Pressemitteilung | DGHO e.V. - Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie

DGHO präsentiert aktuelle Studie zum künftigen onkologischen Versorgungsbedarf in Deutschland / Wissenschaftliche Studie belegt steigenden Bedarf an Onkologen

(Berlin) - Als Folge des demografischen Wandels wird die Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland in den nächsten Jahren um etwa ein Sechstel ansteigen. Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. hat eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die erstmals neben konkreten Daten zur Entwicklung von Krebsneuerkrankungen und Prävalenzen auch die regionale onkologische Versorgung abbildet. Die Studie ermittelt zudem den künftigen Bedarf an onkologisch tätigen Ärzten sowie die erwartete Steigerung der Krankheitskosten für ausgewählte Krebsarten.

Mit der Studie "Herausforderung demografischer Wandel - Bestandsaufnahme und künftige Anforderungen an die onkologische Versorgung” wurde der künftige onkologische Versorgungsbedarf in Deutschland durch das Institut für Community Medicine der Universität Greifswald (Prof. Wolfgang Hoffmann) untersucht. Mit Hilfe unterschiedlicher Datenquellen konnten auf Basis von Krebsregisterdaten des Jahres 2008 Prognosen zur Entwicklung der Krebsmorbidität und der regionalen onkologischen Versorgung für das Jahr 2020 erstellt werden. "Die DGHO schafft damit die Voraussetzung für eine sachliche, nicht interessengeleitete Abschätzung des stationären und ambulanten Versorgungsbedarfs in der Onkologie", erläutert Prof. Mathias Freund, neuer Geschäftsführender Vorsitzender der Fachgesellschaft.

Wichtige Prognosen zur Morbiditätsentwicklung

- Im Vergleich zu 2008 wird die Zahl der Krebsneuerkrankungen bis zum Jahr 2020 um circa 67.000 pro Jahr zunehmen (+14%).

- Die größten absoluten Anstiege wird es bei Krebsentitäten mit einem Altersgipfel im höheren Lebensalter geben: 12.100 Männer werden pro Jahr mehr an Prostatakrebs erkranken (+19%), 7.900 (+22%) an Darmkrebs, 6.400 (+18%) an Lungenkrebs. Bei Frauen wird für den Brustkrebs ein Plus von 5.500 (+8%) Neuerkrankungen pro Jahr erwartet, an Darmkrebs um 4.100 (+12%), an Lungenkrebs um 1.700 (+11%).

- Bei der Prävalenz erwarten die Fachleute zwischen 2008 und 2020 bei Männern einen Anstieg um rund 116.000 auf dann 795.000 Patienten (+17%) und bei Frauen einen Anstieg um 60.000 auf dann 725.000 Patientinnen (+9%).

Diese Trendabschätzungen erfolgen allein auf Basis der demografischen Entwicklung. Andere Faktoren sind nur schwer abschätzbar. Zunahmen der Inzidenz einzelner Krebserkrankungen, die in den letzten Jahren beobachtet wurden, wurden für die Prognose der Neuerkrankungen genauso wenig extrapoliert wie der Effekt moderner Krebstherapien auf die Gesamtzahl der Krebspatienten. Insgesamt könnten die genannten Zahlen die tatsächlichen Verhältnisse im Jahr 2020 deutlich unterschätzen.

Keine Kostenexplosion trotz steigender Patientenzahlen

Die Zunahme der Krebsneuerkrankungen und Prävalenzen betrifft in allererster Linie ältere Menschen. Bedenklich ist, dass anteilsweise weit weniger ältere Menschen eine medikamentöse Therapie ihrer Tumorerkrankung erhalten als die unter 60-Jährigen. Dieser Unterschied ist medizinisch nicht zu begründen. "Unser aller Aufgabe wird es sein, sicherzustellen, dass ältere Patienten nicht aufgrund ihres Alters bei therapeutischen Entscheidungen bewusst oder unbewusst benachteiligt werden", betont Freund.

Eine Kostenexplosion bei den Krebstherapien erwartet der DGHO-Vorsitzende trotz steigender Patientenzahlen nicht: "Die onkologische Behandlung wird auch in Zukunft bezahlbar bleiben." Unter der Annahme unveränderter Rahmenbedingungen (Kosten pro Fall, Abrechnungsmodalitäten und Therapieleitlinien) errechnet sich für den Zeitraum 2008 bis 2020 ein Anstieg der durch Krebserkrankungen im Gesundheitswesen verursachten Kosten um 1,7 Milliarden Euro (+11%). Dieses Plus ist eher unerwartet niedrig.

Bedarf an Hämatologen und Onkologen steigt um bis zu 25 Prozent

Gegenstand der Studie war außerdem die Entwicklung der ärztlichen Versorgung in der Onkologie in Deutschland. Auf Basis von Trends der Jahre 2002 bis 2011 wurden auch hier Prognosen für das Jahr 2020 erstellt. Gemessen am Vergleichsjahr 2008 wurde ein zusätzlicher Bedarf an Ärzten mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie von 6 Prozent bis 25 Prozent je nach Bundesland prognostiziert. "Mit Sorge beobachten wir zudem, dass von den derzeit tätigen Hämatologen und Onkologen im Jahr 2020 etwa 25 Prozent mindestens 65 Jahre alt sein werden. In der Summe sehen wir einen massiven Bedarf an Krebsspezialisten", erläutert die DGHO-Vorsitzende PD Dr. Diana Lüftner.

Ein großer Teil dieses Bedarfs dürfte im ambulanten Sektor entstehen. Eine im Rahmen der Greifswalder Studie vorgenommene Analyse der Abrechnungsdaten des Wissenschaftlichen Instituts der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (WINHO) zeigt, dass die Zahl der Patienten mit ambulanten Krebstherapien zwischen 2008 und 2011 stärker zugenommen hat als dies allein durch demografische Effekte zu erwarten gewesen wäre. "Dies deutet auf eine Verschiebung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich hin", so Lüftner. Trotzdem wird aufgrund der steigenden Gesamtzahl an Patienten auch im stationären Sektor eine Zunahme der Belegungs- und Berechnungstage von 2008 bis 2020 um 13 Prozent prognostiziert.

"Medizinische Onkologie" stärken

In der Gesamtschau unterstreichen die Ergebnisse der Greifswalder Studie aus Sicht der DGHO die wachsende Bedeutung der Medizinischen Onkologie für die Versorgung von Krebspatienten in Deutschland. "Medizinische Onkologen sind die Spezialisten für die konservative Krebstherapie. Ihnen kommt gerade bei älteren Krebspatienten eine ganz zentrale Stellung zu, da das Management der Nebenwirkungen eine solide internistische Basis erfordert", so Freund. Die DGHO setzt sich deswegen dafür ein, dass das EU-weit etablierte Fach "Medical Oncology" als "Medizinische Onkologie" auch in Deutschland einen höheren Stellenwert bekommt. Durch die Einrichtung eigenständiger Lehrstühle für Medizinische Onkologie könnte die Sichtbarkeit des Fachs für den akademischen Nachwuchs verbessert und mehr junge Ärzte für eine klinische und wissenschaftliche Tätigkeit in der Onkologie begeistert werden. Um die Bedeutung des Fachs auch nach außen zu signalisieren, hat die DGHO eine Präzisierung ihres Namens in "Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V." vorgenommen. "Wir sehen einen engen Zusammenhang zwischen der Entwicklung in Deutschland und in Europa", betont Freund.

Auf europäischer Ebene wurde erst kürzlich das Fach "Medical Oncology" als medizinische Spezialität anerkannt. Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie - ESMO - repräsentiert dieses Fach inhaltlich in Europa. Als Zeichen der gemeinsamen Initiative sind daher Repräsentanten von ESMO auf der Pressekonferenz anwesend.

Die Studie kann im Internet heruntergeladen werden unter: http://www.dgho.de

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e.V. (DGHO) Pressestelle Alexanderplatz 1, 10178 Berlin Telefon: (030) 27876089-0, Telefax: (030) 27876089-18

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