DFG richtet zwölf neue Graduiertenkollegs ein / Erstmals Kooperation von Universität und Fachhochschule in der Doktorandenausbildung
(Bonn) - Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Einrichtung von zwölf neuen Graduiertenkollegs beschlossen. Der zuständige Bewilligungsausschuss der DFG wählte sie in seiner Sitzung am 9. April aus 33 Neuanträgen aus. Unter den neuen Kollegs befinden sich auch drei internationale, in denen deutsche Nachwuchswissenschaftler mit Kolleginnen und Kollegen aus den Niederlanden, der Schweiz und Frankreich zusammenarbeiten. Erstmals wird auch ein Kolleg gefördert, bei dem eine Universität und eine Fachhochschule gemeinsam Doktoranden ausbilden. Zur Zeit fördert die DFG insgesamt 282 Graduiertenkollegs, darunter 25 internationale.
Das Graduiertenkolleg "Naturwissenschaftlicher Unterricht" an der Universität Essen befasst sich mit der Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte im Schulunterricht. Drei Untersuchungsebenen stehen dabei im Mittelpunkt: Die instruktionspsychologische Ebene beschäftigt sich beispielsweise mit Lernmechanismen von Schülerinnen und Schülern; auf der Ebene des Unterrichts werden fachdidaktische Aspekte der Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte untersucht; die Ebene der Bildungsforschung umfasst unter anderem Fragen der Schulorganisation. Ziel des Studienprogramms ist es, die Praxis des naturwissenschaftlichen Unterrichts mittel- und langfristig zu verbessern.
Die Ausgrenzung bestimmter Menschengruppen steht im Mittelpunkt des neuen Graduiertenkollegs "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit: Ursachen, Phänomenologie und Konsequenzen". Doktorandinnen und Doktoranden der Universitäten Marburg und Bielefeld werden sich mit den Ursachen und Erscheinungsformen feindlichen Verhaltens gegen so genannte "fremde" Gruppen beschäftigen, darunter religiöse Gruppierungen und Migranten, aber auch homosexuelle und obdachlose Menschen. Die Basis dieser Untersuchungen bildet ein seit 2002 laufendes und von der Volkswagen-Stiftung gefördertes Forschungsprojekt, in dem regelmäßige Umfragen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit durchgeführt werden. Im Graduiertenkolleg soll dieser quantitative Schwerpunkt theoretisch und anwendungsbezogen erweitert werden und damit ein breites Spektrum an Perspektiven auf dieses Thema eröffnen.
Das internationale Graduiertenkolleg "Quantum Fields and Strongly Interacting Matter: From Vacuum to Extreme Density and Temperature Conditions" ist an den Standorten Bielefeld und Paris angesiedelt und beschäftigt sich mit Fragen der theoretischen Hochenergiephysik. In dem geplanten Forschungs- und Studienprogramm werden Quantenfeldtheorien sowie das Verhalten von Materie unter extremen Bedingungen wie hohen Temperaturen und Dichten untersucht. Die Kollegiaten beschäftigen sich darüber hinaus mit der Untersuchung der Eigenschaften von heißer Materie, die etwa bei kosmologischen oder astrophysikalischen Prozessen, aber auch bei Schwerionen-Experimenten erzeugt wird.
Die neuen Graduiertenkollegs im Einzelnen:
- Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit: Ursachen, Phänomenologie, Konsequenzen, Universität Marburg, Universität Bielefeld
- Transnationale Medienereignisse von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, Universität Gießen
- Informationswirtschaft und Market Engineering, Universität Karlsruhe
- Naturwissenschaftlicher Unterricht, Universität Essen
- Gehirn und Verhalten, Universität Marburg, Universität Gießen
- Arithmetic and Geometry, Humboldt-Universität Berlin, ETH Zürich, Universität Zürich
- Vascular Medicine, Universität Heidelberg, Rijksuniversiteit Gronigen (NL)
- Quantum Fields and Strongly Interacting Matter: From Vacuum to Extreme Density and Temperature Conditions, Universität Bielefeld, Université de Paris Sud XI
- Bioethik - Theoretische Grundlagen, Neurowissenschaften, Genetische Information, Universität Tübingen
- Selbstorganisation durch koordinierte und nichtkonvalente Wechselwirkung, Universität Halle-Wittenberg
- Götterbilder - Gottesbilder - Weltbilder: Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike, Universität Göttingen
- Bildgebende Verfahren zur Expressionsanalytik: Vom Gen zum Protein, Universität Heidelberg, Fachhochschule Mannheim
Seit 1990 fördert die DFG in Graduiertenkollegs besonders qualifizierte Doktoranden in allen wissenschaftlichen Disziplinen. Jeweils 15 bis 25 Doktoranden arbeiten in einem meist interdisziplinären Forschungs- und Studienprogramm unter der Anleitung von Professorinnen und Professoren, die in Forschung und Lehre besonders ausgewiesen sind. Derzeit schließen rund zehn Prozent aller Doktoranden in Deutschland ihre Promotion in Graduiertenkollegs ab. Absolventen von Graduiertenkollegs sind in der Regel umfassender qualifiziert und durchschnittlich zwei Jahre jünger als andere Doktoranden. Der Anteil der ausländischen Promovenden ist an den Graduiertenkollegs mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.
Wie die Qualität der Betreuung in Graduiertenkollegs aus Sicht der Doktorandinnen und Doktoranden beurteilt wird, hat die DFG kürzlich im Rahmen einer Befragung ermittelt; die Ergebnisse wurden unter dem Titel "Qualität der Förderung in Graduiertenkollegs" veröffentlicht. Ziel der Umfrage war zu erfahren, wie die Doktoranden die Betreuung ihrer Promotion im Kolleg einschätzen und welche Unterstützung sie für ihre Qualifizierung und berufliche Weiterentwicklung erhalten. Neben einer insgesamt sehr positiven Bewertung durch die Promovenden ergab die Erhebung auch Anregungen für weitere Verbesserungen der Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in Graduiertenkollegs.
Quelle und Kontaktadresse:
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