Pressemitteilung | Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG)

DFG-Präsident: Politik muss gesetzliche Rahmenbedingungen klarstellen

(Bonn) - Die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland, Interdisziplinarität und Internationalität standen im Mittelpunkt des Berichts des DFG-Präsidenten bei der Jahresversammlung im Juli 2001. Das neu aufgelegte und im Januar angelaufene Programm "eigene Stelle" ermöglicht Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern bis fünf Jahre nach der Promotion ihre eigene Stelle zur Durchführung eines Forschungsprojekts zu beantragen. Sie können im Sinne früher Selbständigkeit die Qualifikation für ihre Karriere eigenverantwortlich verfolgen.

"Das, was den wissenschaftlichen Nachwuchs häufig ins Ausland zieht, - nämlich Forschungsmöglichkeiten unabhängig von den Fesseln institutioneller Hierarchien - kann also in Zukunft auch innerhalb Deutschlands stattfinden", betonte Winnacker. Auch hat die DFG hochqualifizierten Absolventen von Fachhochschulen die Promotionsmöglichkeiten in DFG-Graduiertenkollegs eingeräumt.

Im Rahmen des Emmy Noether-Programms der DFG, das mittlerweile im dritten Jahr läuft, werden derzeit rund 230 junge Wissenschaftler gefördert. Um die internationale Konkurrenzfähigkeit zu sichern und um die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Spitzenforschern zu fördern, hat die DFG ein neues Förderprogramm, die "DFG-Forschungszentren", aufgelegt. Aus über 80 Projekten wurden drei Forschungszentren an den Universitäten Bremen, Karlsruhe und Würzburg ausgewählt. Diese Zentren, deren Finanzierung in den ersten drei Jahren aus UMTS-Geldern erfolgt, sollen ein wichtiger Bestandteil der strategischen und thematischen Planung einer Hochschule sein.

Auch die Öffnung der DFG-Verfahren für alle im Inland lebenden ausländischen Wissenschaftler sei ein Schritt hin zur internationalen Öffnung der Wissenschaft. Die DFG habe mittlerweile mehr als zwanzig internationale Graduiertenkollegs aufgebaut, wobei Frankreich und die Niederlande in Westeuropa einen Schwerpunkt bilden, in Osteuropa sind dies Polen und Ungarn.

Zur Forschung mit embryonalen Stammzellen sagte der Präsident, dass Wissenschaftler in Deutschland auch ohne Empfehlung der DFG mit importierten embryonalen Stammzellen arbeiten können. Die DFG ziele jedoch darauf ab, diese Art von Forschung nicht allein in den privaten Sektor abzudrängen, sondern sie in der gebotenen Transparenz durchzuführen. Es sei doppelte Moral, wenn die Gesellschaft Forschungsrisiken stillschweigend ins Ausland verlege, um anschließend, wenn die Vorteile dieser Forschung erwiesen seien, ihre Ergebnisse in Deutschland zu legitimieren und gegebenenfalls sogar einzusetzen. Die DFG habe angesichts der grundlegenden Natur dieser Fragen die Förderentscheidung zu diesem Thema verschoben. Allerdings erwarte sie jetzt von der Politik, die gesetzlichen Rahmenbedingungen klarzustellen. Da Wissenschaftler anderer Länder in diesem Bereich der deutschen Forschung weit voraus seien, wären deutsche Wissenschaftler gut beraten, auf bereits im Ausland hergestellte Zellen zuzugreifen. Auch in der Maus würden heutzutage über 90 Prozent aller Versuche mit nur höchstens fünf Zell-Linien durchgeführt.

Bundeskanzler Schröder: Deutschland darf im internationalen Wettbewerb nicht zurückfallen

Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder, bezeichnete in seiner Ansprache die DFG als unverzichtbaren Anstoßgeber im Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. So sei die DFG ihrer besonderen Verantwortung nachgekommen, indem sie ihre umfassende Stellungnahme zur Forschung mit menschlichen Stammzellen vorgelegt habe. Nach der Konstituierung des Nationalen Ethikrates sei es vernünftig, so der Bundeskanzler, dass der Hauptausschuss der DFG die Entscheidung über den Förderantrag von Prof. Oliver Brüstle bis spätestens zum Ende des Jahres zurückgestellt habe. Dann, so Schröder, müsse aber definitiv entschieden werden. Das Embryonenschutzgesetz nannte der Bundeskanzler eine bewährte Regelung, die nicht geändert werden solle.

Zum Thema des wissenschaftlichen Nachwuchses unterstrich der Bundeskanzler, dass Deutschland mehr hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventinnen und -absolventen brauche. Vor dem Hintergrund, dass der internationale Wettbewerb um Studierende, Doktoranden und Wissenschaftler längst entbrannt sei, betonte Schröder, dass Deutschland in diesem Wettbewerb nicht zurückfallen dürfe. Deutschland müsse weit internationaler werden, als es bisher sei. Dazu sei ihre transparente Zuwanderungspolitik und gelingende Integration vonnöten.

Schavan: Gemeinsame Verantwortung für die Zukunft von Wissenschaft und Forschung

Die Präsidentin der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und Ministerin für Kultur, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, Frau Dr. Annette Schavan, hob in ihrem Grußwort hervor, dass Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung Investitionen in die Zukunft und nicht in erster Linie nach Rentabilitätskriterien zu investierende Konsumausgaben seien. Was immer derzeit zur Sicherung von Qualität, Leistung und nachhaltiger Zukunftsfähigkeit des Bildungswesens in Deutschland getan werde, geschehe im Kontext einer internationalen Bildungs- und Wissenschaftsgesellschaft. Mit Blick auf die Diskussion der letzten Monate zur Biomedizin betonte Frau Schavan die gemeinsame Verantwortung für die ethischen Grundlagen von Wissenschaft und Forschung, wie sie in unserer Verfassung vorgegeben seien. "Zum Proprium des Politischen gehört nach meinem persönlichen Verständnis eine sehr sorgfältige Prüfung von Erwartungen aus Wissenschaft und Wirtschaft in ihrer Beziehung zu jener Verantwortung, die unsere Verfassung im Blick auf die unantastbare Würde des Menschen verlangt," so die Ministerin wörtlich.
Böger: Wissenschaft und Forschung wichtigstes Zukunftskapital Berlins

Der Bürgermeister von Berlin und Schulsenator, Klaus Böger, bezeichnete die DFG als Brückenbauer zwischen den Kulturen. Berlin habe in den vergangenen Jahren in beachtlicher Weise von der Förderung durch die DFG profitiert und sei damit zu einem der profiliertesten deutschen Forschungsstandorte geworden. Wissenschaft und Forschung bezeichnete er als das wichtigste Zukunftskapital Berlins.

Mlynek: Wettbewerb um Exzellenz und Leistungseliten

Der Präsident der gastgebenden Humboldt-Universität zu Berlin, Professor Dr. Jürgen Mlynek, unterstrich in seinem Grußwort, dass das Erfolgsrezept amerikanischer Spitzenuniversitäten auch in Deutschland eingesetzt werden könne. Das bedeute: Wettbewerb um Exzellenz und Leistungseliten.

Die Humboldt-Universität werde im Vorgriff auf die Dienstrechtsreform als erste deutsche Hochschule noch im Juli dreißig Juniorprofessuren ausschreiben. Das heißt: sie wolle aktive und weltweit die besten Nachwuchskräfte rekrutieren. Ein Beispiel für die Fähigkeit zur Reform von deutschen Universitäten, so Mlynek.

Den Festvortrag hielt Prof. Dr. med. Hans-Jochen Heinze, Klinik für Neurologie II an der Otto-Guericke-Universität Magdeburg, zum Thema: Kognitive Neurobiologie: "Der Mythos vom Bewusstsein".

Quelle und Kontaktadresse:
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