DGB-Index 2023: Gesunde Arbeit? Betriebliche Prävention aus Sicht der Beschäftigten
(Berlin) - Die repräsentative Umfrage zeigt einen alarmierenden Zusammenhang: Je stärker die Arbeitsbelastungen ausgeprägt sind, desto schlechter werden Gesundheit und zukünftige Arbeitsfähigkeit eingeschätzt. Von den Beschäftigten, die mehreren körperlichen und psychischen Belastungsfaktoren ausgesetzt sind, geben sogar nur 39 Prozent einen guten Gesundheitszustand an. Lediglich 7 Prozent der Hochbelasteten gehen davon aus, ihre Tätigkeit unter diesen Bedingungen bis zum Rentenalter durchhalten zu können - eine Zahl, die insbesondere mit Blick auf den Fachkräftemangel sorgenvoll stimmt.
Die Befragung zeigt große Defizite bei betrieblichen Maßnahmen auf, mit denen Gefährdungen der Gesundheit vermieden werden sollen. Von wirksamen Maßnahmen des Arbeitgebers zur Belastungsreduzierung berichtet nur eine Minderheit der Betroffenen: Bei körperlich schwerer Arbeit sind es 27 Prozent, beim Arbeiten unter Zeitdruck lediglich 14 Prozent. Auch für Beschäftigte, die Lärm oder Belastungen durch Konflikte mit Kund*innen, Klient*innen oder Patient*innen ausgesetzt sind, ist ein wirksamer Arbeits- und Gesundheitsschutz die Ausnahme.
Ein zentrales Instrument der betrieblichen Prävention ist die Gefährdungsbeurteilung, zu deren Durchführung Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind. Doch nur 38 Prozent der Befragten gaben an, dass eine Gefährdungsbeurteilung für ihren Arbeitsplatz in den letzten zwei Jahren durchgeführt wurde. Dabei werden psychische Arbeitsbelastungen, die in der Arbeitswelt bekanntlich weit verbreitet sind, nur unzureichend thematisiert: Lediglich bei einer knappen Hälfte (47 Prozent) der durchgeführten Beurteilungen wurde arbeitsbedingter Stress berücksichtigt - und nur 18 Prozent der Befragten berichteten von einer vollständigen Gefährdungsbeurteilung für ihre Tätigkeit.
Yasmin Fahimi, DGB-Vorsitzende:
"Wertschätzung gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeigt sich insbesondere auch in der Wertschätzung ihrer Gesundheit. Arbeit darf nicht krank machen. Wenn Unternehmen ihren gesetzlichen Pflichten im Arbeitsschutz nicht nachkommen, müssen Beschäftigte mit ihrer Gesundheit dafür bezahlen. Das ist nicht akzeptabel. Nicht für die Betroffenen - und auch nicht mit Blick auf einen Arbeitsmarkt, der unter einem Mangel an Fachkräften leidet."
Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall:
"Die psychischen Belastungen nehmen zu. Beschäftigte bezahlen Arbeitshetze und Arbeitsdichte mit massiven gesundheitlichen Folgen für Körper und Psyche. Burnout darf nirgendwo als Berufsrisiko abgetan werden. Beschäftigte brauchen eine wirksame Prävention an den Wurzeln der Probleme und Betriebsräte sanktionierbare Regeln auch im Bereich psychischer Belastungen. Dabei würde endlich ein verbindliches Werkzeug wie eine Anti-Stress-Verordnung von Seiten der Politik helfen, damit Beschäftigte nicht weiter ausbrennen."
Rebecca Liebig, Mitglied im Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di):
"Die Digitalisierung lässt schwere Arbeit nicht verschwinden, die Arbeit mit und am Menschen nimmt zu. Dienstleistungsarbeit geht mit besonderen Belastungen einher. Es braucht mehr präventive und wirksame Maßnahmen für alle Tätigkeiten. Ein Beispiel ist die dringend notwenige Entlastung von Paketboten durch die Einführung eines Maximalgewichts von 20 Kilogramm für Pakete."
Zum DGB-Index Gute Arbeit:
Mit der repräsentativen Befragung "DGB-Index Gute Arbeit" werden seit 2007 einmal im Jahr abhängig Beschäftigte telefonisch zur Qualität ihrer Arbeitsbedingungen interviewt. Die Ergebnisse spiegeln die Sicht der Beschäftigten auf ihre Arbeitsbedingungen wider. 2023 wurden bundesweit 6.266 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer*innen aller Branchen, Berufe, Einkommens- und Altersgruppen, Regionen und Betriebsgrößen befragt. Die Befragung fand im Zeitraum von Januar bis April 2023 statt.
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