Deutscher Richterbund begrüßt Pläne für Europäische Staatsanwaltschaft / Besonderes Statut muss Weisungsunabhängigkeit der Behörde sicherstellen
(Berlin) - Das Präsidium des Deutschen Richterbundes (DRB) hat sich in einer Stellungnahme gegenüber der Europäischen Kommission aufgeschlossen für den Aufbau einer Europäischen Staatsanwaltschaft gezeigt. Die Brüsseler Kommission treibt ihre Pläne für eine EU-Strafverfolgungsbehörde derzeit in einem Konsultationsverfahren voran und will bis 2014 einen Gesetzentwurf vorlegen.
Die Europäische Staatsanwaltschaft soll für die strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie die Anklageerhebung in Bezug auf Personen zuständig sein, denen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU vorgeworfen werden. Vor den Gerichten der Mitgliedstaaten soll sie die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahrnehmen.
Der Deutsche Richterbund hält den Ansatz für richtig, für Straftaten zum Nachteil der EU eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten. Allerdings wird nur eine dem Legalitätsprinzip verpflichtete, weisungsunabhängige, mit Ermittlungs- und Anklagekompetenzen in allen Unionsstaaten ausgestatte Staatsanwaltschaft in der Lage sein, unabhängig von politischen und administrativen Vorgaben der einzelnen Mitgliedstaaten eine gleichmäßige Strafverfolgung sicherzustellen. Daher muss gewährleistet werden, dass nicht nur der Europäische Staatsanwalt als Leiter der Behörde weisungsfrei arbeiten kann, sondern auch die mit ihm zusammenarbeitenden, abgeordneten nationalen Staatsanwälte. Für diese muss ein besonderes Statut entwickelt werden, welches ihre Unabhängigkeit von ihren nationalen Behörden sichert.
Eine solche autonome, an Straftatbeständen und nicht an wirtschaftspolitischen Vorgaben orientierte Strafverfolgung ist erforderlich und geeignet, mit einer gleichmäßig und nachhaltigen Anwendung von Strafnormen im Bereich der Wirtschafts- und Verwaltungskriminalität das Vertrauen der Unionsbürger in den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten.
Der DRB-Vorsitzende und Oberstaatsanwalt Christoph Frank: "Der in Europa angestoßene Prozess der Errichtung einer unabhängigen Europäischen Staatsanwaltschaft sollte nun auch für den deutschen Gesetzgeber Anlass sein, zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz das Weisungsrecht der Justizminister im Einzelfall gegenüber den Staatsanwaltschaften abzuschaffen. Der DRB hat hierzu bereits 2004 einen Gesetzesvorschlag vorgelegt."
Der DRB hat in seiner Stellungnahme gegenüber der Kommission auch deutlich gemacht, dass das für eine Europäische Staatsanwaltschaft geltende Verfahrensrecht die Grund- und Verfahrensrechte von Beschuldigten, Angeklagten und Betroffenen nach den für die gegenseitige Anerkennung von Ermittlungsmaßnahmen entwickelten Standards gewährleisten muss. Der Anspruch auf ein faires Verfahren und die Verteidigungsrechte dürfen nicht verkürzt werden. Wesentlich wird daher sein, schon das Ermittlungsverfahren möglichst frühzeitig an den prozessualen Anforderungen in dem Mitgliedstaat auszurichten, in dem eine Hauptverhandlung stattfinden wird.
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