Pressemitteilung | Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) - Bundesvorstand

DGB gegen US-Eingriffe in deutsches Recht

(Berlin) - Das neue US-Gesetz (Sarbanes Act), das die Vorschriften über Rechnungslegung und Abschlussprüfung verschärft, sorgt derzeit für beträchtliche Irritationen in Europa. Neben den Folgen für den Berufsstand der Abschlussprüfer wird auch über Konsequenzen für die Arbeit der Aufsichtsräte und damit für die deutsche Mitbestimmung diskutiert. Der Sarbanes Act verlangt eine besondere Unabhängigkeit der Mitglieder von Audit Committees (dem deutschen Bilanzausschuss vergleichbar). Danach dürfen diese keine Honorare vom Unternehmen beziehen und nicht Mitglieder (affiliated persons) des Unternehmens oder eines seiner Tochterunternehmen sein. "Einen Eingriff des US-Gesetzgebers in die Aufsichts- und Kontrollstruktur deutscher Unternehmen und der Übergriff auf das deutsche Aktienrecht und das Mitbestimmungsrecht lehnt der Deutsche Gewerkschaftsbund grundsätzlich ab", sagte das für Unternehmensmitbestimmung zuständige DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel am 9. August in Berlin.

Wie der Bilanzexperte der Hans-Böckler-Stiftung, Matthias Müller, erläutert, kann man die Neuregelung so interpretieren, dass in den Bilanzausschüssen deutscher Mutterunternehmen, die durch die Notierung an einer amerikanischen Börse unter dieses Gesetz fallen, keine im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmervertreter und –vertreterinnen mehr sitzen dürfen.

Hexel weist darauf hin, dass viele im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmervertreter und -vertreterinnen in den Bilanzausschüssen hervorragende und anerkannte Arbeit leisten und gerade aufgrund ihrer internen Kenntnisse wertvolle Beiträge einbringen. Eine direkte Übertragung amerikanischer Board-Elemente in das anders geartete deutsche System mit Aufsichtsrat und Vorstand führe zu "unsinnigen Ergebnissen". So habe ein deutscher Bilanzausschuss eine andere Bedeutung und Funkti-on als ein US-Audit Committtee.

Müller macht jedoch darauf aufmerksam, dass nicht alle Arbeitnehmervertreter und -vertreterinnen im Aufsichtsrat im Unternehmen beschäftigt sind. "In mitbestimmte Aufsichtsräte werden auch zwei oder drei Externe gewählt, die in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen stehen. Somit wäre es möglich,
diese in den Bilanzausschuss zu entsenden. Ein paralleles Audit Committee nach US Recht, zusätzlich zum Bilanzausschuss zu gründen, sei daher nicht erforderlich, so Müller.

In der Börsenzeitung vom 7.8.2002 wird von einer möglichen Unvereinbarkeit der Vorgabe von US-Börsen, wonach die Mehrheit des Boards mit unabhängigen Mitgliedern besetzt sein soll, mit dem deutschen Mitbestimmungsgesetz gesprochen. Hier ist festzustellen, dass zwei oder drei der von den Arbeitnehmervertretern und -vertreterinnen gewählten Aufsichtsratsmitglieder Unternehmensexterne sind. Hexel: "Wenn die Vertreter der Anteilseigner das Kriterium der Unabhängigkeit erfüllen, ist die Einhaltung einer solchen Vorgabe problemlos möglich".

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin Telefon: 030/24060-0 Telefax: 030/24060-324

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