DGB zieht erste Mindestlohn-Bilanz: Löhne rauf, Aufstocker runter, Entwarnung bei Jobs und Preisen
(Berlin) - Unter dem Titel "Kommt der Mindestlohn überall an?" hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Dienstag in Berlin eine erste Zwischenbilanz des Mindestlohngesetzes gezogen, das seit 1. Januar 2015 gilt. Zahlen der Bundesbank belegten, dass insbesondere Un- oder Angelernte in Ostdeutschland vom Mindestlohn profitierten, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell: "Es gab Lohnsteigerungen von bis zu 9,3 Prozent, das ist doppelt bis dreifach so viel wie in höheren Gehaltsgruppen."
Positiv wertete Körzell auch die Entwicklung bei den so genannten Aufstockern. Die Bundesagentur für Arbeit gehe davon aus, dass die Zahl der Menschen, deren Lohn so niedrig ist, dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld II- Anspruch haben, im laufenden Jahr um rund 60.000 sinken werde. "Der Mindestlohn kostet auch keine Jobs", so Körzell. Im Frühjahr 2015 seien beispielsweise im Handel und im Gastgewerbe mehr Beschäftigte gemeldet gewesen als ein Jahr zuvor. Auch die Preise seien nur moderat gestiegen. "Löhne rauf, Aufstocker runter, Entwarnung bei Jobs und Preisen" fasste Körzell zusammen.
Eine klare Absage erteile Körzell Forderungen aus der Politik, den Mindestlohn für Flüchtlinge abzusenken. "Auf dem Arbeitsmarkt gibt es keine Menschen erster und zweiter Klasse. Der Mindestlohn ist nach dem Gesetz für alle gültig und nicht abdingbar", so Körzell. Statt über neue Ausnahmen beim Mindestlohn zu diskutieren, solle lieber darüber gesprochen werden, die Ausnahmen im Gesetz zu streichen.
"Über unsere Mindestlohn-Hotline haben wir auch von schwarzen Schafen unter den Arbeitgebern gehört. Statt ihre Kreativität in Produkte und Dienstleistungen zu stecken, zerbrechen sie sich lieber den Kopf, wie sie ihre Mitarbeiter um den Mindestlohn bringen können", sagte Körzell. "Von Fantasie-Gutscheinen, über fingierte Stundenzettel bis zu Trinkgeld-Klau kommt alles vor." Deshalb seien wirkungsvolle Kontrollen des Zolls unerlässlich, mehr Personal notwendig. Die Einstellungen müssten so schnell wie möglich erfolgen, um die Kontrollen auch effektiv durchführen zu können. "Das ist kein Misstrauen, das ist Rechtstaatlichkeit", so Körzell. Er ermunterte Arbeitnehmer, ihren entgangenen Lohn zur Not juristisch einzufordern. Das sei bis zu drei Jahre rückwirkend möglich.
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