Deutschlands Schiffbau und Meerestechnik blieben im Jahr 2000 auf Kurs
(Hamburg) - Die Schiffbauindustrie ist - wie gerade in diesen Tagen wieder deutlich wurde - in hohem Maß von politischen Entscheidungen abhängig. Trotz weiterhin schwieriger Wettbewerbsverhältnisse gelang es den deutschen Werften im Jahr 2000, ihre Marktstellung zu behaupten. Sie erzielten Umsätze von 8 Mrd. DM, 57 % davon im Export. Die Umsätze enthalten nicht nur die Neubauten von Handels- und Marineschiffen, Binnenschiffen und Booten, sondern auch andere Werftaktivitäten, insbesondere Reparaturen und Umbauten, die mehr als 1 Mrd. DM zu den Gesamtumsätzen der Werften beitragen. Die Zahl der Beschäftigten der Werften konnte mit rd. 25.600 auf Vorjahresniveau gehalten werden.
Im Handelsschiffsneubau wurden 63 Schiffe mit 1 Mio. GT / 1 Mio. CGT im Wert von rd. 4,6 Mrd. DM abgeliefert. Damit wurde das Vorjahresergebnis deutlich übertroffen. Diese Zahlen spiegeln jedoch noch nicht das tatsächliche Produktions- und Beschäftigungsniveau wider. Mehrere größere Neubauten, die zu Beginn des Jahres 2001 abgeliefert wurden, waren bereits im Vorjahr weitgehend abgearbeitet worden. Unter Berücksichtigung dieses Effektes, der in diesem Jahr besonders stark war, kann für das Jahr 2000 ein Neubauvolumen von über 6 Mrd. DM als "produziert" angesehen werden. Wichtigste Marktsegmente waren erneut die Containerschiffe sowie die Fähr- und Passagierschiffe.
Dank der von Bund und Ländern bis Ende des Jahres 2000 als Abwehr gegen die Marktverzerrungen bereitgestellten Wettbewerbshilfen war es den deutschen Werften möglich, am weltweiten Bestellboom des vergangenen Jahres zu partizipieren. Mit Bestellungen von 158 Schiffen mit 2,4 Mio. GT / 2,2 Mio. CGT wurde ein Auftragsvolumen von fast 11 Mrd. DM hereingenommen. Erfreulich waren dabei nicht nur die auf 6,4 Mrd. DM angestiegenen Exportaufträge, sondern auch die deutliche Belebung der Inlandsbestellungen auf 4,5 Mrd. DM. Positiv war vor allem die Zunahme der Containerschiffsaufträge, auf die rd. zwei Drittel der Aufträge (CGT) entfielen. Fähr- und Passagierschiffe machten rd. 15 % und Ro-Ro-Schiffe 9 % aus.
Unter Berücksichtigung der erwähnten außergewöhnlich hohen Anarbeitung umfasst der Auftragsbestand der deutschen Werften zum Jahresende 2000 ein Volumen von rd. 20 Mrd. DM. Allerdings sind zurzeit noch nicht alle Aufträge vollständig abgesichert, insbesondere wegen fehlender Wettbewerbshilfen. Der erfreuliche Auftragseingang und Auftragsbestand ist im Zusammenhang mit den politischen Festlegungen der EU zu sehen, wonach für nach dem 31.12.2000 erteilte Aufträge keine Beihilfen mehr gewährt werden dürfen. Die bis dahin erteilten und geförderten Aufträge müssen bis zum 31.12.2003 abgeliefert werden. Insofern haben Bund und Länder mit der Dotierung des Wettbewerbshilfenprogramms im vergangenen Jahr dazu beigetragen, dass die deutschen Werften ein Dreijahres-Programm weitgehend absichern konnten.
In besserer Verfassung zeigte sich im vergangenen Jahr auch der Binnenschiffbau. Bei Ablieferungen von 47 Schiffen im Wert von 65 Mio. DM konnten Neubauaufträge über 77 Schiffe für 177 Mio. DM akquiriert werden. Damit verfügen die Binnenschiffswerften nach vielen Jahren äußerst geringer Neubaubestellungen wieder über einen deutlich gestiegenen Auftragsbestand. Dieser umfasste in großem Umfang Personenschiffe, darunter auch große Binnenkreuzfahrer. Die Nachfrage nach Fracht tragenden Schiffen blieb weiterhin recht schwach. Aufträge für die Öffentliche Hand und für Fahrgastschiffe und Fähren bleiben damit die Grundlage der Beschäftigung. Schiffsumbauten, Reparaturen und andere Fertigungen trugen ca. 100 Mio. DM zu den Umsätzen der Binnenschiffswerften bei.
Die im Marineschiffbau tätigen Werften haben ihre Marktposition im vergangenen Jahr gefestigt. Das Produktionsprogramm im Marineschiffbau wird in erster Linie von den strategischen Aufgaben des Hauptkunden, der Deutschen Marine, bestimmt.
Diese benötigt Fregatten, Korvetten, Patrouillen- und Minenabwehrboote, Trossschiffe, amphibische Fahrzeuge und U-Boote. Im Überwasserbereich stand weiterhin das F-124-Beschaffungsprogramm sowie der Bau der Einsatzgruppenversorger der Klasse 702 für die Deutsche Marine im Mittelpunkt. Für die geplante Beschaffung der neu entwickelten Korvetten wird noch im Jahr 2001 mit der ersten Auftragsvergabe gerechnet. Für die Minenabwehr steht als Nachfolgesystem das Projekt MJ 2000 vor der Entwicklung. Im Mittelpunkt des U-Bootbaus steht die Fertigung des Typs 212A, der sich durch ein Außenluft unabhängiges Antriebssystem auszeichnet, das die Unterwasserausdauer wesentlich erhöht.
Auch im Export von Marineschiffen waren die Werften im Jahr 2000 erfolgreich. Sowohl bei U-Booten als auch bei Korvetten und Minenjagdbooten konnten bedeutende Aufträge hereingenommen werden. Diese Aufträge sind umso bemerkenswerter, weil die deutschen Unternehmen einer starken Konkurrenz insbesondere aus dem benachbarten europäischen Ausland ausgesetzt sind. Diese steht großenteils in staatlichem Eigentum und wird von ihren Regierungen bei ihren Akquisitionen politisch und wirtschaftlich massiv unterstützt. Diese unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen sind nicht akzeptabel. Insbesondere im Hinblick auf die anstehende nationale und internationale Konsolidierung der Branche muss die Bundesregierung stärker als bisher auf die Wahrung der Interessen deutscher Unternehmen Einfluss nehmen.
Aufgrund ihres hohen Exportanteils von über 60 % konnte die deutsche Schiffbauzulieferindustrie in starkem Maße von der weltweit boomenden Neubaunachfrage profitieren und ihre führende Weltmarktposition im Export sichern. Dabei wirkte sich neben der technologischen Stärke auch die enge Bindung an die deutschen Reeder positiv aus, die bei ihren umfangreichen Neubaubestellungen bei Werften in Korea, Polen und China weitgehend deutsches Equipment bevorzugen.
Aber auch der engen Verbindung von deutschen Zulieferunternehmen und Werften kommt beim Ausbau der technologischen Marktführerschaft weiterhin große Bedeutung zu. Durch Verstärkung der Kooperationen, die auch mit dem "Maritimen Partner-Ring" Gegenstand der Verbandsarbeit im VSM sind, wird angestrebt, die Produktionsprozesse zu optimieren und durch FuE-Aktivitäten Neuheiten und Verbesserungen für das System "Schiff" zu entwickeln.
Permanente Innovationen kennzeichnen auch die Meerestechnik. Die meerestechnischen deutschen Aktivitäten richten sich auf eine breite Palette recht unterschiedlicher Geschäftsfelder. Sie umfassen neben der vom Umfang her dominierenden Offshore-Technik vor allem den Meeresumweltschutz, die Meeresforschungstechnik, die Unterwassertechnik und die Polar- und Eistechnik.
Beispielhaft für die Aktivitäten im Jahr 2000 seien genannt:
- der Bau einer Offshore-Bohrplattform
- neue Konzepte zur Ölunfallbekämpfung und zum Abtransport und zur Entsorgung ausgedienter Offshore-Plattformen
- Forschungen über die Nutzbarkeit arktischer Seewege
- Entwicklung hochwertiger Mess- und Analysetechniken für die Meeresforschung und -überwachung
- Entwicklung autonomer Unterwasserfahrzeuge für Tauchtiefen bis 4.000 m.
Wirksame Unterstützung erhalten die in Schiffbau und Meerestechnik tätigen Unternehmen und Forschungsinstitutionen dabei durch das BMBF-Forschungsprogramm 2000-2004 "Schifffahrt und Meerestechnik für das 21. Jahrhundert", das Anfang des Jahres 2000 verabschiedet wurde.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM)
An der Alster 1
20099 Hamburg
Telefon: 040/2801520
Telefax: 040/28015230