Pressemitteilung | Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. (ZDB)

Die baukonjunkturelle Entwicklung in Deutschland

Statement von Prof. Dr. Karl Robl, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, anlässlich der Pressekonferenz zur DEUBAU am 6. Januar 2000 in Essen ...

*********************************************************

Anrede,
in wenigen Tagen öffnet die DEUBAU wieder einmal ihre Pforten für das interessierte Publikum. Dieser erste wichtige Messetermin zu Beginn des neuen Jahres bietet immer auch Gelegenheit, eine Standortbestimmung der deutschen Bauwirtschaft vorzunehmen. Obwohl das Jahr 1999 vorbei ist, liegen uns, was die baukonjunkturelle Entwicklung angeht, bisher nur die Zahlen der ersten 10 Monate vor. Danach werden die Bauinvestitionen in Deutschland 1999 wohl nur knapp das Vorjahresvolumen verfehlen. Die vorläufigen Werte für das Investitionsvolumen bis Ende III. Quartal ergeben insgesamt ein Minus von 1,2 %. In Westdeutschland beträgt der Rückstand 0,4 % und in Ostdeutschland 3,1 %.

Die zu Jahresbeginn 1999 getroffenen Vorhersagen zur Entwicklung der Bauinvestitionen (- 0,5 %) könnten wohl zutreffen. In Westdeutschland wird die Talfahrt beendet werden. In Ostdeutschland schwächt sich der Rückgang ab. Bei den Wohnbauten verringerten sich die Bauinvestitionen um 0,8 % (West 0 %, Ost - 4 %). Die Nichtwohnbauten weisen bisher ein um 1,8 % geringeres Investitionsvolumen (West - 0,4 %, Ost - 3,1 %) auf. Von der rückläufigen Entwicklung der Bauinvestitionen ist das Bauhauptgewerbe besonders betroffen. So verwundert es nicht, dass die Beschäftigung im Bauhauptgewerbe im Durchschnitt der Monate Januar bis Oktober 1999 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 67.435 Personen abgenommen hat (in den westdeutschen Betrieben um 36.675, in den ostdeutschen Betrieben um 30.760). Aktuell waren Ende Oktober 1999 im westdeutschen Bauhauptgewerbe 789.490 Personen und in den ostdeutschen Betrieben des Bauhauptgewerbes 344.600 Personen beschäftigt.

Die westdeutschen Bauunternehmen arbeiten derzeit bei günstigeren konjunkturellen Bedingungen, als die ostdeutschen Betriebe dies tun. Bis Ende Oktober lag der baugewerbliche Umsatz auf Vorjahresniveau. Maßgeblich hierfür ist das Umsatzplus von 2,9 % im Wirtschaftsbau. Beim Wohnungsbau (- 1,6 %) und beim öffentlichen Bau (- 0,6 %) sind in der Summe der ersten zehn Monate dieses Jahres noch Umsatzrückgänge zu verzeichnen. In den neuen Bundesländern erreichten die Umsätze lediglich im öffentlichen Bau die Vorjahreshöhe. Im Wohnungsbau (- 6,2 %) und im Wirtschaftsbau (- 5,9 %) ist der Umsatzrückgang im bisherigen Jahresverlauf deutlich.

Die bis Ende Oktober 1999 erteilten Baugenehmigungen lassen keine durchgängige Verbesserung der Baukonjunktur erwarten. Im Westen ist allein der Anstieg des Genehmigungsvolumens für Nichtwohngebäude (auf Basis der veranschlagten Kosten) mit + 3,4 % sehr erfreulich. Demgegenüber fällt das bisherige Genehmigungsvolumen für Wohngebäude um 1,4 % geringer aus als im Vorjahr. Bezogen auf die genehmigte Wohnungsanzahl zeigt nur der Einfamilienhausbau mit + 5,6 % eine positive Entwicklung auf. Im Geschosswohnungsbau verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen um 10,6 %. In Ostdeutschland beträgt der Rückgang bei den Baugenehmigungen - 17 %. Bei den Wohngebäuden (- 15,6 %) wurde der Durchschnittswert geringfügig unterschritten und bei den Nichtwohngebäuden (- 19,2 %) fiel der Rückgang überdurchschnittlich aus. Innerhalb der Wohngebäudekategorien kann ebenfalls nur das Genehmigungsvolumen im Einfamilienhausbau (- 3,1 %) einigermaßen zufrieden stellen. Im Mehrfamilienhausbau hat sich das Genehmigungsvolumen nahezu halbiert (- 44,0 %). Die Entwicklung der Auftragseingänge zeichnet ein etwas günstigeres Bild als das bei den Baugenehmigungen. Der unterschiedliche Konjunkturverlauf in West und Ost ist auch hier unverkennbar.

Bis Ende Oktober stieg die Baunachfrage im Westen um 1,6 %. Der Anstieg im Wirtschaftsbau um 4,4 % lässt hoffen, dass die Belebung der Industrieproduktion nun auch zu einem steigenden Auftragsvolumen für die Bauunternehmen führt. Auch im Wohnungsbau ist ein Auftragsplus von 1,1 % zu verzeichnen. Möglicherweise ist dieser Anstieg noch unterzeichnet, da in der Auftragsstatistik des Bauhauptgewerbes nur die Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten erfasst sind. Baumaßnahmen im Bestand, die in großem Umfang von den kleineren Betrieben geleistet werden, kommen zahlenmäßig nicht zum Ausdruck. Der öffentliche Bau hat als einzige Bausparte im Westen mit - 1,0 % einen Auftragsrück- gang hinnehmen müssen. In den neuen Bundesländern liegt der Rückgang des Ordervolumens momentan bei 8,0 %. Bemerkenswert ist aber, dass auch in den neuen Bundesländern der Wirtschaftsbau die günstigste Entwicklung der drei Bausparten aufweist. Hier lag der Rückgang "nur" bei - 3,8 %. Im öffentlichen Bau waren die Neuaufträge um 6,4 % geringer als im Vorjahreszeitraum. Lediglich im Wohnungsbau blieb das neue Ordervolumen mit - 14,4 % außerordentlich deutlich unter der Baunachfrage des Vorjahres.

Es spricht einiges dafür, dass in diesem Jahr die Baumaßnahmen für die gewerbliche Wirtschaft, der Einfamilienhausbau und die Baumaßnahmen im Bestand die Baukonjunktur wieder beleben werden. Ein Produktionswachstum kann aber nur in Westdeutschland erwartet werden. In Ostdeutschland wird sich die Bauproduktion weiter verringern, wenn auch in einem abgeschwächten Tempo. Wir rechnen im kommenden Jahr in Westdeutschland mit einem Zuwachs von ca. 2 % bei den Bauinvestitionen. In Ostdeutschland wird es mit - 2,5 % jedoch weiter bergab gehen, so dass wir Ende 2000 insgesamt mit einem Plus von einem Prozent dastehen werden. Dies sind gerade für eine Messe wie die DEUBAU, die im Herzen Westdeutschlands stattfindet, durchaus positive Rahmenbedingungen.

Insgesamt ist die Situation für die mittelständischen Bauunternehmen allerdings immer noch nicht befriedigend. Denn die Gewinnmargen betragen im reinen Baugeschäft mittlerweile nur noch 0,2 %. Wir haben am Bau seit 1995 rückläufige Preise. So liegen heute die Preise für Rohbauleistungen im Wohnungsbau um 5,4 % unter dem 95er Niveau. Bei gewerblichen Betriebsgebäuden beträgt der Rückgang 1,5 %, und im Straßenbau sind es 5,7 % weniger. Die Bauunternehmen kranken an niedrigen Eigenkapitalquoten. Mehr als 40 % der Betriebe erreichen nicht einmal eine Eigenkapitalquote von 10 %. Lediglich 12,7 % der Bauunternehmen verfügen über ein solides Eigenkapitalpolster von mehr als 30 %. Erst wenn die Preisspirale sich nicht mehr weiter nach unten dreht, wenn auch Bauunternehmen wieder Gewinne machen, dann können wir aufatmen, dann erst ist die Krise am Bau halbwegs überwunden.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, in diesem Zusammenhang auch zur Unternehmensbesteuerung Stellung zu nehmen. Schließlich hat dieses Thema für manche Überraschung vor Weihnachten gesorgt. Dass eine Steuerreform, und insbesondere die Reform der Unternehmensbesteuerung dringend notwendig ist, darüber sind sich mittlerweile alle einig. Allerdings ist das "Wann" und das "Wie" umstritten.

Wir haben immer gefordert, dass eine Unternehmenssteuerreform bereits für das Jahr 2000 wirksam werden müsste, um Zusatzbelastungen, die die rot-grüne Bundesregierung den Unternehmen und Bürgern seit ihrem Amtsantritt aufgebürdet hat, wenigstens auszugleichen. Leider ist dies bisher nicht geschehen. Insofern kommt die Steuerreform unserer Auffassung nach auch deutlich zu spät. Auch die Tatsachen, dass die Absenkung über mehrere Jahre gestreckt wird, bedeutet, dass eine nachhaltige Entlastung der Unternehmen nicht erreicht wird. Weiteres Manko der gelegten Reformpläne ist, dass sie das Steuerrecht weiter komplizieren, anstatt es zu vereinfachen.

Unser grundsätzlicher Einwand gegen die Unternehmenssteuerreform ist jedoch der, dass sie die Ungleichbehandlung von Personen und Gesellschaften weiterhin in zwei entscheidenden Punkten festschreibt:

1. Unternehmen werden besser gestellt als Unternehmer. Auch dies ist eine Krux, dass diejenigen, die die Verantwortung tragen, die etwas wagen, die bereit sind, ein Risiko einzugehen, diskriminiert werden. Wenn der Kanzler in seiner Neujahrsansprache von uns allen mehr Verantwortung gefordert hat, dann stellt sich hier direkt die Frage, warum dann diejenigen, die dies bereits tun, dafür bestraft werden.

2. Die Gewinne aus Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften werden in Zukunft steuerfrei sein. Dies hat die Börse vor Weihnachten sehr gefreut. Uns freut es dagegen nicht; denn Gewinne aus der Veräußerung einer Personengesellschaft sind seit dem letzten Versuch einer Steuer- reform voll zu versteuern. Den früheren halben Steuersatz hat Rot-grün gestrichen. Auch hier eine eklatante Ungerechtigkeit im deutschen Steuerrecht. Wir fordern daher im jetzt anstehenden Gesetz- gebungsverfahren auf die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen der Personengesellschaften zu verzichten. Betrachten wir die Steuerreform insgesamt, so geht es uns ein bisschen wie früher Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber....

Ja, weil wie gesagt eine deutliche Entlastung der Unternehmen dringend notwendig ist. Denn gerade weil sich, was die Gesamtkonjunktur in Deutschland angeht, ein deutlicher Silberstreif zeigt, wäre es notwendig, diesen Trend zu unterstützen. Aber: die Reformvorstellungen sind insgesamt unausgewogen und unterm Strich zu wenig mutig.

Meine Damen und Herren,
wenn am kommenden Dienstag die DEUBAU ihre Pforten öffnet, werden Sie viel zum Thema Modernisierung, Sanierung und Ausbau sehen können. Denn dies ist eines der Schwerpunktthemen dieser Messe. In diesem Zusammenhang werden Sie mit einem Thema konfrontiert, das uns im vergangenen Jahr intensiv beschäftigt hat und das auch in diesem Jahr noch nicht vom Tisch ist. Ich spreche vom Trockenbau, der gerade im Ausbau, bei der Sanierung und Modernisierung einen hohen Marktanteil hat. Für Sie mag der Trockenbau eher ein Randthema sein, für viele unserer Firmen ist es allerdings kein Randthema, sondern betrifft ihre Existenz ganz unmittelbar.

Die jüngste Entschließung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages zum Trockenbau zeigt, wie sehr alle Parteien den Mittelstand für ihre Sonntagsreden gut gebrauchen können. Wenn es aber um die konkrete Politik geht, dann schreit die Lobby der Industrie einmal laut auf und schon fallen alle um und machen sich zu willfährigen Erfüllungsgehilfen industrieller Forderungen. So geschehen beim Trockenbau, der jetzt handwerksfrei werden soll.

Wenn man bedenkt, dass 77 % aller Bauinvestitionen von Firmen des Bauhandwerks erbracht werden, dass knapp 80 % aller Arbeitsplätze am Bau von Handwerksbetrieben gestellt werden und dass über 80 % der Ausbildungsplätze am Bau vom Handwerk zur Verfügung gestellt werden, dann ist ein solches Ergebnis politischer Unvernunft einfach nicht mehr zu ertragen.

Im Übrigen ist hier bei der Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen im handwerklichen Trocken- bau der Kanzler auch nicht zur Stelle und greift wie bei Holzmann helfend ein. Das mag wohl daran liegen, dass diese Arbeitsplätze auf eine Vielzahl kleinerer Firmen verteilt ist und sein Einsatz daher auch nicht so publicityträchtig zur Geltung kommt.

Dies sollten Sie bedenken, wenn Sie in der kommenden Woche einen Messerundgang unternehmen und sich über die neueste Technik im Bereich Wärmedämmung, im Bereich Niedrig-, bzw. Passiv- energiehäuser informieren. Es handelt sich hierbei immer um Techniken, die nur von qualifizierten Bauhandwerksunternehmen ausgeführt werden können. Und dies soll im Interesse der Verbraucher auch so bleiben.

Insgesamt wird der Bereich des ökologischen Bauens mittelfristig eine immer stärkere Bedeutung er- langen und ähnlich wie die Sanierung und Modernisierung im Bestand ein wichtiges Geschäftsfeld für unsere Unternehmen werden.
Daher blicken wir insgesamt nicht mehr ganz so pessimistisch in die Zukunft.
Wir erhoffen uns von der DEUBAU gerade für die Bereiche ökologisches Bauen sowie Sanierung und Modernisierung wesentliche Impulse und wünschen der Messe viel Erfolg.

Quelle und Kontaktadresse:
ZDB

NEWS TEILEN: