Deutschland 2023 - Große Herausforderungen, keine Strategie
(Duisburg) - Die Unternehmerinnen und Unternehmer an Rhein und Ruhr sind mit der Politik der Bundesregierung unzufrieden und fordern eine Standortoffensive 2030. "Deutschland hat massive strukturelle Probleme, die die Politik jetzt dringend angehen muss", sagte der Vorstandsvorsitzende der Unternehmerverbandsgruppe, Dr. Marcus Korthäuer, beim Unternehmertag am Mittwoch in Duisburg. "Wachstumschancengesetz, Zukunftsfinanzierungsgesetz oder Bürokratieentlastungsgesetz: Schillernde Bezeichnungen, aber sind sie der große Wurf, den wir brauchen? Wo ist der rote Faden, wo das Gesamtkonzept?" Das vom Kabinett in Meseberg nun doch beschlossene Wachstumschancengesetz sei ein erster Schritt, aber letztlich lediglich eine Sammlung von überschaubaren Einzelmaßnahmen, die nicht ausreichten, um Deutschlands strukturelle Probleme zu lösen.
In seiner Rede bestätigte der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Achim Truger diese Sichtweise: "Die Signale aus Meseberg zur Stärkung der Wirtschaft sind wichtig und gehen in die richtige Richtung. Leider fehlt eine Einigung beim Industriestrompreis. Und das Wachstumschancengesetz ist auch nach der kleinen Aufstockung immer noch viel zu gering dimensioniert. Es geht um strategische Weichenstellungen - da würde ein richtiger Wumms wirklich Sinn machen."
Korthäuer warf der Koalition vor, an der Realität vorbeizuregieren: "Die aktuelle Regierung hat für Deutschland hehre Ziele formuliert, die klimaneutrale Transformation der Industrie steht weit oben auf der Agenda. Das ist auch gut so. Aber: Die multiplen Krisen der vergangenen Jahre und ihre mittel- und langfristigen Konsequenzen für die Wirtschaft bleiben bei der Ausführung von politischen Beschlüssen außen vor." Insbesondere kritisierte er die Energiepolitik. Der günstige Übergangsenergieträger Gas sei durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine quasi aus dem Spiel genommen worden. Parallel sei der Preis für Strom explodiert. Trotzdem würde auf etablierte Energieträger verzichtet und parallel die weitere Elektrifizierung, etwa bei der Heizenergie, vorangetrieben.
Korthäuer: "Da fehlt mir der Bezug zur Realität: Früher waren wir Exportweltmeister. Heute sind wir Weltmeister im Aussteigen, haben aber keinen Plan, wie wir den Übergang so gestalten, dass für die deutsche Wirtschaft - und damit auch die deutsche Gesellschaft - keine existenziellen Nachteile entstehen. Uns fehlt komplett die Flexibilität, um auf sich immer schneller verändernde globale Rahmenbedingungen zu reagieren. Stattdessen sägen wir aktiv an dem Ast, auf dem wir sitzen."
Vor diesem Hintergrund unterstützte Korthäuer die Forderung nach einem Brückenstrompreis. "Wir haben es mit einem politisch gewollten Strukturwandel zu tun, der den deutschen industriellen Mittelstand im Kontext globaler Krisen direkt bedroht. Uns geht es nicht um Mitnahmeeffekte oder falsche Anreize. Uns geht es darum, unsere Zukunft hier am Standort Deutschland in einzigartig verbundenen Wertschöpfungsketten sicher und verlässlich planen zu können, bis eine transformierte und massiv ausgebaute Energieinfrastruktur dauerhaft wettbewerbsfähige Energiepreise ermöglicht. Der deutsche Mittelstand wird immer wieder als Rückgrat des Wirtschaftsstandorts bezeichnet. Zur Wahrheit gehört auch: Wir können nicht weg. Wir sind mit unseren Standorten und Mitarbeitenden verwoben und auf die Rahmenbedingungen vor Ort angewiesen. Das wird leider gerne ignoriert."
Quelle und Kontaktadresse:
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