefallen, auch zu zahlen sind. Ein europäischer Mahnbescheid kann mit der Begründung erlassen werden, dass Gelder für Parken beigetrieben werden, die nichts mit einer Bußgeldvollstreckung zu tun haben. Ein Grund mehr, sich vor Ort an die erkennbaren Vorgaben zu halten. Der AvD rät bei Eingang solcher Schreiben schriftlich zu widersprechen und rechtlichen Beistand beizuziehen.
Ausländische Fahrverbote dürfen im Inland (noch) nicht vollstreckt werden
Die EU bereitet eine Richtlinie vor, die im Ausland verhängte Fahrverbote gegen
einen in Deutschland wohnenden Kraftfahrer wirksam werden lassen. Im Rahmen des sogenannten Road Safety Package sollen diese Regelungen bei Führerscheinsanktionen von mindestens einen Monat die EU-weite Geltung solcher Verbote sicherstellen. Auch die erleichterte Beitreibung von entsprechenden Sanktionen im Verhältnis zur Schweiz aus dem neuen Polizeivertrag zeigen, dass Verkehrsübertretungen im Ausland in Deutschland nicht folgenlos bleiben müssen.
Quelle und Kontaktadresse:
Automobilclub von Deutschland e.V. (AvD)
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